Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
einem jungen Ding wie du erst recht nicht.“
„Hüte deine Zunge.“
„Wir sind nicht so wie die Männer, die du kennst.“
Sie ließ die Sehne los, und der Pfeil schlug wenige Zentimeter neben der Schläfe des einen Räubers ein.
„Gut zielen kann sie“, murmelte dieser, und der andere Mann zog den Geldbeutel hervor.
„Was hältst du von einem kleinen Zweikampf? Der Sieger erhält das Geld.“
„Du kannst keine Siegprämie vergeben, die dir nicht gehört.“
„Momentan ist das Geld in meinen Besitz, außerdem darf eine Amazone keine Herausforderung ausschlagen.“
„Ich glaube nicht, dass die Herausforderung von einem Räuber bindend ist.“
„Ich bin kein Räuber, kleine Amazone. Ihr habt uns unser Land gestohlen, und der Ehre wegen fordere ich dich heraus.“
Langsam ließ sie den Bogen sinken.
„In Ordnung.“
Leandra legte ihre Sachen ab, während der Mann sein Schwert zog, dann nahm sie ihren Kampfstab.
„Mit diesem Zahnstocher willst du mich besiegen?“
Er vollführte einen Ausfall, und Leandra schlug ihm die Beine weg.
„Gib ihm die Geldbörse wieder“, sagte sie.
„Nicht so schnell.“ Der andere Räuber sprang sie von hinten an und legte einen Riemen um ihren Hals. Sie griff mit der linken Hand hinein, bevor er ihn ganz zu ziehen konnte.
„Ich werde dich erwürgen, kleines Biest.“
„Ja, zeig es ihr.“ Der andere Räuber stand auf. „Ich will sehen, wie sich ihr Gesicht blau färbt.“
Ein Horn erschallte in der Nähe, und Leandra erkannte am Ton, dass es ihr eigenes war. Der Händler musste es genommen haben.
„Verdammt, bring ihn zum Schweigen. Mit ihr werde ich schon alleine fertig.“
Unwillig gehorchte er und verschwand. Das war ihre Chance, aber der Vohraner war so stark, und der Riemen zog sich immer mehr zusammen. Sie tastete nach ihrem Amazonendolch und stach ihm ins Bein. Endlich war sie frei und wirbelte herum, um ihren Gegner in den Bauch zu treten. Er fiel auf den Rücken, und Leandra ließ sich über ihn fallen. Ihr Dolch zielte auf seine Kehle.
„Ich bin nicht so leicht zu töten“, keuchte sie.
Jetzt hätte sie ihn töten müssen, dennoch tat Leandra es nicht. Natürlich hatte er ihr Zögern bemerkt und schlug sie Boden.
„Was ist, Kleine? Hast du noch nie getötet? Ich zeige dir, wie es geht.“
Er nahm ihren Dolch, doch mitten in der Bewegung verharrte er und fiel zur Seite. Aus seinem Rücken ragte ein Pfeil, und Farina kam angelaufen und fragte sie, ob sie in Ordnung wäre.
Leandra stöhnte leise und ließ sich zurück auf die Matratze sinken. Wenn Farina nicht da gewesen wäre, wäre sie nun tot. Warum hatte sie diesen Mann nicht getötet? Er war ein gemeiner Mörder und verdiente zu sterben. Leandra strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht. Vielleicht würde sie niemals einen Menschen das Leben nehmen können. Was sollte sie nur tun? Die Prinzessin wünschte, sie könnte mit Enos sprechen. Der Seher schaffte es immer wieder, ihr Mut zu machen. Aber natürlich! Sie würde ihn fragen.
Es war verboten, während der Vorbereitungszeit den Tempel der Isen zu verlassen, also musste Leandra warten, bis es dunkel war. Leise klopfte es an der Tür.
„Ja?“
Priesterin Maya trat ein.
„Die Hohepriesterin Ciara ist ausgesprochen erbost über den Vorfall.“
„Das verstehe ich, und es tut mir leid. Seid Ihr gekommen, um mir meine Strafe mitzuteilen?“
Maya seufzte.
„Heute werdet ihr nichts mehr zu essen bekommen, außerdem sollt ihr diese beiden Texte auswendig lernen. Das ist der Unterrichtsstoff für heute Nachmittag, und dies-“ Maya gab ihr einige Seite. „ist ein Gedicht über die Göttin Sadira.“
„Ein Gedicht?“
„Ja, es hat fünf Seiten.“
Leandra überflog den Text, so etwas hatte sie noch nie gelesen. Haare wie goldener Regen und liebliche Gestalt, wer benutzte solche Ausdrücke?
„Ist das alles?“
„Vorerst.“
Die Priesterin ging, und Leandra lernte die beiden Texte, bis es Nacht wurde. Dann stand sie auf und öffnete die Truhe, in der ihre normale Kleidung lag. Rasch wechselte die Prinzessin das auffällig weiße Gewand gegen Lederhose, Lederstiefel und braunes Hemd. Leise öffnete sie die Tür. Es war niemand zu sehen, und Leandra huschte durch die Gänge in den Garten.
Nahe der Mauer stand eine kräftige Eiche, an der sie hochklettern konnte, aber sie würde ein Seil brauchen, um wieder in den Tempel zu kommen. Die Amazonenprinzessin sah sich um, und als ihr Blick beim Brunnen hängen blieb, kam ihr eine Idee. Der Eimer stand auf einem
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