Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi
ohne jeden Grund behauptet? Seine Stimme wird sanfter. „Sie werden es schon bald in der Zeitung lesen. Leider nicht im ‚Magazin‘. Sie waren nicht … kooperativ genug. Er hat sich mehrmals mit radikalen Moslemführern aus Syrien getroffen, Ihre Freunde bei der Polizei werden das bestätigen. Kurz nach dem Attentat auf das World Trade Center ist es aufgeflogen. Damals hat man sich die Terrorfreunde in Europa genauer angesehen. Zu der Zeit hat er übrigens noch gesprochen. War andauernd im Fernsehen, nicht zu scheu, um sich als Experte für absolut alles aufzuspielen und seine radikalen linken Thesen mit Humanismus zu tarnen. Erst nachdem seine Kontakte aufgeflogen waren, hat er sich das mit dem Schweigen ausgedacht.“
„Gibt es einen Grund, warum Sie Zerwolf nicht leiden können?“, frage ich langsam.
Guru Weis schüttelt den Kopf. Lächeln festgefroren. Die Glatze reflektiert das Sonnenlicht, beinahe sieht es aus, als hätte er einen Heiligenschein. „Ich will nur, dass Sie wieder klar sehen. Wahrscheinlich hat er Sie dazu gebracht, den ganzen Mist zu schreiben. Ich verzeihe Ihnen. Aber Strafe muss sein. Sie sind raus aus meinem Buchprojekt.“
„Ach, und Zerwolf hat also diesen Zettel auf Ihren Schreibtisch gelegt, damit ich ihn finde und später den Schuh.“
Weis nickt. „Das halte ich für möglich. Niemand kann sich so unauffällig bewegen wie einer, von dem man annimmt, dass er sich gar nicht bewegt. Hatten Sie mit ihm E-Mail-Kontakt?“
Das werde ich Weis auf die Nase binden.
Er lächelt. „Dachte ich es mir. Er hat die E-Mail, die angeblich von Ihnen kam, gefälscht. Er hat ein Mail-Konto angelegt, das Ihren Namen trägt.“
„Er kennt meine Daten nicht, die kann er nicht kennen.“ Keine Rückzugsgefechte, Mira. Weis manipuliert, er ist gut im Manipulieren.
„Ich werde prüfen, ob die E-Mail von Ihrer Mail-Adresse gekommen ist oder ob nur der Name identisch ist. So genau habe ich nicht hingesehen. Außerdem: So schwierig ist es nicht, E-Mail-Daten zu fälschen. Was haben Sie für ein Passwort? Eines, auf das keiner so ohne Weiteres kommt?“
Verdammt, meines ist einfach „Oskar“. Darauf kann man sehr wohl kommen. Aber wenn ein Passwort zu kompliziert ist, kann ich es mir selbst nicht merken, und wer denkt schon daran, dass andere sein E-Mail-Konto nützen könnten?
Weis steht wieder auf, geht Richtung Tür. Ein Sieger. „Und noch etwas: Mit wem ist Zerwolf auf der Gala am Tisch gesessen? Mit Franziska Dasch.“
Ich lächle so spöttisch wie möglich. „Die stinkeifersüchtig auf Ida Moylen war und Ihnen hinterhergeschlichen ist.“
Weis schüttelt den Kopf und lächelt milde.
„Wir wissen, dass Sie ein Verhältnis mit Frau Moylen haben. Sie sind am Abend, an dem der Schuh gefunden wurde, bei ihr gewesen. Vielleicht um sich abzusprechen?“
Ein Zucken im Gesicht. Dann wieder Lächeln. „Sie Arme“, sagt er, deutet eine segnende Geste an und ist verschwunden.
Ich fahre in die Redaktion. Ich hätte keine Ruhe, würde ich nicht gleich herauszufinden versuchen, was hinter den Anschuldigungen von Weis steckt. Wie hat er gesagt? Ich verehre diesen Zerwolf? Sicher nicht. Ich hab es nicht so mit der Verehrung. Aber ich finde ihn deutlich sympathischer und interessanter als den Schmalspurguru. Ich gehe direkt zu Drochs Zimmer und habe Glück. Er ist noch da. Ich will wissen, was er von Weis’ Vorwürfen gegen den Philosophen hält.
Droch runzelt die Stirn. Doch, da habe es etwas gegeben, allerdings sei es nicht besonders bedeutsam gewesen. „Nach den Anschlägen waren sie ja geradezu gierig auf Kontakte zu Islamisten. Zerwolf hatte damals noch seine Philosophie-Sendung. Kannst du dich nicht erinnern?“
Ich schüttle den Kopf. Ich glaube, zum ersten Mal ist er mir aufgefallen, als das „Magazin“ groß über den einen Tag im Jahr berichtet hat, an dem Zerwolf spricht. Mich hat das Ganze an die Szene aus „Und ewig grüßt das Murmeltier“ erinnert: Jede Menge Menschen warten gespannt darauf, dass das Murmeltier an einem bestimmten Tag herauskommt, und wollen aus seinem Verhalten alles Mögliche ableiten. „Was wäre, wenn du Zuckerbrot nach den Details fragst?“, schlage ich vor. „Sie müssen da ja etwas im Archiv haben. Sie werden ihn überprüft haben.“
Droch schüttelt den Kopf. „Schon vergessen, Mira? Wir reden bei unseren Essen nicht über Berufliches.“
„Und wenn du ihn extra deswegen anrufst? Quasi halb dienstlich?“
„Aber sicher nicht. Außerdem
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