Leben Ist Jetzt
die Enkelkinder den Großeltern eher anvertrauen, weil sie sich nicht bewertet fühlen. Sie dürfen auch von ihren Ängsten erzählen oder
von den Verletzungen, die sie erfahren haben, von ihren Empfindlichkeiten und von ihren Sehnsüchten. Sie können auch von ihren Konflikten mit den Eltern
reden, ohne dass sie beurteilt werden. Sie wissen, dass die Großeltern das, was sie ihnen erzählen, bei sich behalten. Das öffnet ihr Herz. Und das
begründet Vertrauen.
Großeltern geben etwas Besonderes weiter
Großelternzeit, so schrieb jemand, sei eine religiöse Entwicklungs- und Erziehungszeit. Großeltern sollten religiöse
Erziehungsdefizite wettmachen und den Enkeln Glauben vermitteln. Ich würde das so nicht formulieren. Denn damit wird den Großeltern wirklich eine Last
aufgebürdet, die ihnen nicht gut tut. Sie müssen die Enkelkinder nicht erziehen. Sie müssen auch die religiösen Defizite der Eltern nicht ausgleichen. Die
Großeltern haben in diesem Sinn keine Verantwortung für die Erziehung der Enkelkinder. Es braucht die innere Freiheit der Großeltern ihren Enkeln
gegenüber. In dieser Freiheit können dann die Großeltern mit ihren Enkeln auch vom Glauben sprechen. Die Enkelin meines Bruders möchte mit ihm immer in
die Kirche gehen. Kinder sind von sich aus oft neugierig. Und auf diese Fragen sollen die Großeltern eingehen. Sie sollen auch erzählen von ihrem Glauben,
der sie getragen hat. Aber sie sollen den Enkeln den Glauben nicht aufdrücken. Sie können nur erzählen und das weitergeben, was sie erfahren haben. Aber
sie sollen sich nicht unter Druck setzen, dass sie die Enkel überzeugen oder zum religiösen Leben hinführen müssten. Sie sollen vertrauen, dass das, was
ihrer eigenen Erfahrung entspringt, auch in den Enkeln zu einem Samen wird, der irgendwann einmal aufgeht. Ich habe in Gesprächen mit Jugendlichen oft
erfahren, dass sieden Glauben vor allem von der Großmutter gelernt haben. Das hat viele ihr Leben lang geprägt. Manche haben sich vom
Glauben der Großmutter oder des Großvaters getragen gefühlt. Und manche haben bei den Großeltern ihre Liebe zum Beten gelernt. Manche verdanken gar ihre
Berufung zum Ordensleben oder zum Priestertum der Frömmigkeit der Großeltern. Aber wenn die Großeltern ihre religiöse Erziehung zu sehr verzwecken, wenn
sie damit unbedingt etwas erreichen wollen, dann erreichen sie die Enkelkinder nicht. Dann erzeugen sie eher Widerstand in ihnen.
Vielleicht geht die Beziehung aber auch umgekehrt. Nicht nur die Großeltern geben etwas Besonderes weiter. Auch die Enkel geben etwas
Besonderes. Die Großeltern selber können nämlich über die Enkel wieder einen Zugang zu ihrer eigenen Kindheit bekommen, zu den verschütteten Möglichkeiten
des Spielens und des ganz einfachen Lebens und auf ganz natürliche Weise „werden wie die Kinder“. Vielleicht öffnet die Beziehung zu den Enkeln ihnen
daneben auch den hoffnungsvollen und liebenden Blick in eine Zukunft – über das eigene zeitlich begrenzte Leben hinaus.
Männer-Frauen
Frauen erleben das Älterwerden anders als Männer
Natürlich gibt es keine generellen Regeln, wie Frauen das Älterwerden erleben. Aber dass Frauen vor ganz eigenen Herausforderungen
stehen, das sagen viele. Für Frauen spielt die „biologische Uhr“ eine Rolle, die Wechseljahre und damit der Abschied von der Gebärfähigkeit. Andere
spüren das „Leere-Nest-Syndrom“ besonders intensiv, wenn die Kinder aus dem Haus gehen. Schönheitsideale spielen eine Rolle, die von den Medien und der
Werbung vorgegeben werden. Aber auch Veränderungen in den Beziehungen, wenn die Partnerschaft in die Jahre – und damit vielleicht in die Krise
kommt, die zur Folge hat, dass Männer sich einer jüngeren Frau zuwenden. Vielfach ist auch die Pflege der alten Eltern ein Thema, das Frauen ganz
besonders betrifft.
Viele Frauen, die sich sehr von ihrem Äußeren her definieren und denen es wichtig ist, in der Gesellschaft als jung und schön
wahrgenommen zu werden, haben Probleme mit dem Altwerden. Gesichtsfalten oder graue Haare verursachen dann Angst. Älterwerden wird etwas Bedrohliches,
wenn Frauen spüren, dass sie sich verabschieden müssenvon der Sehnsucht, gesehen zu werden. Die Angst vor dem Altwerden ist eine
Herausforderung, sich über die wahren Werte Gedanken zu machen. Der tiefste Wert eines Menschen besteht nicht darin, von anderen gesehen zu werden,
anerkannt zu sein, als
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