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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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höflich und denke: Ein Attentat? Eine Drohung? Von wem? Roter BMW. Kenne ich jemand, der einen roten BMW fährt?
    Der Sanitäter klopft an mir herum. Er bewegt mich wie eine Gliederpuppe, sagt nicht viel, stößt nur immer wieder zweifelnde Laute aus. So als sei ich doch reichlich ramponiert und daher nicht von besonderem Wert. Der Rettungsfahrer und ein Beifahrer sitzen vorne und debattieren über ein Fußballmatch, von dem ich nichts mitbekommen habe. Offenbar hat Rapid gegen Famagusta verloren. Ja und?
    „Sie müssen zum Röntgen“, sagt der Sanitäter dann.
    „Ist doch nichts gebrochen“, verteidige ich meinen Körper. Er ist vielleicht nicht mehr neu, aber ganz gut beieinander. Also bitte.
    „Da wäre ich mir bei den Rippen nicht so sicher. Stellen Sie sich vor, sie rutschen aus. Eine gesplitterte Rippe biegt sich nach innen und spießt sich in die Lunge.“
    „Wäre aber ein dummer Zufall“, versuche ich zu spotten.
    „Das Leben ist voller solcher Zufälle“, erwidert der Rettungsfahrer ernst.
    Im Versicherungsbüro scheint allen egal zu sein, wie ich mich fühle. Ich will die ganze Sache so schnell wie möglich erledigt haben und bin mit dem Taxi hergefahren. Den, der mir vor Jahren meine Versicherung verkauft hat, gibt es hier schon lange nicht mehr. Eine Frau in meinem Alter mit einer gewagten Hochsteckfrisur hat mich schließlich zu ihrem Schreibtisch mitgenommen. Großraumbüro, sehr ähnlich dem im „Magazin“. Nur dass hier eben nicht Neuigkeiten, sondern Versicherungen verkauft werden. Irgendwann wird vom Gipfel auf ihrem Hinterkopf eine Lawine abgehen, überlege ich, während sie mir etwas über Klauseln erzählt und darüber, dass ich vielleicht für das Abschleppen meines Wagens selber aufkommen müsse – komme davon, dass ich bei keinem Verkehrsklub sei. Vielleicht verkauft sie in ihrer Privatzeit Verkehrsklubmitgliedschaften? Aber man werde alles tun, damit die gegnerische Versicherung zahle. Da sehe es übrigens ganz gut aus. Sie schaut auf ihren Computerbildschirm, sie lächelt, als hätte sie ein Supersonderangebot für mich entdeckt.
    Ich will heim. Nein, ich will zu Vesna. – Was hat die Versicherungsfrau gesagt? Ich muss mich konzentrieren.
    „Der gegnerische Wagen wurde soeben als gestohlen gemeldet. Der Besitzer ist ein Gymnasialprofessor für Deutsch, Geschichte und Philosophie. Der war es nicht.“
    Sind Lehrer von vornherein unverdächtig?
    „Er hatte Unterricht. Nach dem Autodieb wird gefahndet. Eine Klage wegen Schmerzensgeld macht das natürlich schwieriger. Wenn man ihn nicht findet …“
    Das ist mein geringstes Problem.
    Ich liege auf Oskars breitem Bett auf dem Rücken, neben mir Gismo und auf dem Nachttisch ein Glas Whiskey. Es ist noch hell draußen. Ich war dann doch noch beim Röntgen. Rippe ist keine gebrochen, sie sind nur geprellt. Die Beule am Kopf wird anschwellen und wieder abschwellen. Eine leichte Gehirnerschütterung wurde diagnostiziert. Aber das sagen sie immer, wenn sich jemand den Kopf anschlägt. Ich habe eine Menge Glück gehabt. Wenn das kein Unfall, sondern ein gezielter Anschlag war? Wie konnte der Mensch, wer immer es war, sicher sein, dass er es schaffen würde, weiterzufahren? Ein ehemaliger Stuntman? Ein Rallyefahrer? Der BMW war groß und wohl auch ziemlich sicher. Mein Honda ist allerdings auch gut gebaut. Vesna ist beim Lauftraining im Wienerwald. Dreißig Kilometer stehen heute auf dem Programm. Wenn sie beim Laufen ist, hat sie ihr Mobiltelefon ausgeschaltet. Ihre Cousine, die für sie Dienst im Büro tut, hat mich auf morgen vertröstet. Wenn mich jemand mit dem Unfall gezielt außer Gefecht setzen oder zumindest einschüchtern wollte, dann kann es gut sein, dass ich bald eine entsprechende Botschaft bekomme. So etwas in der Art: „Das war die erste Warnung!“ Ähnliches habe ich ja schon erlebt. Ich quäle mich aus dem Bett, sehe meine E-Mails durch, schaue nach neuen SMS oder einer Nachricht auf der Mobilbox. Nichts.
    Ich schenke mir reichlich Whiskey nach, nehme einen großen Schluck, stelle das Glas aufs Nachtkästchen, lege mich wieder vorsichtig auf den Rücken. Sie haben mir Tabletten mitgegeben. Ein leichtes Schmerzmittel. Wer weiß, wie das bei mir wirkt? Ich nehme so Zeug sonst nie. Vielleicht höre ich gar nicht, wenn jemand einbricht und … Mira, Oskar hat eine super sichere Sicherheitstür. Und mit dem Hubschrauber wird schon keiner auf der Dachterrasse landen. Du bist hier so gut aufgehoben wie nirgendwo. Ich taste

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