Leander und die Stille der Koje (German Edition)
lügt Ihr Sohn wohl«, stellte Dernau beiläufig fest. »Und dann müssen wir uns natürlich erst recht fragen, warum er lügt.«
»Was meint er damit?«, fragte Hilke Rickmers Bennings schnippisch.
»Nun, er meint, dass Ihre Aussage und die Ihres Sohnes nicht übereinstimmen. Ihr Sohn sagt nämlich, er sei zur Tatzeit mit dem Auto unterwegs gewesen und zwar zusammen mit seiner Freundin Ariana.«
»Da muss er sich irren«, beharrte Hilke Rickmers.
»Ariana, die Freundin Ihres Sohnes, bestätigt das aber«, wandte Bennings ein.
Hilke Rickmers schaute erstaunt auf, und Bennings glaubte, einen hellen Schein über ihr Gesicht huschen zu sehen. »Tja, wenn sie das bestätigt«, lenkte sie dann sichtlich erleichtert ein, »dann irre ich mich wohl tatsächlich.«
»So, Frau Rickmers«, fuhr Dernau sie heftig an. »Jetzt lassen wir mal das Gekasper. Das ist nämlich kein Spiel hier, es geht um Mord, verstehen Sie das? Ihr Mann ist ermordet worden, und wir haben diesen Mord aufzuklären. Wenn Sie uns dabei behindern, dann müssen Sie schon verdammt gute Gründe haben, denn eigentlich sollten gerade Sie ein Interesse daran haben, dass der Mörder Ihres Mannes gefasst wird.«
»Dann verhaften Sie ihn doch endlich«, ging nun Hilke Rickmers ihrerseits in die Offensive. »Warum läuft dieser Wiese denn immer noch frei rum?«
»Weil seine Schuld nicht erwiesen ist. Er hat nämlich im Gegensatz zu Ihnen ein stichhaltiges Alibi! Oder haben Sie noch Hinweise, die uns in der Sache weiterbringen?«, erkundigte sich Bennings.
Hilke Rickmers schwieg verbissen.
»Sehen Sie?«, fuhr Bennings fort. »Und deshalb müssen wir uns zunächst einmal an die halten, die uns von Anfang an belogen haben. Sie wollten Ihren Sohn schützen, habe ich recht? Aber jetzt, da Ihr Sohn ein anderes Alibi hat und demnach aus dem Schneider ist, haben Sie selbst keins mehr für den fraglichen Abend. Damit stehen Sie nun ganz oben auf der Liste der Verdächtigen.«
Hilke Rickmers sah ihn verunsichert an und versuchte offensichtlich zu ergründen, ob er das ernst meinte oder ob er bluffte. Dann sah sie zu Boden und murmelte etwas, das Bennings nicht verstand.
»Wie bitte?«, fragte er deshalb nach.
»Ich war bei Brar, bei Herrn Arfsten.«
»Ach, nee. Auf einmal? Dann haben Sie also doch ein Verhältnis mit ihm, oder was?«, stieß Dernau vor.
»Natürlich nicht«, antwortete sie wenig überzeugend. »Wir haben uns getroffen, um uns über Nahmen auszusprechen. Weil er in letzter Zeit zwischen allen Stühlen saß, und da wollte Brar mir helfen.«
»Soso, und wo haben Sie sich getroffen? Bei ihm zu Hause? Kann seine Frau das bezeugen?«
Hilke Rickmers zuckte zusammen. »Seine Frau? Nein. Ich meine, nicht bei ihm zu Hause. Wir haben uns in seiner Feldscheune in der Godelniederung getroffen.«
Dernau lachte laut auf. »Meine Güte, Frau Rickmers, das wird ja immer doller. Ist das jetzt Klumpfüßchens Märchenstunde hier, oder was? Jetzt aber mal Schluss mit dem Scheiß! Butter bei die Fische, Frau Rickmers. Sie haben ein Verhältnis mit Brar Arfsten, und damit haben Sie beide ein Motiv für den Mord an Ihrem Mann. Und wehe, Sie erzählen uns noch einmal irgendwelchen Mist, dann nehmen wir Sie mit und lassen Sie direkt aufs Präsidium nach Flensburg bringen!«
Die Witwe sackte schluchzend auf dem Sofa in sich zusammen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich so weit gefangen hatte, dass sie wieder in der Lage war, Fragen zu beantworten.
»Also, Frau Rickmers«, begann Bennings erneut in ruhigem Tonfall. »Sie haben gehört, was mein Kollege gesagt hat. Wir erwarten nun die Wahrheit von Ihnen.«
»Es stimmt«, flüsterte Hilke Rickmers. »Brar und ich hatten ein Verhältnis, aber das ist längst vorbei. An jenem Abend hat er mich zu der Scheune bestellt, um noch einmal mit mir zu reden. Ich habe ihm gesagt, dass ich Nahmen nicht verlassen werde. Es war weit nach Mitternacht, als wir uns getrennt haben. Ich habe meinen Mann nicht getötet, und Brar war es auch nicht. Das müssen Sie mir glauben!«
»So«, kommentierte Dernau grimmig. »Müssen wir das? Ich sage Ihnen jetzt mal, wie es wirklich war. Sie haben sich tatsächlich mir Herrn Arfsten getroffen. Vielleicht sogar zunächst wirklich in seiner Feldscheune. Aber da haben sie dann nach einem Schäferstündchen einen Beschluss gefasst, denn so konnte es ja auf Dauer nicht weitergehen. Sie sind zur Boldixumer Vogelkoje gefahren, weil Sie wussten, dass Ihr Mann den Abend dort verbringen wollte. Und da
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