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Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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erklärte er ernst. »Es ist gegen die Konferenzbestimmungen, daß Delegierte verschiedener Mächte miteinander fraternisieren. Aber Ihre junge Freundin hier übte einen gewissen Druck auf mich aus.«
    Barbara errötete. »Nicht gegen Ihren Willen«, erinnerte sie ihn laut. »Das Ganze ist nicht weniger in Ihrem Interesse als in unserem.«
    »Das stimmt«, gestand er zu. »Aber es ist bei uns nicht üblich, daß wir gegen Bräuche verstoßen – auch nicht gegen die anderer Rassen.«
    Ich war immer noch im dunkeln, was sie mit ihrem Besuch bei mir bezweckten. Da begann er auch schon zu erklären. »Ist Ihnen etwas an der Wortwahl des Vorschlags aufgefallen, den der rheanische Delegierte heute zur Sprache brachte?« fragte er. »Nein? Das dachte ich mir. Es sollte auch nicht beachtet werden. Würde der Vorschlag angenommen, bedeutete es das Verbot der Konstruktion aller existierenden Kriegsschiffstypen. Jene, die bereits erbaut sind, würden entweder vernichtet oder so umgeändert werden, daß sie nie wieder für Kriegszwecke benutzt werden könnten. Und eine gründliche Überwachung durch eine fähige Polizei würde jegliche Übertretung dieses Gesetzes unmöglich machen. Ich habe Grund zur Annahme, daß die Oberonier bereit sind, sich genau an diese Bestimmung zu halten, auf den Buchstaben genau. Aber nicht mehr!«
    Hier unterbrach ihn Barbara mit düsterer Miene. »Was er damit sagen will, Lee, ist die Klausel in der Definierung von Schlachtschiffen. Ich lese sie dir vor. Das Konstruktionsverbot gilt für ›alle Schiffe, ganz oder zum größten Teil aus Stahl, Eisen, einem ähnlichen eisenhaltigen Metall oder einer allotropischen Form davon, mit Ausnahme von …‹ Nun, den Rest erspare ich dir. Die Ausnahme sind kleine Schiffe. Na, siehst du den Haken?«
    »Nein«, gestand ich ehrlich. »Man kann Passagier- und Frachtschiffe ohne Metall bauen, aber ein Kriegsschiff braucht eine Panzerung gegen Strahlenkanonen, und die läßt sich nicht ohne Eisenlegierungen herstellen, etwas anderes ist nicht widerstandsfähig genug. Die Erde hat bereits so gut wie alles andere durchprobiert.«
    »Ja, die Erde! « konterte sie. »Aber ist dir denn noch nicht eingegangen, daß das Oberonische Imperium nicht die Erde ist? Es unterscheidet sich beträchtlich von ihr – und dieser Unterschied ist wichtig. Die Oberonier haben eine allotropische Form von Quecksilber entwickelt. Sie ist härter als jeder bisher hergestellte Stahl. Als Strahlenschutz könnte sie gar nicht idealer sein. Sie ist leichter als der übliche Stahl, und sie scheint jegliche Voraussetzung für die Verarbeitung für Schlachtschiffe zu besitzen. Aus unserem Gesichtspunkt hat sie jedoch einen Fehler – bei normalen Erdtemperaturen ist sie flüssig.«
    Ich verstand. »Kannst du beweisen, was du da sagst?« fragte ich gespannt. »Woher weißt du das überhaupt alles?«
    Der Merkurier antwortete an ihrer Statt. »Wir vom Merkur haben eine besondere Fähigkeit, Gedanken zu lesen. Wir benutzen sie jedoch normalerweise nicht, weil das unhöflich wäre. Aber hin und wieder bedingt eine Situation es. Sie werden verstehen, daß ich mir die Beweisführung nicht leisten kann, denn dazu müßte ich zugeben, daß ich die Privatsphäre des oberonischen Delegierten verletzt habe.«
    Das sah ich ein. Ich mußte mir also etwas einfallen lassen. Ich wollte gerade damit anfangen, als Barbara sagte: »Das ist noch nicht alles. Es gibt tatsächlich ein geheimes Oberonisches Reich! Auch das las unser Freund hier in den Gedanken des rheanischen Delegierten. Es wird von einem Diktator regiert, nicht dem ehemaligen Kaiser, noch einem seiner Nachfolger. Der Diktator ist ein alter fanatischer Militarist, der den Kaiser überhaupt erst zum Krieg zwang. Wir konnten seinen Namen nicht erfahren, dafür aber etwas anderes. Er befindet sich gegenwärtig in einem Kriegsschiff, das aus dem neuen Material hergestellt wurde, und zwar irgendwo im Raum, keine hundertfünfzigtausend Kilometer von hier.«
    Mehr als eine Stunde diskutierten wir drei über das Problem, ohne jedoch zu einer brauchbaren Lösung zu kommen. Obgleich die hohe Intelligenz des Merkuriers außer Zweifel stand, war er offenbar nicht in der Lage, sich etwas Konstruktives für unser Dilemma einfallen zu lassen. Seine Stimmung wurde immer düsterer, je länger wir uns berieten. Schließlich verabschiedete er sich, nachdem er sich vergewissert hatte, daß er unbeobachtet in seine eigenen Räumlichkeiten zurückkehren konnte. Er sagte,

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