Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
bleiben?“
„Was wird wohl deine Frau dazu sagen?“
„Das ist mir egal.“
„Robert, das geht doch nicht.“
„Doch, das geht. Sie wird ja nicht einmal merken, wenn ich nicht da bin.“
Bepackt mit Tüten und Taschen schleppte sie sich die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Sie konnte sich nicht erinnern dermaßen viel Geld, und vor allem auf einen Schlag, für sich ausgegeben zu haben. Zumal sie auf dem Weg nach Hause einer spontanen Eingebung nachgab und einen Frisör aufsuchte, der gerade vor kurzem sein Geschäft eröffnet und daher noch wenig zu tun hatte.
Im Schlafzimmer legte sie ihre Beute aufs Bett. Neben dem Kleid, einem Anzug, diverser Blusen und T-Shirts, hatte sie sich zudem neue Unterwäsche gegönnt. Vorsichtig strich sie über die feine Spitze, die sich unglaublich weich anfühlte. Alles wirkte im Vergleich zudem, was seit Jahren ihren Körper verhüllte, lächerlich klein. Sie zog sich aus und ging unter die Dusche. Mit Duschgel in den Händen fuhr sie ihren Körper entlang. Es fühlte sich gut an. Noch nie zuvor war ihr aufgefallen, wie sehr sie sich verändert hatte.
Als es klingelte, war sie gerade fertig geworden. Auf dem Weg zur Tür sah sie noch einmal in den Spiegel. Sie war zufrieden, auch wenn die Frau, die sie ansah, ihr nicht bekannt vorkam.
„Was ist denn mit dir passiert?“
„Gefällt es dir nicht?“
Unwillkürlich griff sie sich in ihre kurzen Haare, an die sie sich selbst erst noch gewöhnen musste. Viel zu lange hatte sie ihre mittlerweile langen Haare einfach hochgebunden, da sie glaubte, es würde seriöser wirken.
Nun aber sah sie in Roberts Gesicht eher entsetzen. Er hatte ihre Wohnung betreten und sah sie an, als ob er sie noch nie gesehen hatte.
„Doch”, sagte er, „es ist nur so ... ungewöhnlich. Du bist ein komplett anderer Mensch. Daran muss ich mich erst gewöhnen. Die Julia, die ich gestern noch kannte ist völlig verschwunden.“
„Nein, sie steht vor dir.“
Sie ging auf ihn zu und küsste ihn. Er schloss seine Augen, und wirklich, da war die Julia, die er liebte. Aber als er die Augen wieder öffnete, war sie verschwunden.
„An den Anblick muss ich mich echt erst gewöhnen”, wiederholte er sich.
„Es gefällt dir nicht.”
„Nein, das würde ich so nicht sagen. … Komm, ich hab was zum Anstoßen mitgebracht. Das müssen wir doch feiern.“
Während er im Wohnzimmer dabei war die Flasche von ihrem Korken zu befreien, holte Julia Sektgläser aus der Küche. Ohne etwas zu sagen, schenkte er ein. Sie standen sich gegenüber, anstatt zu trinken sah er sie noch immer von oben bis unten an.
„Also”, sagte sie, „ so geht das nicht.“
Sie stellte ihr Glas beiseite und sah ihn an.
„Ich weiß, es tut mir leid.“
Niedergeschlagen ließ sie sich in ihr Sofa fallen. Mit dem Glas in der Hand setzte er sich neben sie.
„Es tut mir leid”, sagte er nochmals.
„Mir auch. Weißt du, ich habe so lange darauf hin gearbeitet, endlich ein bisschen so zu sein. Mach mir das nicht kaputt. Ich bin immer noch ich.“
„Wirklich? Du wirst nie mehr die sein, die du warst. Das ist vorbei. Und du wolltest das offensichtlich. Ich habe nicht geahnt, wie sehr du den Mensch gehasst hast, den ich so sehr liebe.“
„Was soll ich dazu sagen? Das sind doch nur Äußerlichkeiten. Tief im Inneren bin ich noch immer da. Ich will nur nicht mehr die dicke, unscheinbare Frau sein. Ich möchte auch begehrt werden.“
„Aber das habe ich doch, sogar noch viel mehr. Ich liebe dich.“
„Du weißt, wie ich dazu stehe. Und ich weiß, dass du mich begehrt hast, auch als ich dick war. Du hast die ganzen Wochen und Monate mit angesehen, wie ich mich abgemüht habe endlich abzunehmen. Selbst du hast mal zehn Kilo verloren. Du fühlst dich doch auch besser, jetzt, wo du schlanker bist, oder etwa nicht? Wieso kannst du mich nicht mehr begehren, jetzt wo ich dünner bin?“
„Du bist nicht nur dünner geworden. Schau dich doch an? Du bist ein ganz anderer Mensch. Deine Haare sind ab, du bist geschminkt und das Kleid …“
„Na und? Alle Frauen tun das, wieso nicht auch ich? Und wieso kann ich nicht mal die Haare anders tragen?“
„Das kannst du, es steht dir sogar sehr gut. Das alles sieht phantastisch aus.“
„Was ist dann das Problem?“
„Du bist nicht mehr die Julia, die ich kannte.“
„So ein Quatsch.“
Jetzt wurde es ihr wirklich zu dumm, sie beugte sich zu ihm, nahm sein Glas und stellte es auf den Tisch. Ganz langsam zog sie den
Weitere Kostenlose Bücher