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Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)

Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)

Titel: Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Düringer , Clemens G. Arvay
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zu machen, indem ich sie wissen lasse: „Hey Leute, ich bin auch da, ich mache das auch. Ihr seid nicht alleine!“
    Es gibt immer mehr Menschen, die den großen Systemen der Macht, den Konzernen, der Industrie, nicht mehr dienen möchten. Viele glauben, Freiheit sei es, durch Einkaufszentren zu schlendern und „frei“ zu sein, alles zu kaufen, was man will. Die wirkliche Freiheit ist, wenn du durch ein solches Shoppingcenter gehst und dort nichts findest, was du brauchst. Das ist in meinen Augen Freiheit.
    Bevor wir konkreter über mein Experiment sprechen, möchte ich gleich noch etwas vorausschicken: Da es mir darum geht, wieder mit den Werkzeugen der Siebzigerjahre auszukommen, müsste das konsequenterweise auch bedeuten, keinen Computer und auch dasInternet nicht mehr zu verwenden. Vielleicht wird das für mich der letzte Schritt sein. Irgendwann ziehe ich den Stecker meines Computers, melde mein Internet ab und dann gibt es auch das Videotagebuch nicht mehr online. Eine Zeit lang möchte ich meine Beobachtungen aber noch übers Internet öffentlich teilen.

Mobilität
    Clemens G. Arvay: Viele deiner Fans kennen dich in deiner Rolle als „Benzinbruder“. Du hast eine besondere Geschichte mit Autos hinter dir, hattest früher auch sehr viele Autos in deiner Halle stehen. Wie hat sich dein innerer Wandel vom Autofreak zum Autoasketen, der so selten wie möglich Auto fährt, vollzogen? So etwas passiert ja nicht von heute auf morgen.
    Roland Düringer: Ja ja, der „Benzinbruder“. Ich selbst habe mich nie als Benzinbruder bezeichnet, es gab auch nie eine Figur, die ich einen Benzinbruder nannte. Eines meiner bekanntesten Stücke hieß aber „Die Benzinbrüder“ und war auch damals schon eine kritische, satirische Auseinandersetzung mit dem Auto. Letztendlich starb darin die Hauptfigur „Karl Opel“, ein VW- GTI -Fan, in seinem Auto, nachdem er sich beim GTI -Treffen nachts um einen Baum gewickelt hatte. Den Titel „Benzinbruder“ verliehen mir in der Folge dann die Medien.
    Ich besaß damals tatsächlich eine Zeit lang wahnsinnig viele Autos, beschäftigte mich auch mit diesen und fuhr hin und wieder auch Autorennen. Ich drehte mit einem Formel-1-Wagen einige Runden, besaß ein Ralley-Auto und viele andere Spielzeuge. Redaktionen von Autozeitschriften engagierten mich für Testfahrten. „Düringer“ und „Auto“ waren in der öffentlichen Wahrnehmung untrennbar miteinander verbunden. Auch heute stehen in meinerGarage noch einige alte Datsun 240Z, ein klassischer japanischer Sportwagentypus der Siebziger und einer meiner Kindheitsträume.
    Als ich über mein Experiment „Gültige Stimme“ nachdachte, war mir zunächst klar, dass die größte Veränderung in meinem Leben sicher der weitgehende Verzicht auf das Auto sein würde, da dieses ganz tief mit mir verbunden ist. Ich wuchs mit Autos auf und das Benützen dieser Gehprothesen war absolute Normalität für mich. Autofahren war etwas, wodurch man sich profilieren konnte.
    Das bedeutet aber nicht, dass ich pausenlos mit Autos herumfuhr. Es ging mir um die Objekte an sich und ich entwickelte eine Art Sammelleidenschaft dafür. Autos wie von Porsche, Ferrari oder anderen gängigen Marken interessierten mich nie. Ich hatte ganz andere Autos: Liebevoll restaurierte, wilde amerikanische Kisten aus den Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahren, Hot Rods und Muscle-Cars. Man könnte fast sagen, es waren Kunstobjekte. Mein Vater hatte die Ami-Schlitten immer als „Strizziautos“ bezeichnet. „Strizzi“ ist Wienerisch und bedeutet „Zuhälter“. Wahrscheinlich dachte ich mir irgendwann: „Zum Strizzi hat es bei mir nicht gereicht, dann muss ich mir wenigstens ein Strizziauto zulegen.“ (lacht)
    In den Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahren gab es wunderschöne Autos. Damals bauten noch Menschen diese Vehikel. Als ich ein Kind war, konnte man die Autos an ihren „Gesichtern“ erkennen. Man konnte sofort sehen, aus welchem Land sie stammten. Schon von weitem konnte man sagen: „Dies ist ein Italiener, das ein Franzose und das andere ist ein deutsches Auto.“ Diese Autos waren wie eine Art Spiegel der Kultur oder der Menschen, die sie gebaut hatten. Da schwang noch viel mehr mit als heute. Gewissermaßen konnte man an dem Wagen, den jemand fuhr, erkennen, welcher Menschentyp er oder sie war. Man sagt ja, dass sich ein Haustier – ein Hund zum Beispiel – an den Herrn anpasst, also dass diebeiden einander ähnlich werden, weil eine

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