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Leben Ist Jetzt

Titel: Leben Ist Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün
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alte
     Menschen, die im Alter noch wunderbare Freunde gefunden haben, mit denen sie sich gut verstehen. Immer ist in dieser Freundschaft auch die Atmosphäre von
     Freiheit. Man benutzt den Freund nicht, sondern lässt ihn frei. Man ist dankbar für die Freundschaft und für die innere Verbindung, die auch im Alter
     möglich ist. Wer im Alter neue Freunde gefunden hat, soll diese Freundschaft genießen. Sie ist ein Segen für das Alter.

    Die alten Freundschaften bekommen im Alter eine neue Bedeutung. Da erfahren wir Treue. Ich kenne viele alte Menschen, die sich im
     Alter auf einmal an die alten Freunde erinnern und wieder Kontakt mit ihnen aufnehmen. Andere verbringen mehr Zeit mit den alten Freunden als früher. Sie
     spüren, dass esihnen gut tut, Erinnerungen auszutauschen, aber auch darüber zu reden, wie es einem im Alter geht und wie man mit den
     Herausforderungen des Lebens heute umgeht. Es ist schön, wenn alte Freunde einander ehrlich sagen können, wie es ihnen jetzt geht. Im Alter werden Freunde
     offener und ehrlicher. Sie müssen voreinander keine gute Figur mehr machen. Sie können ihr Leben ungeschönt erzählen und auf diese Weise annehmen und sich
     damit aussöhnen. Freundschaft ist im Alter ein hohes Gut.
Keiner ist überflüssig, jeder ist wertvoll
    Alte Menschen fragen oft: „Wie kann ich mich heute noch nützlich machen?“ Oder sie klagen: „Ich bin doch zu nichts mehr nutze.
     “ Dabei ist oft gar nicht die Frage nach dem Nutzen gemeint. Es geht um die Frage nach dem Sinn, nach der Zugehörigkeit und der Anerkennung durch die
     anderen, die für uns in allen Lebensphasen wichtig ist. Niemand soll sich überflüssig fühlen. Das würde ihn nicht nur innerlich nach unten ziehen, es
     verrät auch die eigene Würde. Als Menschen sollen wir uns nicht von der Nützlichkeit her definieren, also nicht von dem, was wir noch leisten können. Wenn
     jemand noch zupacken kann, dann soll er es dort tun, wo er es für sinnvoll erachtet, in der Pfarrei, in dem Verein, in dem er sich engagiert, oder bei
     Nachbarn, die der Hilfe bedürfen. Und er darf dankbar sein, dass er noch für andere da sein kann. Das gibt ein gutes Gefühl, das Gefühl, noch gebraucht zu
     werden und für andere etwas tun zu können. Aber wer von seiner Gesundheit oder der inneren Situation her nicht viel für andere tun kann, der kann immer
     noch für andere beten. Meine Mutter hat ihre sehr reduzierte Sehkraft dazu benutzt, für die Menschen zu beten, zunächst für ihre Kinder und Enkelkinder,
     aber dann auch für all die Menschen, von deren Not sie im Radio oder im Fernsehen erfahren hat. Auf diese Weise hat sie sich noch nützlich gefühlt. Sie
     hat gespürt,dass sie auch in ihrer Krankheit noch etwas beitragen konnte für andere. Unsere alten Mitbrüder, die auf der Krankenstation
     liegen, kommen aus eigenem Antrieb täglich am Nachmittag zusammen, um gemeinsam den Rosenkranz zu beten, einmal für die Anliegen unserer Gemeinschaft,
     aber auch für all die Nöte dieser Welt. Auf diese Weise fühlen sich die alten Mitbrüder noch wertvoll. Sie haben noch eine Aufgabe. Auch wenn sie nach
     außen nichts leisten können, können sie für andere beten. Und sie vertrauen darauf, dass ihr Gebet für die anderen zum Segen wird.

5. Zu sich selber finden
    E ine chassidische Weisheit sagt: „Nur für die Einfältigen ist das Alter der Winter. Für die Weisen ist es
     die Zeit der Ernte.“ Es kommt immer auf den Blick an. Wenn ich das Alter als Winter deute, dann beginne ich zu frieren, wenn ich an die Zeit denke, die
     auf mich zukommt. Doch wenn ich es als Zeit der Ernte sehe, dann freue ich mich darauf, die Ernte zu genießen. Ernte bedeutet nicht nur, dass ich im Alter
     auf meine Leistungen zurückblicken kann, auf das, was ich beruflich geleistet habe, auf die Projekte, die ich in Gang gebracht habe, auf die Familie, die
     ich gegründet habe und an der ich mich nun erfreuen darf, wenn sie immer weiter wächst. Ernte meint vielmehr, dass ich selbst zur Frucht geworden bin,
     dass ich zu mir selbst gefunden habe, zu meinem wahren Wesen. Seit jeher feiert man Erntefeste, bei denen man die Früchte der Ernte genießt. So kann auch
     das Alter zum Genießen dessen werden, was in uns gewachsen ist.

    Das Ziel des Älterwerdens ist, in Einklang zu kommen mit meinem wahren Wesen, mit dem ursprünglichen Bild, das Gott sich von mir
     gemacht hat. ImAlter geht es nicht mehr darum, etwas zu leisten, sondern etwas zu sein. Ich

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