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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Glotze. Vielleicht sind hier auch bloß die Wohnwagen von Leuten abgestellt, die keine geräumige Garage haben. Die Wagen warten verstaubt am Rand der Großbaustelle, bis es wieder Sommer wird, Zeit, sie zu putzen, auszufahren und auf noch engerem Raum als daheim ein Stück Welt zu sehen. Dort das Schild: „Schotter- und Recyclingwerke Alspha“. Ich parke neben Vesnas Auto und steige aus.
    Ohrenbetäubender Lärm. Ich sehe hinüber zur Recyclinganlage. Ein enormer Bagger hebt metergroße Asphaltbrocken in das Metallungetüm, es tost und birst in seinem Inneren, gefräßiges Monster mit Magenproblemen, es raucht und kracht, aber letztlich schafft es auch die größten Bissen, und weiter drüben kullern Asphaltstückchen auf das Förderband, kieselsteingroß, harmlos wie Kinderspielzeug. Ich kneife die Augen zusammen, versuche mich an den Lärm und den Staub in der Luft zu gewöhnen und schaue unwillkürlich, ob unter den Asphaltbröckchen irgendetwas von Franziska Dasch zu erkennen ist. Unsinn. Könnte ich von hier aus gar nicht sehen. Außerdem sind wohl allein in den letzten Stunden Tonnen von Material durch die Anlage gegangen. Wann war die Spurensicherung fertig? Ich sollte herausfinden, warum das Recyclingmonster so schnell wieder in Betrieb gehen durfte.
    Jemand fasst mir von hinten an die Schulter. Ich zucke zusammen. Vesna. Ich habe sie in dem Lärm nicht kommen gehört.
    „Slobo hat sich mit zwei Arbeitern aus Bosnien angefreundet“, schreit mir Vesna ins Ohr. „Sie haben erzählt, dass dieser Weis schon ein paarmal da war. Sie sind dort drüben. Können Pause machen.“ Sie deutet hinüber zum Gebüsch, aus dem neulich nachts der Hase gekommen ist und uns erschreckt hat. Im Tageslicht sieht es noch magerer aus. Staubgrau. Davor sitzen die beiden Arbeiter mit Slobo auf umgekehrten Bierkisten. Slobo ist der Größte und Massigste von ihnen, ihm würde man zutrauen, dass er die riesigen Asphaltbrocken aus eigener Kraft in die Anlage wirft. Wir gehen hinüber, ich brülle den drei Männern Grußworte zu. Sie brüllen zurück.
    Slobo steht auf und bietet uns seinen Platz an. Vesna schüttelt den Kopf, sieht sich um, entdeckt eine weitere Bierkiste und stellt sie ganz nah vor den Arbeitern auf. Sie klopft auf die Kiste und sieht mich auffordernd an. Ich grinse, setze mich und versuche, nicht mehr Platz zu brauchen, als eine halbe Bierkiste bietet. Geht sich bei meinem Hinterteil leider nicht ganz aus.
    „Warum läuft die Anlage schon wieder?“, brülle ich gegen den Lärm an.
    „Das ist Ivan und das ist Franjo“, schreit Slobo zurück und deutet dabei zuerst auf den Mann mit dem blauen T-Shirt und dann auf den mit dem weißgrauen T-Shirt. Beide tragen Arbeitshosen mit einem Latz, auf dem „Alspha“ steht.
    „Mira“, brülle ich zurück und bin beschämt, dass Slobo offensichtlich bessere Manieren hat als ich.
    „Viel Arbeit“, sagt Ivan und seine Stimme rollt dumpf, ähnlich der seiner Zerkleinerungsmaschine.
    Ich fürchte schon, es ist die Aufforderung zum frühen Aufbruch, aber er will mir damit nur erklären, warum hier schon wieder gearbeitet werden darf.
    „Chef hat gemacht. Hat geredet mit Polizei.“
    „Wann war die Spurensicherung mit der Arbeit fertig?“, frage ich Slobo.
    „Nächsten Tag Vormittag“, ruft er gegen den Lärm an. „Ich war schon da. Sie haben Proben von gemahlenen Asphalt mitgenommen, das andere ist da hinten.“ Er deutet den Weg entlang, und einige hundert Meter weiter sehe ich einen zwei Meter hohen und mehrere Meter langen Berg zerkleinerten dunkelgrauen Asphalt, umspannt von einem polizeilichen Absperrband. Sieht aus wie ein Geschenk von Außerirdischen: Mehrere Tonnen Mondgestein für unsere Freunde auf der Erde samt Geschenkband. „Der Chef von Anlage hat gesagt, er muss weitermachen.“
    Ich sehe hinüber zum Monster. „Kann man hier eine Leiche mitrecyceln?“, frage ich die beiden möglichst langsam und deutlich.
    „Ich habe sie das schon gefragt“, schreit Vesna, „sie sagen: Ja.“
    Die beiden nicken mit dem Kopf. „Man muss Körper gemeinsam mit Asphalt in Maschine tun“, erklärt Franjo. „Da verschwindet.“
    „Und das würde nicht auffallen?“
    Er schüttelt den Kopf. „Wenn er unter Asphalt versteckt und keiner genau guckt …“
    „Sie haben aber auch gesagt, dass so was wie Schuh öfter dabei ist“, ergänzt Vesna. „Sie sagen, Arbeiter beim Asphaltabbruch werfen alles mit dazu, was sie nicht mehr brauchen. Bierdosen und Fetzen und

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