Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
Mühsam
Sie stand vor dem Kühlschrank und starrte hinein. Kurzfristig hatte sie das Verlangen sich etwas daraus zu nehmen, um schnell zu vergessen, was ihr die Waage eben entgegen gebracht und sie damit verhöhnt hatte.
„Nein“, sagte sie laut und mit fester Stimme, „das muss ein Ende haben.“
Sie schloss die Kühlschranktür , holte sich einen großen Müllbeutel und ging zurück zum Kühlschrank. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff sie sich alles, was für sie nach mehr Kalorien aussah, als ihr gut tun würde.
Es überraschte sie, dass fast nichts mehr übrig bli eb. Das Innere leerte sich, während sich der Müllsack zusehend füllte. Sie schloss den Kühlschrank und machte sich an ihren Vorratsschrank. Hier fand sie Unmengen an Lebensmitteln, deren Verzerr in der Vergangenheit dazu geführt hatten, sie aus der körperlichen Fassung zu bringen.
Als letztes ging sie ins Wohnzimmer und kramte aus einer Schublade alle Süßigkeiten und Chips, die dort für den Notfall lagerten. Sie zwang sich nicht darüber nachzudenken, wie viel Geld , in Form von Lebensmitteln, sie dabei war zu entsorgen.
Schnell griff sie sich ihren Schlüssel und eilte hinunter zu den Mülltonnen. Noch immer nicht darüber nachdenkend, was sie gerade tat, wuchtete sie den vollen Beutel in einen Container. Dann ging sie schnell zurück in ihre Wohnung.
Erst als sie wieder in der Küche war, wurde ihr das Ausmaß ihres Handelns bewusst. Was sollte sie denn nun essen? Sie hatte riesigen Hunger und sich eigentlich darauf gefreut zu kochen. Nun war nichts mehr da. Sie öffnete den Kühlschrank und überlegte, wie sie es anstellen sollte, die eigentlich frischen Lebensmittel wieder aus dem Container zu befreien.
„Nein“, sagte sie laut zu sich selbst, „wie krank bist du eigentlich?“
Wieder blickte sie in den für sie trostlos wirkenden Kühlschrank. Da lag noch ein Kopf Salat und ein Stück Fleisch, sowie ein Becher Quark. Na gut, dachte sie, daraus lässt sich doch etwas machen. Anstatt sich eine Flasche Wein zu öffnen, trank sie lieber Saft und versuchte aus den kläglichen Resten etwas zu kochen.
„Ich bin wahnsinnig stolz“, sagte Gitte, als sie am nächsten Tag von Julia hörte, was sie getan hatte.
Diese war davon noch nicht so richtig überzeugt. Zumal ihr Magen knurrte, sie unglaublichen Hunger hatte und dachte, sie würde jeden Moment Gitte anbetteln ihr etwas Essen zu geben. Julia saß wie ein Häufchen Elend auf Gittes Sofa und dachte, dass es ihrer Freundin auffallen müsste, wie verhungert sie jetzt bereits aussah.
Den gesamten Vormittag hatte Julia ungeduldig darauf gewartet, dass Gitte nach Hause kam. Sie war sich nicht einmal sicher, ob Gitte überhaupt kommen würde. Dabei spielte Steffen jeden Sonntagnachmittag mit seinen Kumpels Fußball. In dieser Zeit kam Gitte grundsätzlich zurück, jede andere freie Minute verbrachte sie bei Steffen. Dafür, dass Gitte unschlüssig war, ob sie eine Beziehung mit ihm eingehen sollte, hatte sie sich ihm nun vollkommen hingegeben.
„Sag mal, bedeutet das, dass du seit gestern Abend nichts mehr gegessen hast?“
Erst jetzt schien Gitte vollständig zu begreifen, was ihre Freundin getan hatte.
„Ja, genau so ist es. Ich habe unglaublichen Hunger. Aber nichts mehr zu essen.“
„Julia, eine Null-Diät zu machen ist absolut falsch. Dein Körper wird rebellieren und du, wenn du wieder anfängst normal zu essen, noch mehr zunehmen. Mach doch nicht den Fehler, den alle machen.“
„Ich weiß aber nicht, wie ich es sonst machen soll.“
Niedergeschlagen ließ Julia ihre Schultern ein weiteres Stück hängen, dabei war sie bisher stolz auf sich gewesen, wenn auch nicht sicher, wie lange der gute Wille anhalten und sie schwach werden würde. Wenn ihr Magen das Recht auf Bestimmung gehabt hätte, Julia wäre bereits am Morgen zur nächsten Imbissbude gefahren.
„Zunächst einmal werden wir jetzt was essen. Und dann machen wir einen Plan, was gut für dich ist und worauf du zukünftig besser verzichtest.“
„Ich glaube das Hungern hat bereits schlimme Folgen für mich und mein Hirn ist komplett unterzuckert. Ich kann einfach nicht denken.“
Was sich Julia grundsätzlich nicht gestattete, konnte sie nun nicht unterdrücken und verlor die Fassung. Gitte war aufgestanden, um Julia mit einer Hand vom Sofa zu ziehen. Kaum stand sie vor ihr, drückte Gitte sie fest an sich.
Augenblicklich war Julia diese Umarmung unangenehm. Sie spürte wie Gittes Hände
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