Leaving Paradise (German Edition)
als ich, klüger als ich, hübscher als ich, mit langen, schlanken Beinen und dichtem schwarzen Haar.«
Mrs Reynolds hebt den Blick zu mir und fährt fort. »Ich war damals das dicke Kind mit den leuchtend roten Haaren, das Kind bei dessen Anblick man unbewusst zusammenzuckte. Einen Sommer brachte ich in den Semesterferien einen Jungen vom College mit ins Sommerhaus meiner Eltern. Ich hatte Gewicht verloren, ich stand nicht länger im Schatten meiner Schwester und hatte endlich das Gefühl, mehr wert zu sein, als ich je geglaubt hatte zu verdienen.«
Ich sehe es bildlich vor mir. »Also haben Sie Ihre Ängste überwunden und sich verliebt?«
»In der Tat, ich verliebte mich Hals über Kopf. Sein Name war Fred.« Mrs Reynolds schweigt kurz, dann seufzt sie. »Er behandelte mich, als sei ich das unglaublichste Mädchen, das er je getroffen hatte. Zumindest solange, bis meine Schwester auf einen Überraschungsbesuch vorbeikam.« Sie blickt mir direkt in die Augen und zuckt mit den Schultern. »Ich habe ihn dabei ertappt, wie er sie an dem Tag, nachdem sie angekommen war, beim Bootssteg küsste.«
»Oh, mein Gott.«
»Ich hasste sie deswegen, beschuldigte sie, mir den Freund ausgespannt zu haben. Also packte ich meine Sachen, verließ das Sommerhaus und habe nie wieder ein Wort mit einem von ihnen gewechselt.«
»Sie haben nie wieder mit ihrer Schwester gesprochen?«, frage ich. »Nicht ein Mal?«
»Ich bin nicht einmal zu ihrer Hochzeit gegangen, die zwei Jahre später stattfand.«
Mir steht der Mund offen. »Sie hat Fred geheiratet?«
»Ganz genau. Und sie hatte vier Kinder mit ihm.«
»Wo sind sie jetzt?«
»Ich habe einen Anruf von einem ihrer Kinder erhalten, dass Lottie vor ein paar Jahren gestorben ist. Fred lebt in einem Altersheim. Er hat Alzheimer. Weißt du, was das Schlimmste daran ist?«
Ich bin erschüttert von ihrer Geschichte. »Was denn?«
Mrs Reynolds steht auf und tätschelt mein Knie. »Das, meine Liebe, ist das, was du ganz allein herausfinden musst.«
»Sie denken, Caleb sollte bleiben und den Pavillon bauen, oder?«, frage ich, als sie auf die Tür zugeht.
»Diese Entscheidung überlasse ich dir. Er wird nicht zurück ins Gefängnis müssen, wenn es nicht funktioniert. Das würde ich niemals zulassen. Ich habe den Eindruck, er ist ein Junge, der seine Fehler wiedergutmachen möchte, Maggie. Er wartet unten auf deine Antwort.«
Sie verlässt den Dachboden. Ich höre das Schlurfen ihrer orthopädischen Schuhe bei jeder Stufe, die sie nimmt. Kann ich nicht einfach hierbleiben – zwischen Spinnen und Spinnweben und antiken Truhen, die mit den Erinnerungen einer alten Dame gefüllt sind?
Ich kenne die Antwort bereits, als ich aufstehe und die Treppe hinuntergehe, um der einen Person gegenüberzutreten, der zu begegnen ich bisher um jeden Preis vermieden habe.
Er sitzt vorgebeugt auf dem Sofa im Wohnzimmer, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Als er mich reinkommen hört, hebt er den Kopf und sieht mich an. »Und?«
Ich sehe, er ist nicht gerade glücklich darüber, dass die Entscheidung bei mir liegt. Caleb war immer derjenige, der die Karten in der Hand hielt und wusste, welche er ausspielen musste, um seinen Willen zu bekommen. Aber nicht dieses Mal. Ich würde ihm so gerne befehlen zu verschwinden. Als Bestrafung dafür, dass er meine Liebe nicht erwidert hat. Aber ich weiß, das wäre idiotisch, kindisch und dumm. Abgesehen davon liebe ich Caleb nicht mehr. Ich mag ihn nicht einmal mehr. Ich bin überzeugt, dass er mir nicht länger wehtun kann, weder körperlich noch emotional. »Du kannst bleiben.«
Er nickt und will aufstehen.
»Warte. Ich habe zwei Bedingungen.«
Seine Augenbrauen schießen nach oben.
»Erstens, du wirst niemandem erzählen, dass wir zusammenarbeiten. Zweitens, du wirst nicht mit mir reden … ich ignoriere dich und du ignorierst mich.«
Ich denke schon, er will protestieren, denn seine Lippe kräuselt sich und er runzelt die Augenbrauen, als hielte er mich für bescheuert.
Doch dann sagt er: »Okay. Abgemacht«, und geht hinaus in den Garten.
Ich finde Mrs Reynolds in der Küche, wo sie am Tisch sitzt und einen Tee trinkt.
»Ich habe ihm gesagt, er könne bleiben«, informiere ich sie.
Mrs Reynolds wirft mir ein knappes Lächeln zu. »Ich bin stolz auf dich.«
»Ich nicht.«
»Du wirst darüber hinwegkommen«, sagt sie. »Bist du bereit, weitere Blumenzwiebeln zu pflanzen?«
Ich ziehe einen alten, abgetragenen Overall aus meinem Rucksack, damit
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