Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)
Werk.«
Sie gingen schweigend weiter, bis Bettina abrupt stehen blieb.
»Alexander, ich habe Hunger!«
Thal musste über diese spontane Äußerung lachen, weil im gleichen Moment sein Magen knurrte. Bettina schlug vor, in ein Restaurant in der Nähe zu gehen, aber Thal hatte eine bessere Idee.
»Wir gehen zu mir. Irgendwas findet sich im Kühlschrank, und dort können wir in Ruhe einen Plan machen. Morgen ist der entscheidende Tag. Speer will morgen töten, und wir müssen es verhindern.
Bettina Berg kuschelte sich in die Kaschmirdecke. Es war nach Mitternacht, sie war müde. Trotzdem mochte sie nicht gehen. Auf dem Tisch standen Teller und Schüsseln mit einem Rest Pasta. Auf einem Brett lagen einige Scheiben Salami. Erstaunlich, welch köstliches Mahl Thal aus den wenigen Zutaten im Kühlschrank in ein paar Minuten gezaubert hatte. Brot mit Salami und Käse, Bruschetta, Spaghetti al olio. Dazu hatte er eine Flasche wunderbaren Rotweins aus Navarra geöffnet, von dem er selbst keinen Schluck anrührte. Ihre Gespräche kreisten ausschließlich um den morgigen Tag und den Fastnachtsumzug. Sie waren sich einig, dass Speer sein Opfer unter den Zuschauern suchen würde. Was konnten sie tun? Bettina äußerte ihren ersten, spontanen Gedanken:
»Können wir den Umzug nicht absagen?«
Thal lachte auf angesichts ihrer Naivität.
»Unmöglich. Wahrscheinlich könnte nicht mal eine Bombendrohung den Umzug stoppen.«
Für eine Warnung an alle Frauen vor einem Anschlag mit K.o.-Tropfen war es zu spät. Es blieb nur allerhöchste Wachsamkeit. Thal würde morgen mit Schober sprechen. Beim Umzug war ohnehin jeder verfügbare Polizist auf der Straße. Es würde darauf ankommen, sie auf die neue Lage einzustimmen.
Ihre Gespräche drehten sich bald im Kreis. Jetzt schwiegen sie schon ein paar Minuten.
Endlich erhob sich Bettina vom Sofa.
»Zeit zu gehen, Alex.«
Thal rief ein Taxi und begleitete sie bis vor die Haustür.
»Schlaf gut, Bettina. Morgen müssen wir hellwach sein.«
Kapitel sechs: Die Erlösung
Es war fast ein Uhr. Er fror trotz seines dicken Kostüms. War es ein Fehler gewesen, die Pension zu verlassen? Er wischte den Gedanken beiseite. Er durfte nicht riskieren, dass sie ihm vor dem entscheidenden Tag auf die Schliche kamen. Ab morgen Abend war es egal, denn dann war sein Werk in der Welt, und niemand konnte es übersehen.
Ein Taxi hielt vor der Haustür des Kommissars. Der Fahrer stieg aus und drückte einen Klingelknopf. Es dauerte ein paar Minuten, ehe sich die Tür öffnete. Sieh an, der Kommissar und seine Schlampe. Erst wollte er es nicht glauben, aber jetzt sah er es mit eigenen Augen. Da standen sie im matten Licht der Straßenlaterne. Sie sahen sich an. Nein, sie küssten sich nicht, das trauten sie sich nicht in der Öffentlichkeit. Aber in der Wohnung hatten sie sich bestimmt ihrer dreckigen Lust hingegeben. Was sollten sie sonst so lange dort oben gemacht haben mitten in der Nacht? Arbeiten? Er konnte sich gerade noch beherrschen, nicht loszulachen.
Du hast es also wahrhaftig getan, Herr Kommissar. Erst hast du die wunderbare Leah getötet, und jetzt verrätst du sie. Mit dieser Schlampe dort, die deine Tochter sein könnte. Damit kommst du nicht durch, Herr Kommissar.
Er trat einen Schritt weiter in den Hauseingang zurück, damit sie ihn nicht sahen. Die Polizistenhure stieg in das Taxi ein. Er kannte sie. Natürlich, er hatte sie schon gesehen. Auf ihrem Atelierfest.
Ja, winke ihr nur nach, Herr Kommissar. Bald musst du für immer von ihr Abschied nehmen. Du hast kläglich versagt! Deine einzige Aufgabe war es, die große Leah zu schützen. Hättest du es nur getan! Nicht nur für dich, für alle! Für die ganze Welt! Für mich. Der Schmerz kam wie ein Blitz und fuhr direkt in sein Herz. Mit Leah war sein Leben gestorben. Sie war die Einzige, die ihn verstanden hatte. Sie hatte an ihn geglaubt. Sie hatte gewusst, dass er der Welt etwas geben konnte. Sie hatte ihm geholfen. Sie half ihm noch immer auf wundersame Weise.
Dem Herrn Kommissar konnte niemand helfen. Er sollte nie wieder glücklich sein. Schon gar nicht mit dieser billigen Nutte, die sich erst an seinen Sohn geschmissen hatte. Er hatte auf dem Sommerfest gesehen, wie sie ihm auf die Pelle gerückt war. Aber der Sohn war klug, klüger als sein Vater. Jetzt machte sich die billige Schlampe an den Alten ran. Und der hatte nicht gelernt von seinem Sohn.
Wie hatte seine Mutter gesagt: Wer nicht hören will, muss
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