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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Mass
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nicht sofort und ich versuche, Lizzy eine telepathische Botschaft zu senden: Biete ihm das Riesen-Snickers an … das Snickers! Aber entweder empfängt sie meine Botschaft nicht oder sie ignoriert sie. Schließlich sagt der Wachmann: »Alle Besucher müssen sich an der Rezeption anmelden. Bitte folgen.«
    Unsere Schultern sacken nach unten, so erleichtert sind wir, und wir gehen hinter ihm her zu der lang gestreckten Marmortheke in der Ecke der Eingangshalle, die zu übersehen uns beim Hereinkommen irgendwie gelungen ist. Er tritt hinter die Theke und streckt die Hand aus. »Führerschein«, sagt er in einem Ton, der verrät, dass er das schon viele Male gesagt hat.
    Lizzy und ich tauschen einen erstaunten Blick aus. Ich
wusste , dass ich als Geschäftsmann durchgehen könnte! »Äh, wir sind erst zwölf«, sagt Lizzy.
    »Beinah dreizehn«, füge ich rasch hinzu.
    »Schulausweis?«, fragt er.
    »Es sind doch Ferien«, entgegnet Lizzy.
    Der Wachmann seufzt. »Na schön. Ihr müsst hier unterschreiben.« Er schiebt uns ein Klemmbrett über die Theke. »Und dann mache ich von euch jeweils ein Einzelfoto.«
    »Ein Foto?«, frage ich nach.
    Er nickt. »Jeder Besucherpass hat inzwischen ein Foto.«
    Das läuft alles nicht so glatt, wie ich gehofft hatte.
    Lizzy unterzeichnet auf dem Klemmbrett und schiebt es weiter zu mir. Sie hat mit Tia Castaway unterschrieben, dem Namen des Mädchens aus Die Flucht zum Hexenberg, unserem Lieblings-Disney-Film, als wir klein waren. Ich bekomme einen leichten Tritt gegen das Schienbein, und da wir ja jetzt angeblich Geschwister sind, unterschreibe ich sorgfältig mit Tony Castaway und schiebe dem Mann das Klemmbrett zurück.
    Er macht unsere Fotos mit einer Kamera, die mit dem Computer hinter der Theke verbunden ist. Wenige Sekunden später spuckt der Drucker zwei Besucherausweise aus. Er übergibt sie uns mit der Anweisung, die Folie auf der Rückseite abzuziehen und die Ausweise ständig »an der Person« zu tragen. Wir beeilen uns, zum Fahrstuhl zu kommen, und kleben uns die Ausweisschilder an die Brust, ohne einen einzigen Blick darauf zu werfen. Erst als wir im sicheren Fahrstuhl sind, bemerke ich, dass mir mein Gesicht von Lizzys Shirt entgegenblickt; ein Auge ist geschlossen und drunter steht der Name Tony Castaway gedruckt. Schnell tauschen wir die Ausweise.
    »Der Aufzug ist ganz schön langsam«, stelle ich fest.

    »Jep«, sagt Lizzy. »Mir kommt es fast vor, als würden wir uns gar nicht bewegen.«
    Ich schaue auf das Bedienungsfeld mit den Zahlen. »Das liegt daran, dass keiner von uns den Knopf für unser Stockwerk gedrückt hat!« Ich beuge mich vor und drücke die 14. Der Aufzug ruckelt ein bisschen und fährt dann aufwärts.
    Wir fangen an zu lachen. Lizzy sagt: »Man könnte denken, wir sind noch nie von zu Hause weg gewesen.«
    Ich beobachte die Stockwerksnummern, wie sie nacheinander aufleuchten, wenn wir das jeweilige Stockwerk ansteuern. »Wusstest du«, erkläre ich Lizzy, »dass die meisten Gebäude keinen dreizehnten Stock haben, weil die Zahl 13 angeblich Unglück bringt? Natürlich ist nach wie vor ein dreizehnter Stock da; nur nennen sie ihn den vierzehnten.«
    Lizzy verengt die Augen zu Schlitzen. »Du willst damit sagen, dass wir kein Glück haben werden, weil wir zum vierzehnten Stock fahren?«
    Vielleicht sollte Lizzy lieber nicht zuhören, wenn ich mein Wissen über die Welt mitteile. »Ach, vergiss, dass ich etwas gesagt habe.«
    Als sich die Türen öffnen, steigen wir aus und folgen den Schildern zur Suite 42. Auf dem Weg kommen wir an diversen Geschäftsleuten vorbei, die uns samt und sonders entweder ignorieren oder mit dem gezwungenen Lächeln bedenken, das Erwachsene üblicherweise für Kinder übrig haben und bei dem sich lediglich die Mundwinkel nach oben bewegen. Schließlich finden wir die richtige Tür. Das Namensschild aus Messing mit der Aufschrift FOLGARD AND LEVINE, ESQUIRES ist noch immer daran befestigt. Lizzy tritt einen Schritt zurück und gibt mir ein Zeichen, dass ich die Tür testen
soll. Ich hole tief Luft und drehe den Türgriff. Natürlich bewegt er sich nicht von der Stelle.
    »Dreh ihn andersrum«, rät mir Lizzy.
    »Das funktioniert nicht«, sage ich. »Man dreht einen Türknauf zum Aufmachen immer nach rechts.« Trotzdem versuche ich’s. Ich bin so verdutzt über das Gleiten, das ich unter meiner Hand fühle, dass ich nicht eine Sekunde daran denke, die Tür aufzudrücken.
    »Wow, es hat ja doch funktioniert!«, ruft Lizzy

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