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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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der Wertung. Sind dazu noch Fragen?«
    Leander spielte im Kollegenkreis leidenschaftlich Skat, hatte
aber noch nie an einem Preisskat teilgenommen und jetzt das Gefühl, im Boxring
zu stehen und nicht in einer Kneipe zu einem gemütlichen Skatabend zu sitzen.
Er war an Tisch 17 platziert worden, zusammen mit zwei älteren Herren, von
denen einer einen erloschenen Zigarrenstummel im Mund hatte, den er unablässig
hin und her bewegte. Der andere trug eine weiße Kapitänsmütze, wie man sie
überall an der See in Souvenirläden kaufen kann.
    »Erwin«, sagte der Kapitän und griff nach dem Block. »Das ist
Tönnes.«
    Er deutete auf den Mann mit dem Stumpen, der seinerseits nach
dem Skatspiel griff, die Folie aufriss, das Deckblatt abnahm und heftig zu
mischen begann.
    »Henning«, sagte Leander und überlegte einen Moment, ob er
seinen wortkargen Skatbrüdern, die ihre Rollen ohne Absprache eingenommen
hatten, die Hand zur Begrüßung reichen sollte, aber angesichts der
versteinerten Gesichter verwarf er den Gedanken gleich wieder. Offenbar war das
heute der Tag der Stinkstiefel.
    »Sollte der Schriftführer nicht gewählt werden?«, erkundigte er
sich.
    Kapitän Erwin lugte über seine randlose Brille, als wollte er
fragen: Was bist du denn für einer?
    Stattdessen fragte er, ohne den Blick von Leander abzuwenden:
»Für wen stimmst du, Tönnes?«
    »Für dich, Erwin«, kam knapp und dunkel die Antwort.
    »Dann wäre das ja wohl geklärt«, brummte Kapitän Erwin und
senkte seine Augen wieder auf den Skatblock.
    Na, klasse, dachte Leander, zwei Serien mit einem knurrigen
Stumpen und einem mürrischen Kapitänsverschnitt.
    Der Stumpen fächerte die Karten verdeckt auf dem Tisch auf und
drehte eine um. Kapitän Erwin griff seinerseits zu und konterte den Karo-König
von Tönnes mit einer Pik-Neun. Erwartungsvoll schauten sie Leander an, der
begriff, dass er ebenfalls eine Karte aus dem Fächer ziehen und aufdecken
sollte. Er zog die Kreuz-Dame.
    »Du gibst zuerst«, erklärte Erwin und schrieb Leanders Namen
über die erste Spalte der Tabelle, gefolgt von seinem und dann von Tönnes’
Namen, den er allerdings mit Anton ausschrieb.
    Tönnes schob ihm die Karten hinüber, und Leander mischte, ließ
Tönnes in Hinterhand abheben und teilte aus. Leander nahm den Pik-und den
Karo-Buben auf, dazu Pik-Ass, -König und -Neun, Karo-Ass und -Dame, Herz-Ass
und -Sieben und Kreuz-Sieben. Entsprechend plante er ein Pik-Spiel und
spekulierte dabei etwas auf den Skat.
    »Achtzehn«, eröffnete Tönnes.
    »Jau«, antwortete Erwin.
    »Zwanzig.«
    »Weg!«
    »Zwo«, fuhr Leander fort.
    »Weg!«, entgegnete Tönnes.
    Leander hob den Skat auf: Karo-Acht und Herz-Neun. Mist! Er
drückte die Kreuz-Sieben und die Herz-Neun und meldete Pik an.
    Erwin spielte die Herz-Acht auf, Tönnes übernahm mit der Dame.
Leander überlegte einen Moment, aber da er das Risiko liebte und außerdem
gewinnen wollte, blieb er mit der Sieben darunter.
    Tönnes legte wortlos die Kreuz-Acht auf den Tisch, Leander
stach mit dem Pik-Ass und bekam von Erwin die Kreuz-Neun. Nun zog er das
Herz-Ass, bevor einer der beiden abwerfen konnte. Erwin bediente mit der Zehn,
und als Leander sich schon über seinen geschickten Coup freuen wollte, stach
Tönnes mit der Pik-Zehn. Leander begriff, dass er ausgesprochen dumm gespielt
hatte. Er hatte jetzt elf Augen, die anderen schon einunddreißig.
    Tönnes spielte den Karo-König auf. Leander übernahm jetzt
sicherheitshalber mit dem Ass und bekam von Erwin die Sieben. Nun zog er
Trumpf, das hätte er von Anfang an machen sollen, anstatt über die Dörfer zu
gehen. Die Kleinen fangen die Großen, also forderte er nur mit der Pik-Neun.
Erwin steuerte die Pik-Acht bei, und Tönnes übernahm mit der Dame. Damit war
Leanders zweiter Spielzug gescheitert und er saß nun in Mittelhand, was nicht
so schlimm gewesen wäre, wenn wenigsten ein hoher Trumpf dabei auf den Tisch
gekommen wäre.
    Tönnes spielte nun die Karo-Zehn auf, bekam von Leander die
Acht und von Erwin die Neun. Damit war Leanders Karo-Dame ebenfalls wertlos.
Nun spielte Tönnes seinerseits Trumpf auf: Pik-Sieben. Während Leander sich
noch wunderte und mit dem König übernahm, wurde ihm schlagartig klar, dass das
Spiel endgültig gelaufen war, denn Erwin warf die Kreuz-Dame ab. Leander konnte
es kaum fassen: Da saß der kalte Stumpen mit fünf Trümpfen gegen ihn!
    Nachdem er auf seine Karo-Dame von Erwin den Herz-König und von
Tönnes den Kreuz-König bekommen

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