Leander und die Stille der Koje (German Edition)
kann ihm nicht vorschreiben, was er zu tun hat. Schließlich hast du eben selbst gesagt, dass er absolut weisungsunabhängig ist, und das weiß er, wenn er auch sonst nicht viel weiß. Vielleicht können wir ihm etwas anbieten? Müsste er nicht längst zum Polizeihauptkommissar befördert worden sein?«
»Du spinnst doch wohl! Der Idiot ist schon viel weiter gekommen, als man es dem Steuerzahler gegenüber verantworten kann, und jetzt auch noch Hauptkommissar? Dann verdient der A11! Am Ende will er noch Dienstgruppenleiter werden, und dann haben ihn die Kollegen auf dem Festland am Hals. Das wäre politischer Selbstmord, wenn ich so etwas verantworten würde. Wir müssen ihm gar nichts anbieten. Er muss erst mal uns gegenüber wieder etwas gutmachen. Mach ihm das klar. Seit wann wedelt der Schwanz mit dem Hund?«
»Dann sehe ich schwarz«, gab sich Jacobsen niedergeschlagen. »Was das am Ende für meine Wiederwahl als Bürgermeister bedeutet, weiß ich allerdings nicht. Und ich kann auch nicht dafür garantieren, dass die Wellen dieses Falles nicht bis nach Kiel schlagen.«
Am anderen Ende der Leitung war es einen Moment lang still, und Jacobsen befürchtete schon, dass er den Bogen überspannt hatte, aber dann hörte er seinen alten Weggefährten sagen: »Okay, ich habe da vielleicht eine Idee. Wenn ich dich richtig verstehe, dann ist der Fall ja wohl von übergeordnetem Interesse?«
»Na, und wie! Es geht nicht nur um die Zukunft unserer Insel!«
»Gut, dann sorge ich dafür, dass sich das LKA einschaltet. Wenn die den Fall übernehmen, ist Flensburg raus. Ich kenne da den zuständigen Abteilungsleiter. Der ist mir noch was schuldig. Verlass dich ganz auf mich. Aber dann sind wir quitt, klar?«
»Natürlich, Jupp. Danke! Ich danke dir vielmals. Das vergesse ich dir nie.«
Jacobsen fühlte sich jetzt wie erschlagen. Die Sache hatte ihn mehr mitgenommen, als er sich das selbst hatte eingestehen wollen. Aber immerhin ging es wirklich nicht nur um die Zukunft der Insel, nein, es ging um seine Zukunft, und ein höheres Interesse konnte er sich überhaupt nicht vorstellen.
»Gut, Ture, du hörst von mir. Oder besser noch: Wir haben in nächster Zeit keinen Kontakt mehr. Nicht, dass es am Ende noch heißt, ich hätte Einfluss auf die Strafverfolgungsbehörden genommen. Die Opposition ist im Moment ganz scharf auf solche Sachen. Die bauschen das zur Staatsaffäre auf. Also halt in nächster Zeit die Füße still. Und lass bloß die Grünen bei euch keinen Wind davon bekommen. Die Sache mit dem LKA deichsel ich, aber dann ist Ruhe!«
»Versprochen, Jupp«, buckelte Jacobsen und wischte sich den Schweiß mit einem Stofftaschentuch von der Stirn. »Es ist ein verdammt gutes Gefühl, wenn man Freunde hat, auf die man sich verlassen kann.«
»Grüß Else von mir«, war das Letzte, was er hörte, dann wurde am anderen Ende aufgelegt, bevor Jacobsen den obligatorischen Gegengruß formulieren konnte.
Jens Olufs klopfte vorsichtig an die Tür der beiden Hauptkommissare. Er hatte seit mehr als einer halben Stunde nichts mehr von ihnen gehört, also hatte er berechtigte Hoffnung, dass ihre Wut inzwischen verraucht oder doch wenigstens einigermaßen eingedämmt war. Von seinem Vorgesetzten Hinrichs war allerdings noch immer weit und breit keine Spur. Wahrscheinlich machte der einen ausgedehnten Spaziergang über den Deich und ließ sich die Luft durchs Hirn blasen. Schaden konnte das ja nicht, wenn da mal ein Austausch stattfand.
Bennings und Dernau saßen zusammen am Schreibtisch und studierten die Aussagen des vergangenen Tages, als Olufs vorsichtig seinen Kopf hereinsteckte und »Entschuldigung!« sagte.
»Herr Olufs, was gibt’s?«, erkundigte sich Bennings.
»Ich habe jetzt die Informationen, die Sie gestern haben wollten. Wegen der Alibis von Arfsten und Wiese, meine ich. Aber wenn es jetzt nicht passt, kann ich auch später …«
»Neinnein, kommen Sie ruhig. Es wird Zeit, dass hier wieder vernünftig gearbeitet wird.« Er deutete auf den freien Stuhl ihnen gegenüber.
Olufs nahm vorsichtig Platz und begann mit seinem Bericht. »Also, ich war im Oldsumer Krug und habe Brar Arfstens Alibi überprüft. Der Wirt bestätigt zwar, dass Arfsten an besagtem Abend da gewesen ist, aber ich hatte den Eindruck, dass er sich nicht wohl in seiner Haut gefühlt hat. Kann aber auch ein Irrtum meinerseits sein. Dann habe ich auf dem Rückweg Hein Frerich und Malte Ottensen auf ihren Höfen aufgesucht, Sie wissen schon: die
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