Leander und die Stille der Koje (German Edition)
fallen gelassen nach dem Schlag.«
»Hatte Maarten den Schläger in der Hand, als er Ihnen gefolgt ist?«
»Ja. Er hat gesagt, dass das ein Beweismittel sei und dass er ihn verbrennen will, damit man mir nichts beweisen kann. Er hat das für mich getan. Maarten liebt mich.«
»Nein, Frau Jeronski. So leid es mir tut, aber Maarten Rickmers liebt niemanden außer sich selbst. Er hat den Schläger mitgenommen, um einen Beweis zu haben, falls der Verdacht auf ihn fiele. Maarten Rickmers hat sich immer selbst abgesichert. Und dann hat er den Schläger in der Scheune von Dr. Albertsen versteckt, um den Verdacht auf ihn zu lenken. Er hat zwar die Fingerabdrücke abgewischt, aber erst, als er beschlossen hatte, den Schläger Albertsen unterzuschieben.«
»Warum haben Sie vor ein paar Tagen die Insel verlassen?«, fragte Dieter Bennings, der bis jetzt dem Verhör schweigend und aufmerksam gefolgt war.
»Maarten hat das verlangt. Als Sie mich noch einmal vorgeladen haben, hat er gesagt: ›Jetzt haben sie dich am Arsch. Du musst weg hier, ich regel das schon.‹ Ich bin dann zu einer Freundin nach Heide gefahren.«
»Was hat er gesagt, als er sie zurückbeordert hat?«, hakte Lena nach.
»›Alles klar. Für die Polizei ist Albertsen der Täter. Der hat sich aufgehängt und kann das nicht mehr abstreiten.‹«
»Hat Maarten Rickmers Ihnen erzählt, wie es zu Dr. Albertsens Selbstmord gekommen ist?«
»Nein.«
»Gut, Frau Jeronski. Wenn mein Kollege keine Fragen mehr hat, können Sie jetzt zurück in Ihre Zelle. Ruhen Sie sich aus, Sie sind keine Mörderin.«
»Wer war es dann?«
Lena und Dieter Bennings sahen sich an, antworteten aber nicht.
»Nein!«, schrie Ariana Jeronski auf. »Nicht Maarten!«
»Abwarten, Frau Jeronski. Für Sie ist das Schlimmste jetzt vorbei«, beruhigte Lena sie und ließ sie abführen.
»Unfassbar«, erklärte Dieter Bennings. »Sie liebt das Schwein immer noch.«
»Sonst hätte sie die ganze Tortur ja auch erst gar nicht mitgemacht.«
»Ich nehme an, Sie werden jetzt Maarten noch einmal verhören«, meldete sich der Rechtsanwalt zu Wort. »Vorher möchte ich unter vier Augen mit ihm sprechen.«
»Tut mir leid«, lehnte Lena kopfschüttelnd ab. »Sie können ihn während des Verhörs beraten, oder wenn wir unser Verhör beendet haben.«
Maarten Rickmers war weit weniger derangiert als seine Freundin. Was den Totschlag an seinem Vater anging, wiegte er sich offenbar in Sicherheit, denn wenn seine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe waren, waren die von Ariana auch darauf, und die hatte er ja in der Überzeugung gelassen, selbst die Täterin zu sein. Entsprechend gleichmütig trat er an diesem Morgen auf. Das Entscheidende hatte er ja bereits in der vorigen Nacht ausgesagt, und sein Rechtsanwalt hatte ihm Hoffnung auf ein Verfahren vor dem Jugendgericht gemacht, was ein erträgliches Strafmaß bedeuten würde, vielleicht sogar auf Bewährung. Eine leichte Verunsicherung glaubte Lena nur in dem Moment bei ihm festzustellen, als seine Augen denen seines Rechtsbeistands begegneten, der etwas verkrampft auf seinem Stuhl saß.
»Herr Rickmers, Sie haben uns in unserem letzten Gespräch nur die halbe Wahrheit gesagt«, eröffnete Lena das Verhör. »Ihr Vater wusste von Ihren Geschäften, und er hat sie sogar zu seinem eigenen Vorteil genutzt.«
»Was erzählen Sie denn da?«
»Leugnen ist zwecklos. Ariana Jeronski, ich nenne sie jetzt mal bewusst nicht Ihre Freundin, hat umfassend ausgesagt. Ihr Vater hat seit Langem gewusst, was Sie in der Boldixumer Vogelkoje treiben. Damit er Sie weitermachen ließ, haben Sie ihm Ariana angedient und sogar geduldet, dass er sie übel misshandelt hat.«
»Mein Vater war ein Schwein«, kam es nun hasserfüllt von Maarten Rickmers.
»So etwas soll gelegentlich in der Familie liegen«, meldete sich Dieter Bennings.
»Falls Sie mich damit meinen: Ich habe für Ariana getan, was ich konnte. Mein Vater war brutal und hat sich schon immer genommen, was er haben wollte. Aber wenn er Ariana gegenüber zu hart rangegangen ist, bin ich dazwischengegangen.«
»Wie an dem Abend, an dem Sie ihn erschlagen haben«, setzte Lena den Gedanken fort.
»Ich? Wieso ich? Ich denke, Ariana hat alles gesagt. Sie war es, die zugeschlagen hat, nicht ich.«
»Doch, Herr Rickmers, Sie haben Ihren Vater erschlagen. Als er sich über Ariana hermachen wollte, hat sie den Karpfenschläger in die Finger bekommen und einmal zugeschlagen. Sehen Sie? So war das.« Lena nahm den
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