Leander und die Stille der Koje (German Edition)
gefragt, ob ich nicht mal was Junges, Knackiges haben wollte. Ich war besoffen, und da habe ich ›ja‹ gesagt. Und dann …«
»Dann sind Sie immer wieder hingegangen. Waren Sie auch in der Boldixumer Vogelkoje?«
»Nein.«
»Herr Görgens, wir haben eine Menge DNA-Spuren gefunden. Und wir werden Ihnen gleich eine Speichelprobe entnehmen. Müssen wir erst auf das Ergebnis eines Vergleichs warten?«
»Nein. Ich meine, ja, ich war auch manchmal in der Boldixumer Vogelkoje.«
»Auch an dem Abend, an dem Nahmen Rickmers dort erschlagen wurde?«
»Nein!«, rief Hendrik Görgens erschrocken. »Da hatten wir Ratssitzung wegen des Stadtfestes.«
»Und Sie waren während der ganzen Sitzung im Rathaus? Sind nicht mal für eine Stunde verschwunden?«
»Natürlich nicht, ich bin Fraktionsvorsitzender der Grünen, da kann ich nicht einfach so verschwinden.«
»Gut, wir werden das überprüfen«, stellte Lena beiläufig fest und wechselte dann das Thema: »Hat Maarten Rickmers Sie erpresst?«
»Erpresst? Womit denn erpresst?«
»Mit den Videoaufnahmen.«
»Videoaufnahmen? Was denn für Videoaufnahmen?« Er schien jetzt ehrlich erstaunt zu sein.
»Also hat er Ihnen die Aufnahmen von Ihren Treffen mit Ariana Jeronski noch nicht angeboten? Na, das wäre sicher noch gekommen. Spätestens, wenn er Geld gebraucht hätte.«
»Moment mal, soll das heißen, er hat uns gefilmt?«, kam es nun fassungslos von Hendrik Görgens.
»Genau«, bestätigte Lena genüsslich. »Er hat durch ein Loch in der Wand Filmaufnahmen von Ihnen gemacht. Wollen Sie mal sehen?«
Sie hob den Camcorder an und schaltete ihn auf Wiedergabe. Auf dem Display erschienen Hendrik Görgens und Ariana Jeronski in eindeutiger Situation. Ariana blickte zur Seite in die Kamera und sah nicht sehr glücklich aus, während Hendrik Görgens mit geschlossenen Augen daran keinen Anteil nahm. Auch die Geräusche ließen keinen Zweifel offen. Angesichts dieser Aufnahmen lief Hendrik Görgens rot an.
»Dieses Schwein«, presste er schließlich hervor und ballte seine Hände zu Fäusten. »Wenn ich den in die Finger kriege …«
»Sie wussten also nichts davon«, stellte Lena unbeeindruckt fest, während sie die Wiedergabe stoppte. »Wer gehört sonst noch zu Ihrem erlauchten Kreis?«
»Keine Ahnung. Maarten hat peinlichst genau darauf geachtet, dass wir uns nie begegnet sind.«
»Aber im Rathaus wurde doch hinter vorgehaltener Hand davon erzählt. Sie können mir doch nicht weismachen, dass Sie nichts davon mitbekommen haben.«
»Ich bin ein Grüner. Mag sein, dass in den anderen Parteien mehrere Ratsmitglieder Arianas Dienste genutzt haben und untereinander darüber prahlen. Aber Sie glauben doch nicht, dass sie mir etwas davon erzählen?! Ich bin der Feind, Sie kennen die hiesigen politischen Verhältnisse nicht.«
»Gut, Herr Görgens, ich rate Ihnen, ein umfassendes Geständnis abzulegen, was Ihre Treffen mit Ariana Jeronski und Maarten Rickmers’ Rolle dabei anbelangt. Und umfassend heißt, dass Sie auch das mit den Drogen zu Protokoll geben. Dann können Sie vorerst gehen.«
Lena wiederholte die Fragen, die sie dem Ratsherrn gestellt hatten, und Jens Olufs, dem seine neue Rolle an Lenas Seite sichtlich gefiel, nahm die Antworten mit Bennings’ Computer auf. Dann unterzeichnete Hendrik Görgens das Protokoll und wurde nach Hause entlassen.
»Wissen Sie, was ich gerade denke?«, stellte Jens Olufs eine rhetorische Frage. »Wenn wir die Speicherkarten von den anderen Videoaufnahmen haben, dann wissen wir, wer alles in der Vogelkoje gewesen ist.«
»Gute Idee, Herr Olufs. Ich sage dem Kollegen Bennings Bescheid, dass er gezielt danach suchen soll.«
Hilke Rickmers wirkte völlig verschlafen, als sie Dieter Bennings und Dennis Groth die Haustür öffnete. »Was wollen Sie denn schon wieder? Wissen Sie eigentlich …«
»Ja, Frau Rickmers, wissen wir«, fiel Dieter Bennings ihr ins Wort. »Für uns ist es genauso spät wie für Sie. Wir haben heute Abend Ihren Sohn festgenommen. Genaueres können Sie sich von Ihrem Rechtsanwalt erklären lassen, den Sie besser sofort informieren. In der Zwischenzeit möchten wir Maartens Zimmer sehen.«
»Festgenommen? Sind Sie jetzt völlig …? Dürfen Sie das eigentlich?«
»Das dürfen wir. Es besteht der begründete Verdacht, dass Ihr Sohn in mehrere Straftaten verwickelt ist und das Beweismaterial hier im Haus aufbewahrt.«
»Straftaten? Was denn für Straftaten?«
»Zuhälterei und Verdacht auf
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