Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Kriminaltechniker haben jede Menge Spuren am Tatort gesichert. Wenn die erst ausgewertet sind, haben wir Sie. Das ist nur eine Frage der Zeit. Geben Sie zu, dass Sie Dr. Albertsen zugesetzt haben. Vielleicht wollten Sie ihn ja nur zum Aufgeben zwingen. Sie wollten ihn von der Insel vertreiben. Den Selbstmord haben Sie doch gar nicht gewollt, ist es nicht so?«
»Ich habe nichts damit zu tun«, wiederholte Frerich, und jetzt verlor er endgültig seine Fassung, legte seine Hände auf sein Gesicht und schluchzte hemmungslos in sie hinein. »Ich war das nicht. So glauben Sie mir doch.«
Dieter Bennings gab Lena ein Zeichen, und sie folgte ihm aus dem Büro. Leise schloss sie die Tür hinter sich.
»Er war es nicht«, meinte Dieter Bennings. »Ich glaube ihm. Der Typ ist doch ein ganz erbärmliches Würstchen. Zusammen mit seinen Kumpels fühlt er sich stark, aber alleine ist der nie zu solchen Anschlägen fähig.«
»Ich fürchte, du hast recht. Hast du bemerkt, wie erschüttert er war, dass Arfsten ihn belastet haben soll?«
»Interessanter finde ich, dass er gesagt hat, von den Schmierereien könnte nur jemand wissen, der dabei war.« Dieter Bennings knetete seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger. »Und da hat er recht. Das hat noch nicht in der Zeitung gestanden, und außer den Polizisten hat das auch niemand gesehen. Da stellt sich mir die Frage, woher Maarten Rickmers das weiß. Und wenn ich mich recht entsinne, war er es auch, der Frerich in Sachen Radmuttern zuerst belastet hat. Arfsten hat das nur für möglich gehalten.«
»Aber wenn Maarten Rickmers das Wort ›Mörder‹ an das Scheunentor geschrieben hat, warum hat er das dann getan?«
»Gute Frage. Die sollten wir ihm selbst stellen, falls du der Ansicht bist, dass sich das lohnt. Wenn wir ihm überhaupt etwas nachweisen können, dann unbefugtes Betreten, Sachbeschädigung, Tierquälerei und Rufmord. Aber dass er Albertsen in den Tod getrieben hat, wird jeder gute Rechtsanwalt erfolgreich bestreiten. Für ein psychologisches Gutachten bei Albertsen ist es nämlich leider zu spät. Und bevor ich Maarten Rickmers noch einmal befrage, bin ich ohnehin dafür, dass wir uns diesmal genau überlegen, wie wir die Sache anfangen. Der arrogante Schnösel hat uns schon genug an der Nase herumgeführt. Wenn du mich fragst, schenken wir uns das und schließen lieber unseren Fall ab.«
»Was machen wir jetzt mit Frerich?« Lena deutete mit dem Kopf in Richtung Büro.
»Na was schon? Gehen lassen. Wir können ihm ohnehin nichts beweisen.«
Sie gingen zurück zu dem Bauern, der immer noch weit vornübergebeugt auf seinem Stuhl saß und völlig weggetreten wirkte.
»Sie können jetzt gehen, Herr Frerich«, verkündete Lena.
Hein Frerich hob den Kopf, schaute wieder abwechselnd auf die beiden Kriminalbeamten und verstand offenbar gar nichts mehr. »Ich kann …?«
»Gehen, genau. Wir haben beschlossen, Ihnen zu glauben«, erklärte Lena und nickte dem Mann ausdruckslos zu.
»Das ist kein Trick?«
»Natürlich nicht. Für Tricks und üble Machenschaften sind hier auf der Insel andere zuständig.«
Hein Frerich sprang auf und stürmte aus dem Büro, bevor sie es sich anders überlegen konnten.
»Jede Wette, dass der sich jetzt erst einmal volllaufen lässt«, prophezeite Dieter Bennings. »Heute Nacht kann seine Frau ihn dann aus dem Oldsumer Krug schleifen.«
»Und am besten direkt auf den Misthaufen werfen«, vollendete Lena den Gedanken. »Manch eine Frau ist schon hart gestraft mit ihrem Mann.«
»Umgekehrt soll das auch gelegentlich vorkommen«, wandte Dieter Bennings ein.
Lena setzte sich an ihren Schreibtisch und stützte das Kinn in ihre Hände. »Ich habe den Eindruck, dass uns jede Spur, die wir aufnehmen, immer sofort wieder durch die Finger rinnt. Verdammt noch mal, wir haben jede Menge lose Fäden, und es gelingt uns einfach nicht, daraus ein reißfestes Netz zu knüpfen.«
»Wir brauchen nur noch die letzte Bestätigung von der KTU, dann ist der Fall wasserdicht. Und Maarten Rickmers überlassen wir anschließend dem neuen kommissarischen Dienststellenleiter. Der kann selber dafür sorgen, dass sein Revier sauber ist.«
»Das sehe ich anders.« Lena lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Hände im Nacken und blickte an die Decke. »Die heruntergelassene Hose hat die Sachlage verändert. Außerdem ist da immer noch die zweite Person, die mit dem Mörder zusammen in der Hütte gewesen sein könnte. Nach Lage der Dinge
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