Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Und deshalb hat Paulsen ihm die Pistole auf die Brust gesetzt und Nahmen brauchte etwas, um ihn abzuservieren. Schließlich hat Maarten zugestimmt. Dann müssten wir uns das Geld eben mit den anderen Videos besorgen, hat er gesagt. Nahmen hat gelacht und gesagt: ›Damit ist jetzt Schluss. Jetzt werde ich mich erst einmal auf der kleinen Schlampe hier vergnügen, damit ich wieder runterkomme, und dann fahren wir nach Hause, und du händigst mir alle Videos aus.‹ Maarten hat gesagt: ›Lass dich erst mal richtig verwöhnen, und dann werden wir weiterreden.‹ Aber ich wollte nicht mehr. Schließlich war eh alles vorbei. Warum sollte ich mich da noch verprügeln und vergewaltigen lassen? Aber Maarten hat nur gelacht. ›Lass ihm doch seinen Spaß‹, hat er gesagt. Es war so widerlich. In dem Moment habe ich ihn gehasst. ›Aber tu ihr nicht weh, ich brauche sie noch‹, hat Maarten noch zu seinem Vater gesagt und ist dann rausgegangen.«
Ariana Jeronski wischte sich die Tränen ab, die ihr nun unaufhaltsam über das Gesicht liefen. Ihr Kopf hing kraftlos nach vorn. Sie wirkte nur noch verletzt und verzweifelt.
»Und dann hat Nahmen Rickmers Sie vergewaltigt?«, fragte Lena mit sanfter Stimme.
Ariana schüttelte den Kopf. »Nein … ja … er wollte. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht mehr will. Er hat gelacht und mir ins Gesicht geschlagen. Dann hat er mich auf das Bett geworfen und sich die Hose heruntergezogen. Ich habe mich weggerollt und auf dem Boden nach einem Gegenstand gegriffen, der da lag. Das war dieses Ding da.« Sie zeigte auf den Schläger, der vor ihr auf dem Tisch lag.
Dann fuhr sie mechanisch und mit tonloser Stimme fort: »Nahmen hat mich an den Haaren zurückgerissen und sich auf mich geworfen. Ich habe geschrien, er hat sich aufgerichtet, um die Hose ganz auszuziehen, und da habe ich zugeschlagen. Nahmen hat die Augen verdreht, und das Blut ist ihm von der Stirn getropft. Da habe ich noch mal geschrien, und Maarten ist hereingekommen. Er hat seinen Vater von mir heruntergezogen und auf den Boden fallen lassen. Ich habe mich angezogen, während Maarten sich um Nahmen gekümmert hat. ›Er ist tot‹, hat er gesagt. ›Los, raus hier.‹ Ich bin rausgerannt und draußen gegen irgendwen gestoßen. Am Eingang der Vogelkoje habe ich gewartet. Maarten ist kurz darauf hinterhergekommen, und dann sind wir nur noch rumgefahren. Ich weiß nicht mehr, wie lange. Ich konnte doch so nicht nach Hause.«
Jetzt fiel das Mädchen endgültig in sich zusammen und schluchzte fassungslos. »Ich habe ihn umgebracht«, stammelte sie immer wieder. »Ich habe ihn getötet.«
»Nun ist es gut«, meldete sich Dr. Petersen zu Wort. »Sie haben, was Sie wollten.«
Lena blickte den Rechtsanwalt an und stellte angewidert fest, dass er garantiert nur deshalb so lange geschwiegen hatte, weil die Aussage des Mädchens Maarten Rickmers vom Mordverdacht entlastete. Da opfert man gern schon mal ein mittelloses Aussiedlermädchen, wenn man den Sohn einflussreicher Mandanten damit aus der Schlinge zieht.
Als sich Ariana einigermaßen beruhigt hatte, fragte Lena nach, ohne auf die Forderung des Anwalts einzugehen: »Wie oft haben Sie zugeschlagen?«
»Einmal. Er ist dann sofort auf mich gefallen.«
»Sind Sie sicher, dass Sie nur einmal zugeschlagen haben und nicht später noch einmal, als Herr Rickmers auf dem Boden lag?«
Ariana Jeronski nickte.
»Wo haben Sie Herrn Rickmers genau getroffen? Können Sie sich daran noch erinnern?«
»An der Stirn. Das Bild werde ich nie vergessen. Niemals!«
Lena wechselte einen Blick mit Dieter Bennings. Der nickte ihr zu.
»Frau Jeronski«, sagte Lena. »Sie haben Nahmen Rickmers nicht getötet. Der Schlag auf die Stirn war nicht tödlich. Deshalb müssen Sie uns jetzt noch einmal ganz genau schildern, was dann passiert ist.«
»Das habe ich doch schon gesagt! Ich habe mich schnell angezogen und bin rausgerannt.«
»Konnten Sie vorher sehen, wie Nahmen Rickmers auf dem Boden lag? Auf dem Rücken oder auf dem Bauch?«
»Auf dem Bauch, glaube ich. Alles war voller Blut. Ja, auf dem Bauch.«
»Das stimmt mit Baginskis Aussage überein«, erinnerte Dieter Bennings Lena.
»Ich muss jetzt auf einer Unterbrechung bestehen«, begehrte Dr. Petersen auf und erhob sich auffordernd, aber Lena wies ihn mit einer Handbewegung zurück.
»Wo war die Tatwaffe, als Sie das Haus verlassen haben?«, fragte sie Ariana.
»Keine Ahnung. Auf dem Bett oder irgendwo auf dem Boden. Ich habe sie
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