Lebe die Liebe
vor ihnen anfing zu schleudern, und es dauerte eine ganze Weile, bis der Fahrer ihn wieder unter Kontrolle hatte.
»Es wird nicht besser«, sagte Diana leise, »höchstens schlimmer.«
Caine gab keine Antwort, nickte nur. Er hielt den Blick angestrengt auf die Straße gerichtet, soweit man sie überhaupt noch erkennen konnte. Er lebte schon lange genug in dieser Gegend und hatte schon so viele Schneestürme mitgemacht, dass ihm schnell klar wurde, dass sie sich immer mehr dem Zentrum des Sturms näherten, statt ihn hinter sich zu lassen. Auf der Gegenfahrbahn sahen sie zwei Autos ineinanderfahren. Es war Gott sei Dank nur ein leichter Unfall. Schweigend fuhren sie weiter.
Caine hatte den Wagen schon im Rückspiegel gesehen, aber Diana schrak zusammen, als er mit einer für diese Straßenverhältnisse wahnsinnigen Geschwindigkeit an ihnen vorbeifuhr und plötzlich anfing zu schlingern. Unwillkürlich hielt sie den Atem an, während Caine leise vor sich hin fluchte und alle Mühe hatte, den schweren Jaguar beim Abbremsen in der Spur zu halten.
Bei der nächsten Abfahrt bog er von der Straße ab. »Es ist nicht zu verantworten, bei diesem Wetter weiterzufahren«, sagte er. »Beim nächsten Hotel halten wir an und übernachten da.«
Bereits einige Minuten später kniff Caine die Augen zusammen und sah durch den Schneesturm ein Neonschild leuchten. »Ich glaube, wir haben Glück.«
»Na bitte, ein Motel«, sagte Diana vergnügt, als sie das Schild sah, auf dem der letzte Strich des Ms ausgefallen war.
»Eine Luxusherberge ist das bestimmt nicht«, meinte Caine und bog in die kaum noch zu erkennende Einfahrt ein.
»Solange es nur ein Dach hat, soll mir alles recht sein.«
Als Caine den Motor abgestellt hatte, öffnete Diana die Tür und stand sofort mehr als knöcheltief im Schnee. Er kam um den Wagen herum und half ihr beim Aussteigen. Dann stemmten sie sich gemeinsam gegen den Sturm und stapften durch den Schnee auf eine Tür zu, über der ein Schild mit der Aufschrift »Büro« leuchtete.
Die Tür quietschte laut, und als sie eintraten, schlug ihnen warme Luft entgegen, die schwer war von kaltem Tabakrauch und abgestandenem Bier. Hinter einer kleinen Theke saß ein Mann und las. Jetzt hob er den Kopf und sah sie desinteressiert an. »Ja?«
»Wir hätten gern zwei Zimmer für diese Nacht«, sagte Caine. Das Ganze machte den Eindruck eines Hotels, in dem man normalerweise Zimmer nur stundenweise mietete.
»Hab nur noch eins«, antwortete der Mann und warf dann einen Blick auf Diana. »Der Schneesturm ist gut fürs Geschäft, was?«
Diana blickte Caine an und beschloss dann, die Bemerkung einfach zu überhören. Sie wusste, dass er auf ihre Entscheidung wartete, ob sie auch dieses eine Zimmer nehmen sollten. Sie zögerte nicht lange. »Wir nehmen es.«
Der Mann langte nach hinten und nahm einen Schlüssel vom Brett. »Das Zimmer ist im Voraus zu bezahlen«, sagte er und hielt den Schlüssel fest.
»Kann man hier irgendwo noch etwas zu essen bekommen?«, fragte Caine, während er das Geld auf die Theke zählte.
»Das Restaurant ist eine Tür weiter. Geöffnet bis zwei Uhr. Ihr Zimmer liegt auf der linken Seite, Nummer siebenundzwanzig. Wenn Sie bis morgen früh zehn Uhr nicht geräumt haben, müssen Sie für eine weitere Nacht bezahlen.«
Caine nahm den Schlüssel, bedankte sich und führte Diana wieder hinaus in den Schnee.
»Freundlicher Mensch«, bemerkte Diana, während sie sich durch den immer dichter fallenden Schnee den Weg zu ihrem Zimmer suchten. »Hast du gerade etwas von Essen gesagt?«
»Hungrig?«, fragte Caine und blieb vor Nummer siebenundzwanzig stehen.
»Und wie! Ich bin schon hungrig, seit …«
Diana brach ab, als sie einen Blick in das Zimmer warf. Es bestand hauptsächlich aus einem riesigen Bett. Aber selbst die Tatsache, dass es sich nur um ein Bett handelte, konnte sie im Moment nicht schocken. Viel mehr interessierte sie dieses seltsame Zimmer. Die Wände waren rosa gestrichen, auf dem überdimensionalen Bett lag eine mit großen Blumen in allen Farben gemusterte Decke, und die Vorhänge vor dem Fenster zeigten ein anderes, aber nicht weniger farbenfrohes Muster. Ein Albtraum! Die übrige Einrichtung bestand nur noch aus einem Stuhl, einem Fernseher und einem fadenscheinigen Läufer, der bis zur Badtür ging. Das Ungewöhnlichste jedoch war ein großer, schon leicht matter Spiegel an der Decke über dem Bett.
»Nun, das Grandhotel ist es nicht gerade«, meinte Caine schmunzelnd
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