Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
gemacht, doch wir haben drei befreit. Eine von ihnen ist Caja, und sie möchte Euch sprechen.“
„Caja?“ Sie war eine von Ibens Amazonen, und bestimmt hatte sie eine Nachricht. „Schick sie sofort herein.“
„Jawohl, Eure Hoheit.“
Akrissa hatte Caja als eine Frau in Erinnerung, die für eine Kriegerin viel zu fröhlich und ausgelassen gewesen war. Die Erben der Vohraner töteten gewöhnlich Amazonen, manchmal aber nahmen sie sich einige als Spielzeug und tobten ihren Hass an ihnen aus. Solch eine Zeit konnte einen Menschen starkmachen.
„Meine Königin“, Caja trat ein, „ich grüße Euch.“
Caja hatte ohne jede Betonung gesprochen, und ihre Augen waren leer. Wie ein zerbrochenes Schwert , dachte Akrissa. Völlig nutzlos.
„Was ist in Kendon geschehen?“
„Der Junge ist geflohen, und Iben und die anderen nahmen die Verfolgung auf.“
„Wie konnte er euch entkommen?“
„Er war vorbereitet gewesen.“
Akrissa brauchte eine Weile, bis sie den Sinn dieser Worte erfasste. „Wie meinst du das?“
„Der Papagei des Sehers war dort und plapperte die Worte: wichtige Nachricht.“
Akrissa hatte das Gefühl, als würde sich eine Hand um ihre Lunge legen, und ein pulsierender Hass ergriff von ihr Besitz. Enos! Er hatte es gewagt, ihre Pläne zu durchkreuzen! Sie stürmte aus dem Gemach, und die anderen Amazonen wichen vor ihr zurück. Keine wagte, sie anzusprechen oder aufzuhalten. Sie stieß die Tür zu Enos Gemächern auf, und der Seher drehte den Kopf in ihre Richtung.
„Mit welchem Recht empfindet Ihr Zorn? Habt Ihr nicht eine viel schlimmere Tat verübt?“
Mit einem zornigen Schrei zog Akrissa ihr Schwert und durchbohrte Enos, der nicht einmal versuchte auszuweichen. Sein Gesicht zeigte ein Lächeln.
„Ich sehe - Euer Ende.“
Nach diesen Worten starb er, und plötzlich begriff Akrissa, was diese Tat für sie bedeutete. Einen Unbewaffneten zu töten, war bereits eine Schande. Enos war als Blinder auch noch völlig hilflos gewesen. Für immer würde ein Makel an ihrer Ehre haften.
Hastig wischte Akrissa das Blut vom Schwert ab und steckte es in die Scheide. Ihr musste etwas einfallen, wie sie Enos Tod rechtfertigen konnte.
Schon als sie sich Vendan näherten, begriff Timor, dass das keine gewöhnliche Stadt war. Efeu wucherte über die Mauer, und an einigen Stellen hatte der Stein der Umarmung der Pflanze schon nachgegeben.
„Wenn keine Kinder vor den Toren spielen würden, könnte man fast denken, die Stadt wäre verlassen“, sagte Leandra.
„Die Göttin des Glücks und der Gaukler liebt die Schatten, und in dieser Stadt gibt es einen besonderen Kult.“ Adain dreht sich zu Timor. Während er die Handfesseln löste, sprach er weiter: „Jetzt werden wir kaum jemanden auf den Straßen finden, denn die Bewohner arbeiten in der Nacht und schlafen am Tag.“
„Und was ist mit den Kindern?“
„Die dürfen raus, wenn es ihnen gefällt. Irgendwo muss noch ein Erwachsener sein, der etwas auf sie aufpasst.“
Sie näherten sich der Stadt, und als die Kinder sie sahen, hörten sie auf zu spielen. Sie waren zwischen acht und zwölf Jahren alt. Eigentlich hätte Timor erwartet, dass sie ihnen entgegen liefen und mit Fragen bestürmten. Diese Kinder blieben, wo sie waren.
„Hallo“, sagte Adain, „könnt ihr uns sagen, wo wir den Tempel der Karuna finden?“
Ein blondes Mädchen lächelte.
„Wenn ihr euch hinab begebt, findet ihr ihn.“
Mit einem Schrei liefen die Kinder davon.
„Seltsame Stadt, seltsame Kinder.“ Leandra schüttelte den Kopf. „Ihre Worte bedeuten wohl, dass der Tempel unter Erde liegt, also müssen wir den Eingang finden.“
Sie betraten die Stadt, und wie Adain es vorausgesagt hatte, war niemand zu sehen.
„Wo sollen wir die Suche beginnen?“, fragte Leandra.
„Ich glaube nicht, dass Karunas Tempel am Marktplatz ist. Vielleicht ist der Eingang auch in einem gewöhnlichen Haus.“
Timor seufzte und wurde rot, als sein Magen laut knurrte.
„In zwei Stunden wird es dunkel, lasst uns bis dahin suchen und anschließend in ein Wirtshaus gehen“, schlug sein Vater vor. Leandra und Timor stimmten zu, und nach erfolgloser Suche gingen sie bei Einbruch der Dunkelheit ins Wirtshaus Schattenspiel . Nur wenige Leute saßen an den Tischen und frühstückten, und das Seltsame war, dass sich in der Mitte des Raumes ein großes Loch befand. Als sie sich ihm näherten, sahen sie, dass eine gewundene Treppe hinab führte.
„Was ist das?“
Eine Schankmaid, die an ihnen vorbeieilte, warf
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