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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Mass
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Süßigkeiten? Du weißt, dass ich mit Begeisterung Süßigkeiten überallhin mitnehme, wo wir sind, aber warum gerade bei diesem Einsatz?«
    »Puh«, sagt sie. »Um den Wachmann vom Sicherheitsdienst zu bestechen, natürlich.«
    Ich muss lachen. »Glaubst du vielleicht, ein Wachmann lässt uns in einem fremden Büro herumschnüffeln, weil du ihm eine Packung Twizzlers schenkst?«
    »Ich hab eher an eine Tüte Skittles gedacht«, sagt sie. »Und wenn er uns dann trotz Kaubonbons immer noch nicht reinlässt, müssten wir’s mit einem Riesen-Snickers schaffen.«
    Da könnte sie allerdings recht haben. Er müsste ein Mann von starker Willenskraft sein, um ein Riesen-Snickers abzulehnen.

    »Und wenn das auch nicht funktioniert«, sagt sie und löst ihre Haare aus dem Pferdeschwanz, »dann werde ich eben zu meinen weiblichen Waffen greifen.«
    »Was für weibliche Waffen sollen das sein?«
    Sie schüttelt ihre offenen Haare und formt mit ihren Lippen einen Schmollmund.
    Ich breche in lautes Gelächter aus. »Du siehst wie einer meiner Fische aus!«
    Sie verfolgt mich quer durchs Zimmer, schwenkt dabei Haare und Hüften und spitzt die Lippen.
    »Weil ich grade von meinen Fischen rede«, sage ich, während ich zur Tür renne. »Ich muss sie füttern. Katze und Hund haben sich gestern Nacht gegen Frettchen verbündet. Ich möchte sichergehen, dass sie ihn nicht aufgefressen haben.«
    Lizzy sagt: »Du hast ja bloß Angst vor meiner weiblichen Energie.« Sie schließt die Tür hinter mir. Ich schüttle mich kurz. Normalerweise sehe ich Lizzy überhaupt nicht als Mädchen. Das stört nur.

    Am Sonntagmorgen werde ich von dem Geräusch wach, das ein großer Lkw beim Zurücksetzen macht. Piep, piep, piep. Die Bremsen zischen, als der Lkw zum Stehen kommt. Welchen Grund soll ein großer Lkw haben, vor unserem Haus zu parken? Außer …
    Ich springe aus dem Bett und spähe durch die Jalousien. Tatsächlich, es ist ein Umzugslaster! Unsere neuen Nachbarn sind da! Ein kleiner roter Wagen hält hinter dem Lkw und alle vier Türen öffnen sich. Als Erstes sehe ich vier blonde Köpfe.
Mutter, Vater, Junge, Mädchen. Alle vier recken gleichzeitig den Hals und schauen an unserem Gebäude hoch. Der Vater deutet zuerst aufs Dach, auf dem am Unabhängigkeitstag die Leute sitzen und das Feuerwerk anschauen, dann weiter unten auf das Fenster der Wohnung, in die sie einziehen werden. Er sieht nicht wie ein Baseballspieler der Minor League aus oder wie ein Zirkusartist oder wie irgendetwas sonst, das ich mir erhofft hätte. Stattdessen trägt er einen Anzug, was mir an einem Sonntag merkwürdig vorkommt und an einem Umzugstag noch merkwürdiger.
    Da sich mein Fenster nur ungefähr drei Meter über ihren Köpfen befindet, sehe ich sie sehr gut. Der Junge macht ein finsteres Gesicht und das Gesicht des Mädchens ist irgendwie verknittert. Braune Make-up-Streifen verlaufen von ihren Augenwinkeln nach unten. Sie muss geheult haben. Ich würde ihnen gern zurufen, dass man hier sehr gut leben kann, da ich aber in meinem ganzen Leben noch nicht umgezogen bin, kann ich mir nicht so recht vorstellen, wie sie sich fühlen. Ich jedenfalls gedenke, für alle Zeiten hierzubleiben.
    Jetzt geben die Eltern den Möbelpackern Anweisungen und die Kinder lehnen sich ans Auto. Der Junge verschränkt die Arme und kickt mit dem Fuß gegen den Boden, während das Mädchen sich eine Haarsträhne um den Finger wickelt. Ich will gerade Mom holen und ihr erzählen, dass die neuen Nachbarn da sind, als ich unseren Nachbarn von oben, den fünfjährigen Bobby Sanchez, die Treppe vor dem Haus hinunterflitzen und auf das Auto zurennen sehe. Seine Mutter läuft hinterher und versucht, ihn einzufangen.
    »Hi!«, sagt Bobby zu den neuen Kids und streckt ihnen seine Hand entgegen.

    Ich kann ihn durch mein Fenster deutlich verstehen, aber der neue Junge tut, als hätte er nichts gehört. Das Mädchen quält sich ein Lächeln ab und schüttelt ihm die Hand. »Ich heiße Samantha«, sagt sie. »Der unfreundliche Typ da ist mein Bruder Rick. Wir ziehen heute ein.«
    »Cool!«, sagt Bobby, kratzt sich mit einer Hand am Kopf und scharrt mit den Füßen. Dieses Kind kann keine Sekunde still stehen.
    »Ich bin fünf«, ergänzt er. »Wie alt seid ihr?«
    »Wir sind vierzehn«, antwortet Samantha. »Wir sind Zwillinge, aber ich bin sechs Minuten älter.«
    Rick tritt ihr gegen das Schienbein und sie zuckt zusammen. »Wenn es aber wahr ist!«, sagt sie. Ein Donnergrollen ertönt und alle

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