Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
ließ Akrissa sich nieder. „Das ist eine schwere Anschuldigung. Kannst du deine Worte beweisen?“
Die Königin stieß hervor: „Sie will nur Leandra verschonen.“
„Nein, ich bin ihr bis auf die Insel Nezia gefolgt, wo sie plötzlich die Flucht aufgab, um auf mich zu warten. Sie hatte nicht gewusst, dass ihre Mutter tot war, sondern es vom Orakel erfahren, und auch mir zeigte es, was wirklich an jenen Abend geschah. Akrissa hat unsere Königin vergiftet.“
„Niemand wird einer Eidbrüchigen und einer Verstoßenen glauben!“ zischte die ehemalige Amazonenfürstin.
„Eidbrüchig? Lass uns miteinander kämpfen, und mein Schwur wird sich erfüllen.“
Bevor Farina den Schwarzen Dolch ziehen konnte, befahl die Hohepriesterin: „Ergreift alle drei! Wir werden Neria selbst fragen, bis dahin sind diese Personen unter Arrest.“
Sofort gehorchten die Amazonen, und sie wurden in ein Zelt geführt, während im Lager ein Tumult losbrach. Leandra hörte heraus, dass die meisten Farina glaubten, also war Akrissa keine beliebte Königin.
Leandra und Farina waren zusammen an einen Pfahl gebunden worden und Akrissa am gegenüberliegenden.
„Es ist gut gelaufen“, sagte Farina. „Du hast den Respekt der Hohepriesterin gewonnen.“
Akrissa schnaubte: „Ich werde euch hinrichten lassen.“
Farina sah ihre Feindin so düster an, dass sie verstummte. Leandra schätzte, dass so ungefähr sechs Stunden vergingen, bis sechs Amazonen ins Zelt traten.
„Die Vorbereitungen sind beendet.“
Sie banden Leandra, Farina und Akrissa los und geleiteten sie aus dem Zelt. Die Nacht war hereingebrochen, und am Strand hatten die Amazonen einen Kreis aus Steinen errichtet, in dessen Mitte ein großes Feuer loderte. Vor den hoch züngelnden Flammen stand Ciara in ihrem prächtigsten Priestergewand.
„Tretet zu mir in den Kreis“, befahl sie.
Die drei schritten über die Linie des Kreises, und Leandra hatte kurz das Gefühl einen Widerstand zu spüren. Rasch schaute sie Farina an. Diese hatte anscheinend nichts bemerkt, und ihrer Miene nach zu urteilen, glaubte sie nicht, dass das Ritual gelang.
Ciara trat ein Stück zur Seite, und Leandra entdeckte eine kindshohe Säule, auf der eine goldene Schale und ein Dolch lagen. Die Hohepriesterin ergriff den Dolch.
„Gib mir eine Strähne deines Haares, Leandra.“
Nachdem sie eine Strähne abgeschnitten hatte, nahm Ciara sie und legte sie in die goldene Schale.
„Reiche den Dolch an Farina weiter. Von ihr möchte ich drei Tropfen Blut.“
Ohne zu zögern, schnitt sich die Amazone in die Handfläche und ließ ihr Blut in die Schale tropfen. Leandra bemerkte, dass winzige Schweißtropfen auf Akrissas Stirn traten, als sich die Hohepriesterin an sie wandte.
„Akrissa, gib mir den Umhang und das Diadem, die einst Königin Neria gehörten.“
Erleichtert, dass sie nur diese Dinge wollte, reichte Akrissa sie ihr. Ciara legte alles auf die Säule und flüsterte: „Neria, es nicht lange her, seit du Königin der Amazonen warst, dennoch wirst du vieles vergessen haben. Eine Haarsträhne deiner Tochter, die dein Erbe in sich trägt, das Blut der Frau, die deine Blutsschwester war sowie die Zeichen deiner Verantwortung werden dich an deine Sterblichkeit erinnern und anziehen. Ich rufe dich aus der Welt der Toten zu uns, Neria!“
Ein starker Wind erhob sich aus Norden. Sämtliche Fackeln erloschen, und selbst das große Feuer schien einen Moment um seine Existenz zu kämpfen. Der Wind heulte, als wären alle Dämonen der Nacht unterwegs, und die Amazonen wurden unruhig.
„Still!“, befahl Ciara.
Leandra hielt den Atem an, als die Luft hinter der Säule zu flimmern anfing, dann erschien aus der Erde ein Schatten. Langsam verdichtete sich sein Äußeres zu Nerias Gestalt.
„Warum hast du mich gerufen? Die Toten haben mit den Lebenden nichts zu schaffen.“
In der Stimme lag tiefer Hass, den man nur empfinden konnte, wenn man jemanden um etwas so sehr beneidete, dass man an nichts mehr Freude fand. Das konnte unmöglich ihre Mutter sein.
„Du bist nicht unsere verstorbene Königin, lass Nerias Seele mit uns sprechen“, befahl die Hohepriesterin dem Geist, der wie ihre Mutter aussah.
Die Gestalt veränderte sich, und ein Gerippe stand vor ihnen.
„Ihre Seele jagt mit den Winden.“
„Gehe und bringe sie her.“
Der Schatten öffnete die Kiefer, und Leandra wusste nicht, ob das ein Grinsen oder ein Zähnefletschen sein sollte. Im nächsten Moment war er verschwunden, und als sich das zweite Mal Nerias
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