Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)
gelogen – und gewusst, dass die Informationen falsch waren. Das habe ich nicht. Und ja, ein Makel des Versagens wird immer an mir und meiner Präsentation vor dem UN -Sicherheitsrat haften bleiben. Doch am meisten ärgere ich mich über mich selbst, weil ich den Braten nicht gerochen habe. Mein Instinkt
hat
mich im Stich gelassen.
Hätten wir mehr als nur vier Tage gehabt, hätten wir die Schwächen vielleicht aufgedeckt. Vielleicht auch nicht. Die Nachrichtendienste berichteten mir, was sie als bekannt ansahen.
Aber mir war klar, dass ich meine Verärgerung, Bestürzung und Enttäuschung beiseite schieben musste. Mir war klar, dass ich mit dem Makel zu leben hatte.
Ich war immer noch ein viel beschäftigter Außenminister. Ich musste diese Bürde abschütteln, in meiner Arbeit fortfahren und aus der Erfahrung lernen. Ich lernte, an Geheimdienstanalytiker höhere Anforderungen zu stellen. Ich lernte, meine natürliche Skepsis gegenüber vermeintlich allwissenden Experten zu schärfen.
Ich habe nie zuvor über die Ereignisse rund um meine UN -Rede 2003 geschrieben. Und ich werde es wahrscheinlich auch nie wieder tun.
Es war beileibe nicht mein erster Fehler, wohl aber einer meiner folgenschwersten, der mit der größten Tragweite. Und doch war er in einer Hinsicht wie all die anderen. Ich bemühe mich, mit allen auf die gleiche Weise umzugehen, indem ich mich, so gut es geht, an folgende Leitlinien halte:
Versuche immer, schnell über einen Fehler hinwegzukommen. Lerne aus ihm. Denke darüber nach, wie du zu ihm beigetragen hast. Wenn du dafür verantwortlich bist, bekenne dich dazu. Selbst wenn andere mehr Schuld daran tragen als du, versuche nicht, dich durch ein Hintertürchen aus der Verantwortung zu stehlen. Sobald du analysiert hast, was schiefgelaufen ist und was du falsch gemacht hast, ziehe deine Lehren daraus, und dann mach weiter. Schaue wie immer bei der Fahrt durchs Leben durch die Windschutzscheibe und nicht in den Rückspiegel. Werde nicht einer von diesen Quälgeistern, die nicht aufhören können, über alte Beleidigungen, Vertrauensbrüche, Kränkungen und Katastrophen zu reden. Suhle dich nicht im Mitleid deiner Freunde. Ziehe deine Lehren daraus und mach weiter.
Ich bin froh, dass Saddam Hussein entmachtet wurde. Wäre er 2003 seiner Strafe entgangen und ohne UN -Sanktionen davongekommen, hätte er, davon bin ich überzeugt, wieder mit der Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen begonnen. Diese Gefahr ist gebannt. Ich bewundere den Einsatz unserer Soldaten und unserer Koalitionspartner, die die Schlachten geschlagen haben und nun wieder zu Hause sind. Meine Trauer und mein Mitgefühl als Soldat gelten jenen, die das höchste Opfer gebracht haben, und jenen, die verwundet und fürs Leben gezeichnet wurden. Und ihren Familien.
Während wir weitermachen, müssen wir darauf achten, dass die gezogenen Lehren niemals vergessen oder ignoriert werden.
Die Petersilieninsel
Führungskräfte müssen Probleme lösen. Wenn du Probleme nicht mehr löst, führst du nicht mehr. Und es ist zu hoffen, dass die Probleme, die du löst, dich selbst, deine Organisation oder deine eigenen Interessen betreffen. Das ist nicht immer der Fall. Manchmal tritt ein Problem wie aus heiterem Himmel auf. Es ist für dich ohne jedes Interesse, du hast nichts dabei zu gewinnen, du weißt nicht das Geringste darüber, und dennoch musst du es in Angriff nehmen.
Ein aus heiterem Himmel auftretendes Problem zu lösen kann noch komplizierter werden, wenn du zufällig für eine Regierung arbeitest, die in kniffligen Fällen lange Zeit der Ansprechpartner der Welt gewesen ist.
An einem ruhigen Donnerstagnachmittag im Juli 2002 rief mich die spanische Außenministerin Ana Palacio an, die erst seit wenigen Tagen im Amt war. Ich hatte ihr kaum meine Glückwünsche ausgesprochen, als sie auch schon auf den Grund ihres Anrufs zu sprechen kam. »Wir haben eine Krise im Mittelmeer«, sagte sie aufgeregt, »und Sie müssen etwas dagegen tun.«
Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, da ich aber nicht wie ein Idiot dastehen wollte, spielte ich auf Zeit. »Ich werde über die Lage gerade auf den neuesten Stand gebracht. Ich rufe Sie in ein paar Minuten zurück.«
Ich legte auf und brüllte die Mitarbeiter im Vorzimmer an: »Was ist das für eine Krise im Mittelmeer? Habe ich nicht gesagt, dass ich frühzeitig informiert werden will und mir Überraschungen verbitte? Ist da ein Krieg im Gang, von dem ich nichts
Weitere Kostenlose Bücher