Leander und die Stille der Koje (German Edition)
war in dem Moment abgefahren, als Sie die Gunst der Stunde genutzt und planvoll die Ermittlungen von sich abgelenkt haben.«
Maarten Rickmers schaute sie zweifelnd an, aber seine flackernden Augen verrieten, dass er die Tragweite der Situation allmählich begriff. Hilfesuchend wandte er sich an Dr. Petersen, in den nun wieder Leben kam.
»Kann ich jetzt einen Moment mit meinem Mandanten alleine sprechen?«
Lena blickte Dieter Bennings an, der nickte und gab Polizeihauptmeister Olufs ein Zeichen, die beiden hinauszubegleiten. Nur fünf Minuten später waren sie wieder zurück.
»Mein Mandant ist bereit zu einem umfassenden Geständnis«, erklärte Dr. Petersen und nickte Maarten Rickmers aufmunternd zu.
Der bestätigte nun tonlos die Darstellung Lenas. Jens Olufs hatte sichtlich Mühe, den Ausführungen zu folgen und alles in den Laptop einzutippen.
»Herr Olufs«, odnete die Kriminalbeamtin schließlich an. »Lassen Sie Herrn Rickmers das Protokoll unterschreiben. Dann bringen Sie ihn in seine Zelle.«
Als Polizeihauptmeister Jens Olufs Maarten Rickmers abführte, hielt Dieter Bennings ihn noch einmal auf: »Eine Frage noch, Herr Rickmers: War Oberkommissar Hinrichs auch Ihr Kunde?«
Maarten Rickmers blickte ihn einen Moment an, dann nickte er. Dieter Bennings gab Jens Olufs ein Zeichen, dass er den Jungen nun wegbringen könne. Dr. Petersen folgte ihnen und grüßte die Kriminalbeamten im Hinausgehen nur noch resigniert mit einem kurzen Nicken.
Als die Tür hinter den dreien zufiel, sagte Bennings zu Lena: »Dann wissen wir jetzt wenigstens, warum Hinrichs die Spuren verwischt und Beweise gefälscht hat. Seine soziale Verantwortung für das große Ganze hier auf der Insel habe ich ihm jedenfalls von vornherein nicht abgekauft.«
22
Die Stadtverwaltung hatte beim Ausbau der Strandpromenade am Südstrand nicht nur Platz für einen Surfkiosk mit angeschlossenem Bistro geschaffen, sondern sie hatte auch eine gepflasterte Bucht für größere Veranstaltungen in die zurückweichende Flutmauer einbauen lassen. Hier fanden in unregelmäßigen Abständen Konzerte statt, für die aufwendige überdachte Bühnenaufbauten und Lichtbrücken zur Verfügung standen. Außerdem wurde ein Teil des Südstrandes mit Hilfe beduinenzeltförmiger Buden aus weißem Segeltuch so abgetrennt, dass man den kostenpflichtigen Einlass regeln und gleichzeitig die Sicht vom Meer aus behindern konnte.
Trotzdem hatten sich an diesem Samstagabend mehrere Segelboote bei ablaufendem Wasser genau vor diesem Strandabschnitt trockenfallen lassen, denn es stand ein ganz besonderes Ereignis an: Die Band Stanfour, deren Gründer, die Rethwisch-Brüder, aus Wyk stammten, kam nach zwei Jahren zum ersten Mal wieder zu Ehren des Stadtjubiläums zu einem Open-Air-Konzert auf die Insel. Für die zahlreichen Konzertbesucher vom Festland und von den Nachbarinseln waren Sonderfähren eingesetzt worden, und so strömten bereits zwei Stunden vor Beginn ganze Scharen in Richtung Südstrand über die Promenade. Unter ihnen befanden sich auch Lena, Leander, Eiken Jörgensen und Dieter Bennings. Letztere waren wegen des Doppelerwerbs ihrer Eintrittskarten von Lena und Leander eingeladen worden.
An den Zugängen zum Konzertgelände wurden sie von einer orange-schwarz gekleideten Security derart gründlich kontrolliert, dass sich die drei Polizeibeamten darüber wunderten, wie schicksalsergeben die Menschen dies über sich ergehen ließen, während sie bei jeder geplanten Sicherheitsmaßnahme des Staates immer sofort ihre Freiheit gefährdet sahen. Dabei gingen die Hilfssheriffs bei der Auswahl der Konzertbesucher, die sie regelrechten Leibesvisitationen unterzogen, derart routiniert vor, dass Leander die Vermutung äußerte, sie seien in einem Profiling-Seminar beim BKA geschult worden.
Das abgeteilte Konzertgelände bot alles, was heutzutage bei einem Rockkonzert aufgefahren werden muss, um die Eventansprüche seiner Besucher zu befriedigen. Getränke aller Art wurden verkauft, sogar eine Sektbar und die inzwischen überall zum guten Ton gehörende Cocktailbar fehlten nicht. Dazu kamen Fressbuden mit Angeboten wie bei einem Volksfest. Aus überdimensionalen Lautsprechern dröhnte Musik aus den aktuellen Charts, so dass die Konzertbesucher auf den Abend gebührend eingestimmt wurden.
Dieter Bennings wiederholte seine Einladung, in diesem kleinen Kreis erneut seinen Ausstand zu geben, denn nun würde seiner Abreise ja nichts mehr im Weg stehen. Am Sonntagabend
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