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Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Titel: Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Weteringschans festhalten, um sie »bei Bedarf« erschießen zu lassen.
    Bei ihrem alltäglichen Terror hingegen machen die deutschen Kommandos zunehmend kurzen Prozess. Am 11. September werden drei Amsterdamer, der Widerstandsarbeit verdächtigt, am Stadtrand nahe dem südlichen Amsteldijk am Zuidelijke Wandelweg erschossen. Als ein Überfalltrupp der deutschen Polizei zwei Tage später in der Reformierten Kirche an der Keizersgracht Waffen findet, werden der dienstälteste Prediger, 68 Jahre, und der Küster, 49 Jahre, auf der Stelle erschossen. Am 14. September wird zwar Maastricht im südöstlichen Zipfel der Niederlande von den Alliierten befreit, in Amsterdam jedoch haben sich die Besatzer endgültig wieder festgesetzt. Ihre Jagd nach Fahrrädern wird immer hektischer. Und auch die Jagd auf Menschen nimmt noch zu.
    Am 16. September gibt Hanns Albin Rauter der deutschen und der niederländischen Polizei den Befehl, alle »herumlungernden jungen Männer« aufzugreifen und zum Arbeitsdienst abzuführen. Die Besatzer brauchen dringend Arbeitskräfte, um auch in den Niederlanden den sogenannten »Westwall« auszubauen. An dieser Festungslinie aus Bunkern und Betonhindernissen entlang der Nordsee-Küste soll eine weitere mögliche Invasion der Westmächte scheitern. In verschiedenen Stadtteilen Amsterdams erscheint massiv deutsche Polizei und niederländische Landwehr, sperrt Straßen ab, und macht Razzien auf arbeitstüchtige Männer.
    17. September, Sonntag – Am Vormittag breitete sich in den Amsterdamer Gottesdiensten Panikstimmung aus. Das Gerücht ging um, die Polizei werde die Kirchen absperren, um von den Kirchenbänken weg junge Männer für den Arbeitsdienst zu verhaften. Doch nichts dergleichen geschah. Plötzlich am frühen Nachmittag wieder eine Neuigkeit, die wie ein Lauffeuer durch die Stadt eilte. Und sie wischte augenblicklich alle Ängste fort: »Operation Market Garden« hieß die Aktion der Alliierten, die am Mittag dieses Tages buchstäblich aus heiterem Himmel zur Befreiung der westlichen Niederlande begonnen hatte.
    Soldaten britischer Fallschirmtruppen sprangen zu Tausenden bei Arnhem, Eindhoven und Nijmwegen aus den Flugzeugen der Royal Airforce. Ihre Aufgaben: die Brücken über Maas, Waal und Rhein zu erobern, Brückenköpfe zu bilden und zu halten, bis britische und amerikanische Soldaten auf dem Landweg von Süden her dazustoßen konnten. Strategisches Ziel war es, den Rhein zu überschreiten, in einer schnellen Offensive ins Ruhrgebiet vorzustoßen und so die 15. Deutsche Armee in den Niederlanden von allen Verbindungen ins Reich abzuschneiden, einzukesseln und zur Aufgabe zu zwingen.
    Gegen 19 Uhr am Abend des 17. September gelang es Amsterdamer Widerstands-Experten, ein Telegramm vom niederländischen Nachrichtendienst in London zu entschlüsseln: »Die Kinder von Versteeg können unter die Decke.« Zeitgleich hörten die Amsterdamer über die BBC einen Aufruf der niederländischen Exilregierung an alle niederländischen Eisenbahner, sofort in den Streik zu treten, um die neue militärische Offensive der Anti-Hitler-Koalition zu stützen. Um 20 Uhr folgte der gleiche Aufruf über Radio Oranje. Und nichts anderes signalisierte die verschlüsselte Meldung des Nachrichtendienstes, denn »Versteeg« war das Pseudonym für den Direktor der Niederländischen Eisenbahn, dessen »Kinder« – die Eisenbahner – sich von ihrer Arbeit zurückziehen, also streiken, sollten. Und es bedeutete zugleich: unterzutauchen, denn auf Streik stand nach den Verordnungen der Besatzer die Todesstrafe.
    Der Streikaufruf war ein voller Erfolg. In Amsterdam verließen noch in der Nacht 3000 Eisenbahner ihre Familien und ihre Wohnungen und tauchten unter; im ganzen noch besetzten Holland waren es insgesamt 30   000 Mann. Die Besatzer sorgten dafür, dass umgehend keine Gehälter, Zahlungen und Zuschüsse an die Beschäftigten der Eisenbahn und ihre Familien mehr ausgezahlt wurden. Wieder einmal erwies sich Wally van Hall mit seinen Verbindungen im Untergrund, seinen Ideen und seiner unerschütterlichen Zuversicht als eine der wichtigsten Stützen im Widerstandskampf. Obwohl der Streik als Überraschung kam, konnte er nach wenigen geheimen Sitzungen in Amsterdam dem Koordinierungs-Komitee schon am 21. September mitteilen, dass für die illegalen Zahlungen an die Eisenbahner im Untergrund und ihre Familien sofort 100   000 Gulden zur Verfügung standen. Der Nationale Unterstützungsfonds würde die

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