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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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Innendeich, von dem aus sie einen guten Ausblick auf den Fähranleger hatten, von dem das Feuerwerk abgefeuert werden sollte.
    Pünktlich um 22.45 Uhr erklangen die ersten Töne klassischer Musik aus den Lautsprechern im Hafen. Einzelne Raketen explodierten im nachtschwarzen Himmel, und bald schon entfaltete sich eine Symphonie aus Musik und Lichteffekten am Wyker Firmament. Überall erschollen Ausrufe des Erstaunens, und je voluminöser die Feuerbilder wurden, desto andauernder wurden auch die begeisterten Stimmen. Musik und Licht waren perfekt aufeinander abgestimmt. Als nach fünfzehn Minuten der letzte Ton verklungen und das grandiose Finale der farbenprächtigen Explosionen erloschen war, machte sich Enttäuschung breit. Jetzt würde es wieder ein Jahr dauern, bis das nächste Hafenfest Gelegenheit zu einem solchen Spektakel bot.
    Die Menschenmassen teilten sich nun. Ein kleinerer Strom richtete sich zur Fußgängerzone, ein etwas größerer zurück zu den Bierständen im Innenhafen, und der Großteil der Menschen strömte den Einsatzfähren zu, die sie wieder zum Festland und auf die Nachbarinseln bringen sollten. Leander und Lena schlenderten hinunter zu den Bierbuden und trafen dort auf Dieter Bennings und Eiken, die fröhlich lachend an einem der Stehtische standen.
    »Da sind ja unsere Verschollenen«, begrüßte Eiken sie. »Ihr wart heute Nachmittag plötzlich verschwunden. Hätten wir nicht etwas Besseres zu tun gehabt, hätten wir uns Sorgen um euch gemacht.«
    »Da bin ich ja froh, dass ihr Besseres zu tun hattet«, antwortete Lena süffisant. »Allerdings: Darf ich fragen, was?«
    »Du darfst, liebe Lena, du darfst«, ging Dieter Bennings darauf ein, der deutlich angetrunken war. »Nur eine Antwort bekommst du nicht.«
    »Da du ja offenbar weißt, wo es hier etwas zu trinken gibt, darfst du uns gerne zwei Gläser Bier holen«, forderte Leander Dieter Bennings auf.
    Der grinste etwas schief und machte sich sogleich auf den Weg zur umlagerten Bierbude.

    Seit den letzten Schüssen war nun schon einige Zeit vergangen. Das Warten würde bald ein Ende haben. Günter Wiese spähte in die Dunkelheit, seine Sinne waren bis aufs Äußerste geschärft. Er durfte die Männer nicht verpassen, wenn sie wieder zu ihren Autos zurückkehrten.
    Plötzlich nahm er vor sich eine Bewegung wahr. Da kamen sie! Es waren drei Männer, Ole Paulsen, Hein Frerich und Malte Ottensen, mit aufgeklappten Jagdgewehren über dem Arm und in jeder Hand ein paar tote Enten und Gänse. Jetzt war es so weit, das war Günter Wieses große Stunde! Er schaltete das Fernlicht ein und hatte sie nun voll im Lichtkegel. Die Kamera kam mit diesen Beleuchtungsverhältnissen hervorragend klar, und Wiese nutzte den Überraschungsmoment, um sofort loszufilmen. Die Jäger standen wie erstarrt im gleißenden Licht der Scheinwerfer. Ole Paulsen hob seinen linken Arm vor die Augen, Hein Frerich und Malte Ottensen blickten mit verzerrten Gesichtern angestrengt zur Seite, um der völligen Blendung zu entgehen.
    Doch dann lösten sich die Männer aus ihrer Erstarrung. Es kam Bewegung in die drei, die offenbar kurz und heftig diskutierten, was jetzt zu tun sei. Wiese hatte den Eindruck, dass sie sich nicht einig waren, wer nun reagieren sollte. Unaufhörlich hielt er das Objektiv seiner Videokamera auf die Jäger gerichtet. Das waren Bilder für die Götter! Niemals würden sie sich da herausreden können.
    Plötzlich hob Paulsen sein Gewehr, ließ es mit einem Ruck des Armes zuschnappen und richtete es auf Wieses Scheinwerfer. Ein Schuss blitzte auf, Rauch löste sich vom Lauf des Gewehres, und Günter Wieses Transporter war auf einem Auge blind. Mit dem nächsten Schuss erlosch das Licht vollständig und alles um sie herum versank in schwärzester Dunkelheit. Jetzt war Schluss mit lustig, das wurde Günter Wiese augenblicklich klar. Wie hatte er nur so naiv sein können? Er warf die Kamera auf den Beifahrersitz und startete seinen Wagen. Schließlich hatte er, was er brauchte, jetzt musste er sehen, dass er heile wegkam.
    Günter Wiese warf den Rückwärtsgang ein und fuhr, so schnell er konnte, den Wirtschaftsweg zurück. Dabei musste er sehr vorsichtig sein, weil ihm die Sicht auf die Schlaglöcher durch die Ladefläche verdeckt war. Mehr als einmal schlug er mit dem Kopf unter die Wagendecke, aber er bemerkte die Schmerzen gar nicht, so vollgepumpt war er mit Adrenalin. Sein Herz raste, und das Blut vibrierte wie elektrisiert in den Adern. Bloß weg

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