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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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angefallen.“
    „Sie sind tatsächlich vor ihm gegangen?“
    „Das ist korrekt.“
    „Wären Sie ein Wolf“, sage ich langsam, „dann hätten Sie verloren.“
    „Wäre ich ein Wolf, er hätte es nicht überlebt. So sage ich mir, dass meine Antipathie lächerlich ist. Und dass es gänzlich unwichtig ist, wer zuletzt geht.“
    Ich sehe nach draußen, kaum noch Licht. Nacht in Wien, beinahe so finster wie sonst wo. Ich räuspere mich. „Weis hat mir gesagt, dass er Material über Sie hat, etwas, was das ‚Magazin‘ interessieren könnte.“
    Zerwolf entspannt sich und lacht. „Meine Güte, diese lächerliche Figur. Ich weiß, dass er herumschnüffelt.“ Dann sieht er mich an. „Sie sind an dieser Sache interessiert?“
    Ich geniere mich und schüttle den Kopf. „Ich weiß nicht einmal, worum es geht. Sie waren befreundet mit Valentin Freytag?“, sage ich dann.
    Er nickt. „Ich bin es noch, in gewisser Weise. Er hat wohl das Schlüssigste getan, was ein Philosoph in unserer Zeit tun kann. Er erfindet Fernsehshows. Leider bin ich nicht gut in so etwas.“
    Ich muss mir überlegen, was er damit meint. Es klingt jedenfalls interessant. Ich bin auf einmal unendlich müde. Ich trinke den letzten Schluck Wein. Zerwolf steht auf. „Ich bitte Sie noch um etwas“, sagt er.
    Ich sehe ihn erwartungsvoll an.
    „Unser Gespräch sollte nicht bekannt werden.“
    Mir war schon klar, dass ich darüber nicht im „Magazin“ berichten kann. Ich versuche ein verständnisvolles Lächeln. „Es passt nicht zu Ihrem Image.“
    Zerwolf schüttelt den Kopf. „Es schafft zu viele Unannehmlichkeiten.“
    Das muss ich jetzt doch noch wissen: „Warum haben Sie überhaupt gesprochen?“
    „Weil ich neugierig bin. Ich bin kein Heiliger. Nicht einmal ein Einsiedler. Es gelingt mir nicht immer, mich in mich selbst zurückzuziehen. Das ist auch, wenn man keine besonders hohe Meinung von sich hat, ganz schön anstrengend.“
    „Auf wen tippen Sie? Weis?“
    Zerwolf schüttelt den Kopf. Und damit ist seine Sprechphase beendet. Im Hinausgehen sage ich dennoch: „Wenn Sie einen Verdacht haben: bitte lassen Sie es mich wissen.“
    Es läutet. Jemand anderer soll aufmachen. Ich war gerade in der Karibik, vor mir das blaue Meer und hinter mir ein großes Glashaus mit weißen, schwebenden Gestalten. So eine Art Geisterfledermäuse. Was tun die hier? Und wer klingelt da?
    „Mira. Aufwachen.“ Oskars Stimme, ganz nah an meinem Ohr. Schön, dass er mit mir in der Karibik ist. Rütteln. „Aufwachen!“ Au, das war jetzt wirklich laut. Ich registriere ganz langsam, dass ich in unserem Bett liege und die Augen zuhabe. Ich klappe sie auf. Schwerarbeit.
    „Es ist sieben“, flüstert Oskar an meinem Ohr.
    Wenn er mir nichts Netteres zu sagen hat, soll er weggehen. Dann setzt schön langsam mein Hirn wieder ein. Zerwolf hat gesprochen. Wir haben Rotwein getrunken. Ich muss um acht in der Redaktion sein. Ich habe Oskar einen Zettel geschrieben, dass er mich bitte um sieben wecken soll. Der andere, der wichtige Zettel ist verschwunden. Wer hat ihn genommen?
    „Ich hab dir ein kleines Frühstück gemacht. Ich muss weg. Frühzug. Termin in Salzburg“, sagt Oskar, noch immer ganz nahe an meinem Ohr, als ob er Angst hätte, dass ich sonst wieder einschlafe. Ich setze mich auf. „Danke“, sage ich. Und um endgültig wach zu werden, erzähle ich ihm kurz von der verschwundenen Franziska Dasch, ihrem Schuh, von Weis, der bei der Verlegerin war, und von Zerwolf, der mit mir gesprochen hat, auch wenn es keiner wissen darf. Oskar seufzt. „Als ob die Bombendrohung nicht gereicht hätte. Sei vorsichtig.“
    Das sagt er immer. Er meint es auch so. Aber er ist nicht meine Mutter. Das erinnert mich an etwas. „Was ist mit Carmen?“
    „Ich hab sie gestern angerufen, aber sie ist nicht ans Telefon gegangen.“
    „Und ihre Mutter?“, frage ich weiter.
    „Die ist im Ausland, hat mir jemand gesagt. Hausmädchen oder Sekretärin oder so. Sie hat versprochen, ihr auszurichten, dass ich angerufen habe. Mit dem Rückruf könne es aber dauern. Bisher jedenfalls nichts.“
    Da war etwas, das mir gestern in dem ganzen Verwirrspiel eingefallen ist. „Was, wenn sie gar nicht deine Tochter ist?“ Wäre ich schon ganz wach, ich hätte das wohl nicht gesagt. Aber Oskar sieht mich nur nachdenklich an. Dann seufzt er und küsst mich, es sei schon spät, er müsse den Zug erreichen. Eine Betrügerin?, denke ich und stehe endgültig auf. Alles ist möglich, sogar

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