Lea - Untermieterin bei einem Vampir
Mit einem Mal kam mir sogar mein Donut sinnlich köstlich vor. Das versprach, ein spannender Tag zu werden. Ich sah Colin heute ohne seine Kostümierung zu einem Blues Brother. Er trug sportliche Cargo Shorts und ein weißes T-Shirt über netten Muskeln. Die gebräunten Arme, die unbekleidet hervorragten, waren erfreulich trainiert. Colin war definitiv gut in Form. Aber es war nicht diese Wandlung in seiner Bekleidung, die mich wirklich interessierte. Ich war gespannt darauf, ihn nachher beim Beach-Volleyball zu sehen. Dennoch war auch sein aktueller Look nicht schlecht, und ich stellte positiv fest, dass man sich mit ihm sehen lassen konnte und sein Alltagsgeschmack sich mit mir vereinbaren ließ. Er war unbestreitbar etwas fürs Auge, wenn er auch nicht so ein offensichtlicher Blickfang wie Wolf war. Doch auf den zweiten Blick räumte Colin ziemlich ab. Eigentlich war es ideal. Ich könnte mich an ihm erfreuen, ohne zu befürchten, dass er so offensichtlich wie Wolf auch jeder anderen ins Auge fiel. Natürlich war das keine Garantie dafür, dass ich keine Konkurrenz hatte. So dumm, das zu glauben, war ich nicht. Aber manch eine Frau würde ihn voreilig aussortieren, wie ich es selbst beinahe getan hätte. Ich gratulierte mir insgeheim dazu, dass ich noch andere Dates ausgemacht und mich nicht allein auf Wolf fixiert hatte.
Colin streckte resolut seine Hand nach einem saftigen Blaubeermuffin aus und hielt ihn sich dann vor die Nase, als spräche er mit einer Fingerpuppe.
„ Hey Mister Muffin, Sie sind festgenommen. Sie haben keine Rechte. Wir haben Sie unbeaufsichtigt gefunden und werden nun die Zerstörung durch Verzehr vornehmen. Bitte wegtreten.“
Er grinste mich an und biss genüsslich in das Törtchen. Ich kicherte und leckte mir etwas Schokoglasur von der Lippe. Colin versteinerte beinahe, als er mich dabei beobachtete. Ich zog fragend die Brauen hoch und grinste dann.
„Wir haben das mit der Uniform noch nicht geklärt“, meinte er mit etwas heiserer Stimme.
Ich schenkte ihm einen vielsagenden Blick. „Ich glaube, wir kennen uns noch nicht gut genug, um das mit der Uniform abschließend zu klären.“
Er sah mich mit weiten Augen an, als er begriff, in welche Gefilde unser Gespräch sonst vordringen würde. Er ließ langsam und geräuschvoll die Luft aus seinen Lungen entweichen.
„ Heiliger Bimbam“, murmelte er.
Ich lächelte. Ich wusste nicht, wie unglaublich lang es her war, dass ich jemanden diesen Ausdruck hatte verwenden hören. Colin war offensichtlich Gentleman und fluchte nicht vor Frauen. Heiliger Bimbam hieß bei ihm vermutlich so viel wie Himmel, Arsch und Zwirn.
Ich trank genüsslich einen Schluck Kaffee und Colin blickte mich an, als hätte ich ihn einer weitreichenden Folter unterzogen.
Etwas gequält meinte er: „Wie soll ich mich von dieser Offenbarung denn erholen?“
„ Keine Ahnung“, meinte ich erbarmungslos schulterzuckend. Ich warf einen gespielt gleichgültigen Blick auf die Uhr und fragte: „Ist es nicht ein wenig früh für Kopfkino?“
„ Hab Erbarmen, ich bin nur ein gewöhnlicher Polizist“, bat er mich. Etwas leiser, den Blick auf die Tischplatte gewandt, fügte er hinzu: „Ich hatte noch nie so ein aufregendes Date mit einer so wunderschönen Frau wie dir, Lea.“
Aufregendes Date? Ich war verwundert. Wir saßen in einem Donutshop! Colin fuhr fort: „Ich habe nicht so viel Erfahrung mit Frauen. Als ich dich mit Wolf gesehen habe wie ihr da getanzt und euch geküsst habt, da habe ich mich ziemlich elend gefühlt. Ich hatte dich gerade erst getroffen und dachte, ich hätte schon verloren. Ich war mir nicht sicher, ob du heute wirklich hier sein würdest. Ich weiß, wir kennen uns nicht und ich kann nichts verlangen, aber bitte“, er sah auf und blickte mich eindringlich an. „Lea, spiele nicht mit mir. Wenn du kein Interesse hast, wenn ich für dich überhaupt nicht infrage komme, wenn du schon jemand anderen hast, wenn das hier zu nichts führen kann, dann sage es mir gleich. Wir haben unsere Kostüme zwar ausgezogen, aber für mich ist das immer noch wie ein Märchen. Übrigens, ich mag dein blondes Haar.“
Er lächelte verlegen und schaute unsicher auf seinen Muffin, als fände er darin Halt oder Worte. Nun verstand ich, weshalb er nicht Wolfs dominante Männlichkeit ausstrahlte, weshalb er beim Tanzen behutsamer gewesen war. Ich hätte nie gedacht, dass Colin kaum Erfahrung mit Frauen hatte. Man musste kein Womanizer sein, um Dates zu haben.
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