Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
dir genommen.“
„Was muss ich tun?“
„Unter dem Schutz unserer Göttin stehen Gaukler. Leider widerfährt ihnen oft Unrecht, deshalb sollst du einen vor einem solchen retten.“
„Das will ich gern tun, wird der Fluch mich dabei behindern?“
Die Hohepriesterin lächelte.
„Nein, auch wenn dich weiterhin viele Ärgernisse erwarten, außerdem werde ich dir eine besondere Münze mitgeben. Komm her.“
Timor gehorchte, und die Frau gab ihm eine Kupfermünze. Die eine Seite zeigte einen Gehenkten, die andere ein lächelndes Gesicht.
„Das ist das Zeichen, dass du von Karuna verflucht bist. Weil alle Menschen einen Verfluchten in einem gewissen Maß beistehen sollen, wird sie dir sicher bei Erfüllung deiner Aufgabe helfen.“
„Ich danke Euch.“
„Noch etwas-“
„Ja?“
„Leg deinen Geldbeutel auf dem Altar.“
Einen Moment war Timor geschockt, dann gehorchte er ohne Widerrede. Eigentlich gehörte er schon Karuna, allerdings war im Geldbeutel mehr als damals, da jeder vom gesamten Geld ein Drittel bei sich führte. Wahrscheinlich sah die Göttin Leandras Anteil als Zinsen an. Er unterdrückte ein Seufzen und verabschiedete sich von der Hohepriesterin, um zu seinem Vater und Leandra zurückzukehren.
„Was hat die Priesterin gesagt?“, fragte die Amazonenprinzessin, als Timor sich setzte. „Warum machst du so ein Gesicht?“
„Ich soll einen Gaukler vor Unrecht bewahren“, sagte er, „und ich musste meinen Geldbeutel opfern.“
Entschuldigend sah er Leandra an, aber die lächelte.
„Ohne Karuna hätte ich das Geld gar nicht gewonnen, darum ist es in Ordnung.“
Adain meinte: „Wir sollten weiter nach Nenreth reisen.“
„Warum nach Nenreth?“
„In dieser Stadt steht der Haupttempel von Isidor, und Gaukler haben es schwer. Lasst uns hier übernachten und morgen früh aufbrechen.“
Am nächsten Morgen rief Akrissa die adeligen Amazonen im Thronsaal zusammen, um ihnen zu erklären, weshalb sie Enos getötet hatte. In den Augen ihrer Untertanen las Akrissa Unverständnis und eine Form des Abscheus. Sie musste ihren Ärger runterschlucken. Akrissa war ihre Königin, und gerade deshalb verlangten sie viel von ihr, und sie war sich auch bewusst, dass sich irgendwo eine Priesterin verborgen hielt, die all ihre Worte der Hohepriesterin vortragen würde.
„Vor vielen Jahren spülte das Meer einen Blinden an unserem Strand, und wir gewährten ihm ein neues Zuhause, damit er den Amazonen mit seiner Gabe dienen konnte. Leider blieb er, wie ich gestern erfuhr, im Herzen ein Mendarner, und der schlimmste Verrat, den er begehen konnte, war uns vorzuenthalten, dass der Heilige Schild gestohlen werden würde. Mit anderen Worten er wollte, dass der Schild gestohlen wird.“ Die Amazonen stießen zornige Rufe und Verwünschungen aus. „Dies versetzte mich so in Wut, dass ich ihn eigenhändig niederstreckte. Wir haben keinen Platz für einen Seher, der uns belügt und falsche Informationen gibt. Es gibt nur eins, worauf wir vertrauen können.“ Sie warf ihren Umhang zurück und legte die Hand auf das Schwert. „Auf unsere Stärke.“
Einige stimmten ihr laut zu, während andere nur nickten, doch keine tadelte mehr ihr Verhalten. Akrissa lächelte. Nun musste sie noch die Hohepriesterin überzeugen. Am Nachmittag war es so weit, eine Botin Ciaras bat sie in den Tempel.
Als Akrissa vor der Hohepriesterin stand und in ihre kalten, hellblauen Augen sah, geriet ihre Selbstsicherheit ins Wanken.
„Nach deinen Worten war Enos ein Verräter, dennoch hattest du kein Recht, ihn zu bestrafen.“
„Vergebt mir, ich war blind vor Zorn. Natürlich weiß ich, dass die Entscheidung über seine Bestrafung Euch zugestanden hätte.“
Die Hohepriesterin sah sie ernst an.
„Eine Königin muss in allen Angelegenheiten einen kühlen Kopf bewahren, vor allem im Krieg.“
„Es wird nicht wieder vorkommen“, versprach Akrissa und fühlte sich wie ein junges Mädchen.
„Bald wird es sich zeigen, ob deine Worte wahr sind. Wie geht der Bau der Schiffe voran?“
„Im Frühjahr sind wir bereit.“
Ciara schloss die Augen, und nach einer Weile erschien ein Lächeln auf ihren Lippen.
„Es wird einen Krieg geben, der die Welt daran erinnert, wie mächtig die Amazonen sind. Akrissa, lass mich allein.“
Rasch verneigte sich die Königin und ging. Sie wünschte, sie wäre nicht auf die Hohepriesterin angewiesen.
Die Reise nach Nenreth barg für Timor verschiedene unangenehme Überraschungen, seine Begleiter blieben wie versprochen davon
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