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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Mass
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hab’s im Fernsehen gesehen.«
    »Wir sind aber in New Jersey, falls dir das entfallen ist.«
    Sie zuckt die Achseln. »Dann reden wir eben mit einem ausländischen Akzent.«
    »Alles, nur kein Russisch!«
    »Ich glaub nicht mal, dass das Russisch war«, sagt Lizzy. »Komm, wir rennen um die Wette.«
    Bevor ich antworten kann, läuft sie los in Richtung Strandpromenade. Kaum zu glauben, wie sie es hingekriegt hat, dass ich mich wieder besser fühle. Ich beobachte sie beim Rennen, ihr Pferdeschwanz wippt hinter ihr auf und ab. Ich weiß, dass ich sie mit meinen abartig langen Beinen locker überholen könnte, trotz ihres Vorsprungs. Aber ich lasse es. Weil das genau das ist, was beste Freunde füreinander tun.

Kapitel 16: Krimskrams
    Überflüssig zu erwähnen, dass wir in keines der Spielkasinos hineingekommen sind. Lizzy versuchte es mit so ungefähr dem Einzigen, was ihr aus dem Französischunterricht vom letzten Jahr im Gedächtnis geblieben war. »Bonjour. Je ne comprends pas anglais« , sagte sie zu dem Türsteher im Bally, aber er lachte sie bloß aus. Nach ein paar Pizzastücken zum Mittagessen nahm Mom uns in Tante Judis Ausstellung mit, indem sie uns über die Laderampe einschleuste. Wenn ich die Kunstwerke meiner Tante bisher merkwürdig gefunden hatte, waren ihre Skulpturen praktisch normal im Vergleich zu einigen anderen, die in der Ausstellung standen.
    Die Heimfahrt war viel bequemer, weil Tante Judi vier Skulpturen an einen Glücksspieler verkaufen konnte, der fünftausend Dollar beim Roulette gewonnen hatte. »Setz immer auf dein Geburtsdatum«, hatte mir dieser Mann geraten und dabei Zigarre gequalmt. »Das ist deine größte Glückszahl.« Ich sagte ihm, ich würde es mir merken.
    Jetzt bin ich wieder in meinem Zimmer und versuche, meine Beobachtungen aus dem Museum aufzuschreiben. Es ist die dritte S.v.J., in der ich daran arbeite. Dr. Grady hat uns so viel erzählt, dass ich das in meinem Notizbuch auch gebührend
darstellen will. Nachdem ich meinen Papierkorb mit zerknüllten Blättern gefüllt habe, ist dies schließlich das Ergebnis:
    Im Museum habe ich erfahren, dass das Universum noch viel gigantischer ist, als ich dachte. Jeden Tag entstehen und erlöschen Sonnen. Unsere wird auch eines Tages erlöschen. Zeitlich gesehen sind wir Neuankömmlinge an diesem Ort, und es ist ein glücklicher Zufall, dass wir da sind. In der gesamten Geschichte wird es nur einen einzigen Jeremy Fink geben (es sei denn, ich kriege das mit der Zeitmaschine hin, dann gibt es mich zweimal, aber ich glaube eigentlich nicht mehr daran, dass das passieren wird), und jeden anderen auch nur einmal. Ich fühle mich Hund und Katze und Hamster und Frettchen jetzt näher, auch wenn sie Fische sind und ich ein Mensch. Auf einer tiefer greifenden, chemischen Ebene sind wir alle miteinander verbunden. Wir befinden uns im Universum und das Universum in uns. Selbst wenn wir einzig und allein hier sind, weil wir eben hier sind, befreit uns das nicht von der Aufgabe, unser persönliches Ziel im Leben zu definieren. Das muss ich noch ergründen, aber ich habe nicht mehr das Gefühl, es müsste jetzt sofort passieren. Ich denke, ich kann noch abwarten, bis ich herausfinde, wie viele Äpfel in mir sind. (Letzteres hat Mr Rudolph vor Kurzem beigesteuert.)

    Am nächsten Morgen bin ich mitten dabei, mich anzuziehen, als das Telefon klingelt. Mom geht dran. Kurz darauf sucht sie mich im Bad auf, wo ich mir die Zähne putze. »Das war
James«, sagt sie. »Mr Oswald geht es nicht so gut. James sagte, er ruft uns in ein paar Tagen noch mal an und gibt Bescheid, ob Mr Oswald in der Lage ist, euch wieder zur Arbeit kommen zu lassen.«
    Ich lege die Zahnbürste weg, mein Mund ist noch voller Schaum. »Ist alles in Ordnung mit ihm?«
    »James sagte, es ist nichts Ernstes. Ihr müsst euch bestimmt keine Sorgen machen. Na, das gibt euch auch Zeit, für den Jahrmarkt zu üben. In einer Woche fahren wir.«
    Meine Augen weiten sich. »Es ist nur noch eine Woche bis dahin?«
    Sie bestätigt das. »Dieses Jahr findet der Jahrmarkt früher statt und entsprechend haben deine Großmutter und ich die Reise geplant. Tut mir leid, ich dachte, du kennst die Termine.«
    Ich schüttle den Kopf. »Aber das heißt, ich bin an meinem Geburtstag dort.«
    »Ist das ein Problem?«, fragt Mom und drückt mir ein Handtuch in die Hand, damit ich mir den Mund abwische.
    »Es bedeutet, dass ich noch weniger Zeit habe, um die Schlüssel zu Dads Kassette zu

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