Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Abnahme von Fingerabdrücken konnte er nichts machen. Polizeiobermeister Jörn Vedder kam herein und stellte die notwendigen Utensilien vor Maarten Rickmers auf den Tisch.
»Aber«, meldete sich Maarten Rickmers mit zitternder Stimme und einem Anflug hektischer Röte im Gesicht. »Das beweist doch gar nichts. Auch wenn meine Fingerabdrücke da drauf sein sollten, heißt das doch nicht, dass ich meinen Vater erschlagen habe.«
»Heißt es das nicht?«, tat Dieter Bennings verständnislos.
»Natürlich nicht. Ich kann den doch vorher in der Hand gehabt haben. Schließlich lag der einfach so in dem Kojenwärterhäuschen herum.«
»Woher wissen Sie denn, dass er aus dem Häuschen stammt?«
Maarten Hinrichs biss sich auf die Unterlippe und lief rot an.
»Na, das denke ich mir halt. Wenn mein Vater damit erschlagen wurde …«
»Sie haben den Schläger also in der Hand gehabt? Sie können es ruhig zugeben, wir weisen es Ihnen ohnehin nach.«
»Ja. Aber ich sage doch, das ist kein Beweis.«
»Die Bewertung der Beweismittellage überlassen Sie mal lieber uns. Davon verstehen Sie nichts. Außerdem brauchen wir für eine Verurteilung keine Beweise. Indizien reichen aus, und das hier ist zumindest ein Indiz. Also noch einmal: Sie geben zu, den Schläger, mit dem Ihr Vater erschlagen wurde, in der Hand gehabt zu haben?«
»Ja, verdammt. Vorher irgendwann. Aber nicht an dem Abend.« Maarten Rickmers Augen flackerten jetzt völlig unkontrolliert, und sein linkes Augenlid zitterte, während sein Blick immer wieder zwischen den Kriminalbeamten und seinem Rechtsanwalt hin und her flog.
»Wie kommt er denn dann in den Schuppen von Dr. Albertsen?«, fragte Lena.
»Was weiß denn ich? Wenn er der Mörder war, hat er ihn wahrscheinlich selber da versteckt.« Ein Anflug von Erleichterung schlich sich auf das Gesicht des jungen Mannes.
Lena verfluchte sich insgeheim dafür, dass sie ihn zu schnell vom Haken gelassen hatte. »Da halten Sie den Mann aber für ziemlich blöd«, fuhr sie fort, ohne sich etwas anmerken zu lassen, und fixierte Maartens Augen. »Warum sollte er ein solch belastendes Beweismittel denn verstecken und nicht vernichten? Er hätte ihn doch bloß verbrennen müssen.«
»Wie soll ich das wissen? Vielleicht wollte er das ja später machen.«
»Was sollte das Theater mit den aufgeschlitzten Störchen an Albertsens Scheunentor?«, wechselte Dieter Bennings unvermittelt das Thema.
Maarten Rickmers blickte unsicher zwischen Lena und dem Hauptkommissar hin und her und hatte sichtlich Mühe, sein Mienenspiel unter Kontrolle zu halten. Dann schlich sich ein leicht verzerrtes Grinsen auf sein Gesicht. »Ein kleiner Scherz«, presste er hervor. »Und ich hatte ja auch nicht unrecht. Schließlich ist er wirklich der Mörder meines Vaters.«
»Herr Rickmers, Sie bleiben also bei Ihrer Aussage, am Abend des Todes ihres Vaters nicht in der Boldixumer Vogelkoje gewesen zu sein?«, übernahm Lena wieder das Verhör.
»Ja.«
»Gut. Herr Olufs, führen Sie ihn bitte zurück in seine Zelle, und holen Sie Frau Jeronski.«
Maarten Rickmers atmete sichtlich auf. Dass die Kriminalbeamten so schnell von ihm ablassen würde, hatte er wohl nicht zu hoffen gewagt. Als Polizeihauptmeister Olufs ihn nun abführte, gewann sein Schritt schnell an Festigkeit. Wie kann man in so jungen Jahren nur so abgebrüht sein?, dachte Lena.
Ariana Jeronski war völlig übernächtigt und hatte vermutlich kein Auge zugemacht. Sie wirkte fahrig und unsicher, als sie auf ihrem Stuhl Platz nahm. Dr. Petersen blieb auch bei ihrem Verhör anwesend und wies sich mit der Unterschrift von Arianas Vater auf dem entsprechenden Formular als ihr Rechtsbeistand aus. Er nickte dem Mädchen aufmunternd zu, was Ariana mit einem unsicheren Lächeln entgegennahm.
»Frau Jeronski«, begann Lena. »Herr Rickmers ist erfreulicherweise sehr kooperativ. Er hat bereits die Treffen in der Boldixumer Vogelkoje gestanden und auch, woher er den Schlüssel hatte. Von Ihnen möchten wir nun nur noch wissen, ob Sie diesen Gegenstand wiedererkennen.«
Sie legte den Plastikbeutel vor dem Mädchen auf den Tisch, womit sie eine erstaunliche Wirkung erzielte. Ariana Jeronski sprang auf und wich ein paar Schritte zurück.
»Sie kennen ihn also?«, fragte Lena ungerührt.
»Woher haben Sie das?«, kam es atemlos zurück.
»Aus einem Schuppen von Dr. Albertsen. Können Sie uns sagen, wie er dorthin gekommen ist?«
Ariana schüttelte den Kopf wie ein Roboter, und es dauerte
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