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Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)

Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)

Titel: Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Düringer , Clemens G. Arvay
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Werkzeug im Öffentlichen Verkehr ist mein Smartphone. Ich besitze ja nach wie vor ein solches Gerät, benutze es aber nicht zum Telefonieren, sondern zum Abrufen von Fahrplänen. Das ist etwas wirklich Nützliches. Ich gebe dann einfach ein, wo ich bin, wohin ich möchte und zu welcher Zeit, dann bekomme ich innerhalb von einer Minute die genaue Route ausgespuckt. Das ist ein wirklich hilfreiches Werkzeug.
    Wenn ich öffentlich unterwegs bin, muss ich mir genau überlegen: „Wie komme ich da oder dort hin?“ Und in meinem Fall: „Komme ich dort spätabends auch wieder weg?“
    Zurück nach Hause komme ich in der Nacht, nach meinen Auftritten, aber meistens nicht mehr. So, wie ich es früher gewohnt war – dass ich mich nämlich nach der Show ins Auto setze und einfach heimfahre – läuft es nicht. Jetzt nächtige ich in der Regel vor Ort. Das hat den großen Nachteil, dass ich dann weniger oft bei meiner Frau bin. Ich muss aber sagen, dass ich auch früher nach meinen Auftritten nicht immer gleich nach Hause fuhr. In den letzten Jahren empfand ich es eigentlich als zu gefährlich, in der Nacht nach einem langen Tag mit dem Auto nach Hause zu brettern. Nach meinen Auftritten bin ich müde und nach Mitternacht dann richtig bettschwer. Das macht eben das Alter. Der Vorteil des Übernachtens vor Ort ist, dass ich auf diese Weise Ortschaften und Städte zu Fuß kennenlerne, die ich sonst nur oberflächlich während der Zufahrt zum Parkplatz vor dem Veranstaltungslokal wahrgenommen hätte. Mit dem öffentlichen Verkehr zu fahren bedeutet für mich, mehrim Leben zu stehen, als ich es mit einer Gehprothese tun würde, die wir „Auto“ nennen. Man könnte auch sagen: „Bürgerkäfig“.
    Den Begriff „Gehprothese“ habe ich von Hermann Knoflacher übernommen. Das Auto ist nach dieser Sichtweise eine technische Unterstützung, um zu gehen. Wenn man nicht gehen will oder kann, setzt man sich ins Auto.
    Ich verzichte aber nicht gänzlich aufs Autofahren. Schließlich geht es mir nicht darum, mir oder vielleicht sogar der Welt zu beweisen, wie toll ich bin, weil ich ganz ohne Auto auskomme. Mein Auto transportiert mich zum Bahnhof. Teilweise gehe ich zu Fuß dorthin oder nehme das Fahrrad. Mit dem Rad stoppte ich vor Kurzem die Zeit: Von zu Hause bis zum Bahnhof benötige ich 23 Minuten – da geht es vor allem bergab. Zurück ist es eine Stunde. Aber auch dabei gewinne ich Zeit, da ich an den Tagen, an denen ich mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahre, keinen Sport mehr zu machen brauche. Im Januar, bei zwei Grad unter null, im Nebel und um ein Uhr morgens, erspare ich es mir aber, 60 Minuten lang den Berg hinaufzuradeln. Das möchte ich mir nicht zumuten. Es würde auch keinen Sinn machen, da solche Strapazen mein Leben nicht bereichern, sondern mich sogar Lebensqualität kosten würden. Ich bin ja auf der Suche nach einem guten Leben und nicht nach einem schlechteren. (lacht) Gewisse Kompromisse halte ich daher für sinnvoll. Also fahre ich, wenn nötig, mit dem Auto zum Bahnhof.
    Im Frühjahr 2013 habe ich mir sogar ein Auto gekauft. Diese Aktion war Teil meines Versuchs. Der Wagen, ein alter Citroën BX mit Dieselmotor aus dem Baujahr 1991 und mit 195.000 Kilometern auf dem Tacho, kostete mich 600 Euro. Ich möchte herausfinden, wie lange man bei meiner geringen jährlichen Kilometerleistung mit einem Auto für 600 Euro fahren kann. Ich hinterfrage damit die Absurdität dieser neuen Autos, die man sich heute kauft, und die ein Schweinegeld kosten. Ich bin neugierig, wie lange derWagen fährt. Es kann natürlich sein, dass er in drei Monaten kaputt ist, und ich mir wieder einen kaufen muss – um 600 Euro. Aber das möchte ich ausprobieren, das ist ein Teil meines Versuchs.
    Clemens G. Arvay: Die Autoindustrie tut ja sehr viel dafür, uns einzureden, es sei beispielsweise sogar aus ökologischen Gründen notwendig, ständig neue Autos zu kaufen. Es gibt sogar immer wieder sogenannte „Ökoprämien“, die man erhält, wenn man einen Gebrauchtwagen zurückgibt, ihn verschrotten lässt, und dafür einen nagelneuen kauft. Aber ist der Kauf von ständig neuen Autos wirklich umweltschonender im Vergleich zum Ausnutzen von älteren, gebrauchten? Fest steht, dass der „Neuwagen-Kaufrausch“ vor allem einer Seite nutzt – nämlich der Industrie.
    Roland Düringer: Zu behaupten, der Kauf von neuen Autos sei umweltbewusster als der Kauf von gebrauchten, ist großer Unsinn. Ich glaube, für die Produktion einer Tonne

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