Leben Ist Jetzt

nicht
     gleich dran kommen wollen, kann man das beobachten.
    Diese Unruhe ist meistens ein Zeichen für die Angst, nicht mehr gebraucht zu werden. Durch die Umtriebigkeit zeigt man, dass man noch gebraucht
     wird. Andere haben Angst vor der Leere, die auftaucht, wenn sie nicht mehr ihre alte Tätigkeit ausüben. Daher wollen sie sich selbst und den anderen
     beweisen, dass sie ihre Arbeit noch lange bewältigen können. Manchmal ist diese Unruhe auch irrational. Sie haben das Gefühl, sie müssten noch dies oder
     jenes schaffen. Manchmal decken sie auch die Angst vor dem Sterben mit ihrer Aktivität zu.

    Auch Männer müssen lernen, im Älterwerden andere Werte in sich zu entwickeln: die Weisheit und Reifedes
     Alters. Auch hier gibt es den Archetyp des weisen alten Mannes, des Einsiedlers, zu dem die Menschen kommen, um Rat zu suchen. Wer durch die Umtriebigkeit
     hindurch gegangen ist, der gelangt oft zu einer großen inneren Ruhe. Dann geht von ihm etwas aus. Er wird dann zum Weisen, zu dem man gerne geht, um
     Orientierung im eigenen Leben zu finden.

    Für die Männer ist die Pensionierung oft ein stärkerer Einschnitt als für die Frauen. Sie haben sich lange vom Beruf her
     definiert. Jetzt werden sie nicht mehr gefragt. Sie haben ihre Rolle verloren, die sie im Berufsleben gespielt haben. Sie waren Abteilungsleiter oder
     Vorarbeiter. Sie galten etwas. Sie haben sich mit ihrer Rolle identifiziert. Jetzt müssen sie ihre Identität jenseits der Rolle finden. Sie als Mensch
     sind gefragt, mit ihrer Lebenserfahrung, aber vor allem mit ihrem Charakter. Jetzt muss sich zeigen, welche Person hinter der Rolle hervorkommt.

    Männer tun sich auch schwerer mit dem Nachlassen der körperlichen Kräfte. Wenn sie erkennen, dass sie handwerklich nicht mehr so
     geschickt sind, weil die Hände zittern, dass sie nicht mehr die Kraft haben, hohe Berge zu besteigen oder mit den Skiern steile Hänge abzufahren, dann
     fällt es ihnen oft schwer, sich mit dieser Begrenzung auszusöhnen. Wenn sie krank sind, neigen sie dazu, es zu verdrängen. Oderaber sie
     werden wehleidig und kreisen nur noch um ihre Krankheiten. Oft werden sie dann depresssiv, sehen keinen Sinn mehr in ihrem Leben. Zur Krankheit zu stehen,
     ohne wehleidig darum zu kreisen, ist für den Mann keine leichte Aufgabe. Aber manche reifen daran.
    Manche haben auch Probleme, wenn ihre sexuelle Potenz nachlässt. Die Pharmaindustrie hat sich die Angst der Männer vor dem Nachlassen ihrer Potenz
     zunutze gemacht und potenzsteigernde Pillen entwickelt. Doch Männer, die ihren Wert nur aus der sexuellen Potenz beziehen und nicht erkennen, dass im
     Alter andere Werte und Stärken gefragt sind, bleiben innerlich stehen. Sie entwickeln sich nicht weiter.

    Immer wieder begegne ich auch älteren Männern, die nach der Pensionierung von ihrer Frau verlassen wurden. Die Frau hat es nicht mehr
     ausgehalten, weil die Ehe für sie leer geworden ist. Das ist eine tiefe Kränkung für den Mann. Er hatte gedacht, er sei ein guter Ehemann. Er habe
     finanziell für die Familie gesorgt und alle Kraft für sie eingesetzt. Aber vielleicht hat er die Beziehung vernachlässigt. Jetzt ist sie leer geworden. Er
     ist innerlich stehen geblieben, während seine Frau sich weiter entwickelt hat. Männer tun sich dann schwer, für sich allein zu sorgen. Doch es gibt auch
     Männer, die dann aufwachen. Sie werden gute Hausmänner, halten das Haus sauber, kochen für sich. Und sie machen sich auch aufeinen
     inneren Weg. Sie fangen an, Bücher zu lesen, Kurse zu besuchen. Sie spüren, dass sie menschliche Defizite haben. Nun wollen sie dem Geheimnis des
     Menschseins auf die Spur kommen. Aber es ist immer ein Prozess der Trauer, durch den sie hindurch gehen müssen. Manche überspringen diesen Prozess und
     gehen sofort auf die Suche nach einer neuen Frau, weil sie es allein nicht aushalten. Ich muss erst betrauern, dass meine Ehe gescheitert ist, dass ich
     als Mann innerlich zurück geblieben bin. Dann werde ich auf dem Grund meiner Seele neue Fähigkeiten und Möglichkeiten entdecken.

Partnerschaft: Die Liebe neu entdecken
Im Alter fühlt sich Liebe anders an
    Erfahrungen, wie sie im Folgenden eine Frau um die 60 schildert, sind nicht ungewöhnlich: „Mein Mann hat sich in eine jüngere Frau
     verliebt. Er meint, es sei die Frau seines Lebens. Wir sind 35 Jahre glücklich verheiratet. Jetzt droht unsere Ehe auseinander zu gehen.“

    Es ist leider oft so, dass sich ältere Männer in