Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben
Realität selbst korrespondieren? Das ist eine tiefgründige Frage, denn sie rüttelt an den Grundfesten des Realismus, der uns angeboren ist, uns anerzogen wurde und die unverzichtbare Voraussetzung unseres täglichen Lebens wie auch der modernen Wissenschaft darstellt. Praktisch alle Menschen, ob Wissenschaftler, Gelehrte oder ganz gewöhnliche Leute, gehen einfach davon aus, dass die Realität ungefähr genauso sein muss, wie sie sich unserem Verstand und unseren Sinnen darstellt. Dieser nichthinterfragte Realismus ist die alltägliche Grundlage, auf der wir unser Verständnis mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung bringen. Man muss schon sehr subtil darüber nachdenken, um sich zu fragen, wie das möglich ist.
Der englische Philosoph George Berkeley war der erste Denker, der die volle Bedeutung dieser Frage erkannt hat. Auch Berkeley ist nicht sehr bekannt, wahrscheinlich aus demselben Grund wie Kant und Schopenhauer. Zwar wurde die Stadt Berkeley in Kalifornien ebenso nach ihm benannt wie die University of California in Berkeley, aber
wahrscheinlich weiß sogar die Mehrzahl der Studenten dort nur sehr wenig über George. Das ist schade, denn obwohl Berkeley nur eine einzige Idee hatte, gehört diese zu den befremdlichsten Vorstellungen, die je irgendjemand hatte, vergleichbar mit Darwins Evolutionstheorie. Bei Berkeleys Idee geht es darum, was wir tatsächlich wahrnehmen und wissen. »Die einzigen Dinge, die wir wahrnehmen«, schreibt Berkeley, »sind unsere Wahrnehmungen. « Berkeley stellt fest, dass die Menschen seit Jahrtausenden angenommen haben, es gebe dort draußen eine freistehende Wirklichkeit und wir wüssten das, weil wir in unserem Kopf ein Bild davon wiederherstellen können. Aber wenn wir ehrlich sind, sagt Berkeley, dann müssen wir zugeben, dass wir Abbild und Wirklichkeit nicht nebeneinanderlegen können, um festzustellen, ob sie identisch oder auch nur ähnlich sind. Das hängt damit zusammen, dass wir nicht zu beidem Zugang haben, sondern nur zum Abbild, nicht jedoch zur damit korrespondierenden Wirklichkeit. Eigentlich, so sagt Berkeley, haben wir nicht den geringsten Grund zu der Annahme, dass irgendetwas außer dem Abbild existiert. Wir nehmen an, dass unsere Erfahrungen die Wirklichkeit in irgendeiner Weise reflektieren, aber unsere Erfahrungen sind alles, was wir kennen oder jemals gekannt haben. Deshalb ist es nach Berkeleys Meinung eine überflüssige Hypothese oder pure Illusion, eine Realität jenseits unserer Erfahrungen zu behaupten. Berkeleys verblüffende Schlussfolgerung lautet, dass die materielle Welt außerhalb unserer Sinne einfach nicht existiert.
Sein Gedankengang ist ein verheerender Schlag nicht nur gegen den empirischen Realismus, sondern auch gegen den
Materialismus. Im Grunde untergräbt er die Unterscheidung zwischen dem Materiellen und dem Mentalen, die wir bisher auch in diesem Buch gemacht haben. Bislang haben wir argumentiert, dass das subjektive mentale Reich zwar weitgehend außerhalb der wissenschaftlichen Sphäre liegt, die Wissenschaft aber doch eindrucksvolle Fortschritte beim Verständnis der objektiven materiellen Welt gemacht hat. Berkeley argumentiert, dass diese Unterscheidung keinen Bestand hat; sogar das, was wir als »objektive materielle Welt« bezeichnen, wird durch subjektive mentale Erfahrungen verstanden. Alles, was wir sehen, hören und berühren können, scheint unzweifelhaft materiell und körperlich zu sein, und doch sind unsere Erfahrungen damit unzweifelhaft mental. Nehmen wir ein Beispiel von Samuel Johnson und stellen uns einen Felsen vor. Was könnte realer und solider sein als ein Felsen? Gehen Sie hin und treten Sie dagegen. Dort muss ganz eindeutig ein Felsen sein, denn Sie haben ihn mit Ihrem Fuß gespürt und den Schmerz wahrgenommen, als Sie dagegengetreten haben. Aber Berkeley behauptet, diese ganze Erfahrung – das Bild des Felsens, die Schmerzempfindung, Ihr eigenes kurzes Luftschnappen, das Sie gehört haben – sei nur in Ihrer Vorstellung geschehen. Abgesehen von dieser Erfahrung gäbe es keinen »realen« Felsen. Der Felsen ist nicht mehr als Ihre Erfahrung von ihm. Erfahrungen sind demnach alles, was wir haben, doch wir verwechseln sie ständig mit einer erfundenen, nichtexistierenden Realität, von der wir annehmen, dass sie sich außerhalb unserer Erfahrungen befindet. 5
Bestürzt angesichts Berkeleys Argument, haben empirische Realisten sich mehr als zwei Jahrhunderte darum
bemüht, es zu widerlegen. Schauen wir
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