Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)
Menschen, die kritische Ansätze verfolgen, dann doch oft nach den ultimativen Schuldigen suchen. Verschwörungstheoretiker – leider stark im Kommen – kaprizieren sich immer auf irgendeine bestimmte Lobby oder eine bestimmte Gruppe, manchmal sogar auf ein Volk, das für alles Negative verantwortlich sein soll.
Gerade, wenn es ums Geldsystem und um die Banken geht, muss man traurigerweise feststellen, dass unter manchen Kritikern wieder antisemitische Tendenzen aufkeimen. Das empfinde ich als sehr bedenklich, zumal die Kritik am Bestehenden sowie der Aufbau von Neuem gerade im Finanzwesen extrem wichtig wären. Solche Bestrebungen sind aber natürlich nur dann interessant, wenn sie frei von menschenverachtenden Theorien sind, in denen einfach ein bestimmtes Volk für verantwortlich erklärt wird.
Roland Düringer: Das wundert dich? Willkommen auf der Erde! (lacht)
Es war in der Geschichte schon immer so, dass man sich Sündenböcke suchte. Bevor es so weit kommt, dass sich die Menschen gegenseitig auf der Straße abschlachten, sucht man sich einen Schuldigen, den man „ans Kreuz nageln“ kann. Damit ist dann die Menge wieder beruhigt, weil man hat ja den Schuldigen gefunden und meint: Jetzt wird sich alles ändern. Es hat sich auf diesem Weg aber noch nie ernsthaft etwas geändert, es geht immer gleich weiter und auch viele Revolutionen, die auf dem Planeten passiert sind, haben zu noch mehr Leid geführt. Ob das nun die Französische Revolution war oder die Oktoberrevolution, es war danach immer noch schlimmer als zuvor.
Wir brauchen keine Revolution, sondern wir brauchen Evolution . Wichtig wäre die Weiterentwicklung jedes einzelnen Individuums. Im Prinzip wäre es eine ganz einfache Sache: Wir bräuchten allemiteinander einfach nicht mehr mitspielen. Und mit „alle“ meine ich all jene, die heute noch Handlungsspielraum haben, die auf die Gewinnerseite des Systems gefallen sind. Wenn wir wollen, dass sich das Geldsystem, so wie wir es jetzt kennen, in Schall und Rauch auflöst, bräuchten wir alle nur auf die Bank zu gehen und unser Geld zu holen. Nach dem Zehnten an der Kasse würden sie sagen: „Es tut uns leid, Geld gibt’s nicht. Wir haben es nicht mehr.“ Dann wär’s das eigentlich. Dass da etwas auf uns zukommen wird zeichnet sich immer mehr und mehr ab, und die Beschwichtigungen der Politik sind höchst unglaubwürdig. Dass der Staat versuchen wird, sich möglichst viel von uns zu holen, weil er schwer in der Kreide steht, ist auch klar. Sie holen sich von uns das fehlende Geld über Steuern oder, wenn nicht so, dann über die Inflation.
Dass es ein paar wirklich Superreiche gibt, bei denen das Vermögen immer mehr wird, das glaube ich schon. Eigentlich ist es nicht das Geldvermögen, denn davon haben sie ja nichts, sondern es sind die Werte. Sie wandeln das Geld in Vermögen um. Diesen Unterschied zu erkennen – zwischen Geld und wahrem Vermögen – ist sehr wesentlich. Wir sind jetzt viele Jahre dem Geld hinterhergelaufen, ohne zu erkennen, dass das Geld letztendlich, wenn von höherer Stelle beschlossen, keinen Wert hat.
Ich habe also beschlossen, nur bar zu bezahlen und benutze keine Bankkarte mehr, um einzukaufen. Ich habe dann mehr Bezug zu meinem Geld und sehe, wie viel ich zur Verfügung habe. Auch Papiergeld ist zwar kein „richtiges“ Geld mehr, aber mit Karten zu bezahlen ist noch schlimmer. Das ist wirklich nur mehr virtuell – es sind Zahlen im Computer.
Wer sich ein wenig mit dem Geldsystem auseinandergesetzt hat, weiß, dass nur circa zehn Prozent der Geldmenge, die in Umlauf ist, Bargeld ist, also Scheine oder Münzen. Der Rest sind Zahlen in Computern. Das ist natürlich sehr bequem, funktioniert aber nuraus einem einzigen Grund, nämlich weil alle an dieses virtuelle „Geld“ glauben. Man meint, Nullen und Einsen in EDV -Systemen hätten einen Wert, um den man sich etwas kaufen könne. Jedes Kind hatte in den Siebzigern noch das Bild im Kopf, wonach die schick gekleideten Herren und Damen auf der Bank die Guten seien. Am Weltspartag gingen wir Kinder mit unseren Eltern zur Bank und bekamen als Geschenk einen Schraubenzieher, der drei Tage hielt, oder eine Taschenlampe, die schon beim Hinausgehen kaputt war. Dafür zahlten wir zehn Schilling auf das Sparbuch ein.
Wir „wussten“ dann, dass der Bankbeamte, der ja so nett war und deswegen so seriöse Kleidung trug, auf unser Geld aufpasste und uns für die zehn Schilling irgendwann zehn Schilling und zwanzig
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