Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
gesund!“, rief sie und fiel Leandra um den Hals. Mit einem verlegenen Lächeln löste sich die Alte von ihr und verabschiedete sich.
Nun betraten Mina – so hieß die blonde Priesterin – und Leandra das Zimmer. Die Hohepriesterin wirkte älter als die Greisin, die sie gerade geheilt hatte. Das braune Haar war stumpf und die Haut bleich, aber als Alanna Leandra erblickte, klatschte sie vor Freude in die Hände.
„Gesegnet sei Rhea, dass sie uns die neunte Tochter schickt.“ Sie erhob sich und zärtlich wie eine Mutter strich sie Leandra über den Kopf. „Willkommen, ach - wo bist du so lange gewesen?“
Leandra hatte nicht mit einer so herzlichen Begrüßung gerechnet.
„Ich wurde in Tehuna geboren.“
„Wahrlich, du hast einen sehr langen Weg hinter dir. Wie ist dein Name?“
„Leandra.“
„Ich bin Alanna, die Hohepriesterin der Rhea, und ich bitte dich, den Menschen dieser Stadt zu helfen.“
„Ich weiß erst seit Kurzen, dass ich heilen kann. Kann ich etwas falsch machen?“
„Nein, es reicht, wenn du die Kranken berührst, doch je schwerer ein Mensch erkrankt ist, desto mehr Kraft wird es dich kosten, ihn zu heilen. Mina, bitte schicke zwei Personen hinein.“
„Jawohl.“
Mina ging hinaus, und einige Zeit später kam ein Mann mit seinem Kind herein.
„Du!“, sagte der Kranke überrascht.
„Ja, wie gesagt hatte ich eine wichtige Botschaft.“
„Leandra, ich werde mich um seinen Sohn kümmern, heile du ihn.“
Unsicher berührte sie sein Gesicht. Die schwarzen Flecken bewiesen, dass die Krankheit bei ihm erst anfing und sie verschwanden nach einigen Minuten. Alanna nickte zufrieden und bat den Mann, Mina auszurichten, dass ein Diener noch zwei zusätzliche Stühle hineinbringen sollte.
Leandra verbrachte den Rest des Tages damit, den Kranken zu helfen, bis die Hohepriesterin entschied, dass es genug war. Die junge Heilerin fühlte sich unsagbar müde, und die Augen fielen ihr zu. Sanft weckte Alanna sie.
„Nein, wach auf. Es ist wichtig, dass du etwas isst.“
Sie läutete eine Glocke, und ein blonder Diener mit ernstem Gesicht brachte einen Tisch herein, den er rasch deckte.
Obwohl Leandra dachte, sie könnte nichts essen, merkte sie nach ein paar Bissen, dass sie ausgehungert war, und aß die dreifache Menge von dem, was sie sonst verzehrte. Hätte Alanna nicht genauso viel gegessen, wäre es Leandra peinlich gewesen.
„Du hast bestimmt viele Fragen“, sagte die Hohepriesterin und legte ihre Serviette zur Seite.
„Ja, sicher.“ Leandra dachte an Akrissa, die auf den Thron ihrer Mutter saß und einen Krieg vorbereitete. Hatte sie nicht auch eine Pflicht als Tochter?
„Was ist?“
„Ich weiß nicht, wer ich bin. Bin ich eine Amazone oder eine Heilerin? Ich habe mir nie gewünscht, eine Amazone zu sein, aber ...“ Sie vollendete den Satz nicht.
„Du hast noch etwas zu erledigen.“
Leandra schloss die Augen.
„Ja.“
„Ich verstehe, dann ist nur eine Frage wichtig: Willst du deine Aufgabe als Amazone oder als zukünftige Heilerin der Rhea erledigen?“
„Ich will niemanden töten, trotzdem möchte ich, dass eine Entscheidung rückgängig gemacht wird und jemand seine gerechte Strafe erhält. Was verlangt Rhea von mir?“
„Unsere Göttin verlangt nichts. Du musst nicht im Tempel bleiben, wenn du es nicht willst. Rhea weiß, dass die Menschen viel leiden müssen, und sie möchte ihnen helfen.
Die Götter tun nichts zufällig, so wird es einen Grund geben, warum du in Tehuna geboren wurdest.“
„Das haben mir meine Freunde auch gesagt.“
„Du zweifelst daran, nicht wahr? Ja, manchmal enthalten selbst die Pläne der Götter Fehler.“ Die Hohepriesterin lachte, als sie Leandras bestürztes Gesicht sah.
„Unsere Göttin hält sich nicht für vollkommen.“
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas je von einer Priesterin hören würde.“
„Fehler zu machen, gehört zum Leben dazu, Leandra. In deinen Fall bin ich davon überzeugt, dass keiner bisher begangen wurde. Dass du verunsichert bist, ist normal. Deine Erziehung spricht gegen deine inneren Werte. Wenn du dir-“
Der Satz blieb unvollendet, die Hohepriesterin war im Sitzen eingeschlafen. Der Diener trat vor und nahm sie vorsichtig auf den Arm, und Leandra hörte, wie er sie ins Nebenzimmer brachte. Gewiss wird er mir gleich sagen, wo ich schlafen kann , dachte Leandra. Zu ihrer Überraschung wollte er, als er zurückkam, sie auch tragen.
„Nein, ich kann alleine-“
Leandra erhob sich und schwankte. Der Diener fing sie
Weitere Kostenlose Bücher