Lea - Untermieterin bei einem Vampir
zweimal sagen. Ich warf meine Tasche in den Sand, zog mein Strandkleid über die Schultern und machte mich daran, meine Füße aus den Riemchensandaletten zu befreien.
„Hey Colin, kipp mir nicht um“, hörte ich Miles sagen und blickte mich über meine Schulter zu ihnen um. Colin starrte mich sprachlos an. Ich grinste. Wenn das kein nettes Kompliment war, wusste ich auch nicht.
„ Nicht bloß gucken“, meinte Sarah munter. „Wir wollen auch was sehen.“
Ronny und Colin sahen sich achselzuckend an und zogen ihre Sachen aus. Nett, nett, nett. Das lud unsere Blicke wirklich zum Verweilen ein. Sarah und ich nickten uns lächelnd zu. Ich warf meine Schuhe neben das Handtuch und grub meine nackten Zehen in den Sand. Es gab einfach kaum etwas Wundervolleres, als die Füße in warmen Sand zu bohren.
Wir legten uns seufzend vor fauler Zufriedenheit auf ihr kontinentalplattengroßes Handtuch und rieben uns mit Sonnencreme ein. Dabei sahen wir zu, wie die vier unterschiedlich muskulösen aber rundweg gebräunten Strandvolleyballer sich warm spielten. Ich stellte fest, dass Miles der Kräftigste war. Es lag vielleicht daran, dass er auch gern Gewichte stemmte. Doch Colin konnte recht gut mithalten. Das musste sein Polizeitraining sein. Außerdem war seine Statur ein wenig die eines Schwimmers, wenn mich nicht alles täuschte. Ronny und sein Bruder schienen eher drahtige Typen zu sein. Zusammen mit dem roten Schimmer in den Haaren und den Sommersprossen im Gesicht fand ich jedoch, dass es gut zu ihnen passte. Sarah mochte sicher, dass Ronny recht hochgeschossen war, da sie selbst auch einen halben Kopf größer war als ich. Mich wiederum störte es nicht, dass Colin sogar kleiner war als Ronnys jüngerer Bruder. Er ragte knapp über Sarahs Größe, was mir völlig genügte. Dafür stand ich ziemlich auf Muskeln. Die Jungs hatten das gut verteilt.
„ Und, wie war euer Date?“, fragte mich Sarah neugierig.
„ Wirklich nett. Wir haben Donuts im Krispy Kreme genascht. Colin hat mich eingeladen.“
„ Oh das ist charmant. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass er ein ziemlich anständiger Kerl ist.“
„ Glaube ich auch“, stimmte ich zu.
„ Sag mal, was war das gestern Abend mit dir und Wolf?“, wollte sie nun wissen. „Es sah ganz so aus, als atmetet ihr dieselbe Luft.“ Ja, das war eine nette Umschreibung für Küssen.
„ Ach es war…“, ich zuckte die Schultern. „Schwierig.“ Ich runzelte die Stirn.
„ Ich dachte, du wärst mit Tom draußen. Eben tanze ich ihn dir noch zu, und plötzlich sehe ich dich mit Wolf hinter seinem Mischpult rummachen. Was genau ist denn bitte in den zehn Minuten dazwischen passiert? Erst haust du mit Tom nach draußen ab, dann kommt er lächelnd zurück und hamstert Nahrung auf einem Teller zusammen, verschwindet wieder raus und als ich ihn das nächste Mal zurückkommen sah, wirkte er, als hätte man ihn überfahren. Wie kann er so schnell von schwerelos zu niedergedrückt wechseln? Ich verstehe das nicht. Und ich habe das dumpfe Gefühl, als wärst leider du die Person, die den Schlüssel zu diesem Rätsel birgt.“
„ Ach Mensch Sarah, es ist so verteufelt kompliziert mit Tom. Es war… ach… irgendwie…“ Ich brach ab.
Ich glaubte, wieder rot zu werden. Schlagartig fühlte ich mich selbst sehr betrübt. Die Wellen des Meeres rauschten durch meinen Kopf und stimmten mich mit einem Mal melancholisch. Wann war nur alles so aus den Fugen geraten?
Einstmals – vor zwei Tagen – da lebte die ignorante Lea glücklich und zufrieden in ihrer kleinen Welt, wo alles schwarz und weiß war und jedes Ding an seinem Platz stand. Aber dann hatte sie Zahlungsrückstände und traf nach einer Kaskade unvorhersehbarer Ereignisse schließlich auf einen schicksalhaften… Mistelzweig. War das mein Märchen? Und das Schneewittchen namens Lea verwarf den Apfel, glaubte allen Gefahren entgangen zu sein und hatte nicht geahnt, dass Schicksal sich nicht von Details aufhalten ließ. Äpfel oder Mistelzweige spielten im großen Gefüge keine Rolle. Unaufhaltsam schlitterte sie in eine verdarbte Welt aus Komplikationen. Ein Prinz würde kommen und sie retten. Aber wer war der Prinz? War es Colin? Oder Robert? Oder…
„ Was genau machst du bloß immer mit Tom?“, fragte mich Sarah.
Tom?
Ich blinzelte irritiert und seufzte. Die Luft schmeckte und duftete wunderbar salzig. Wenn ich nun ins Wasser ging, würde es niemand sehen können, falls ich frustriert weinte. Das Meer würde das
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