Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
seiner Fortpflanzung. Jede Spezies hat ihr eigenes unverwechselbares Genom: Es gibt das Hundegenom, das Katzengenom, das Genom der Rose, des Kaninchens, des Erkältungsvirus, des Brokkolis, des Escherichia-coli- Bakteriums und so weiter. Das Genom enthält sämtliche für die Erzeugung eines spezifischen Organismus notwendigen Informationen. Ein Genom ist aber nicht nur für die Spezies, sondern auch für das Individuum spezifisch. Außer eineiigen Zwillingen und anderen Klonen hat jeder Mensch ein einzigartiges Genom, ebenso wie jeder Hirsch, jede Eiche und jeder Adler. Genome unterscheiden sich von Individuum zu Individuum wie von Art zu Art.
Zu den bahnbrechenden Entdeckungen im Zuge des Humangenomprojekts gehört, dass etwa 99,9 Prozent der DNA-Sequenz bei allen Menschen gleich sind. Einzelnukleotidpolymorphismen ( single nucleotide polymorphisms, die Abkürzung SNP wird gewöhnlich »snip« ausgesprochen) als Variationen der DNA-Sequenz erscheinen im Abstand von ein- bis dreihunderttausend Basen entlang der drei Milliarden Basenpaare des Genoms. SNPs sind Abweichungen in den genetischen Anweisungen, von denen man annimmt, dass sie die genetischen Marker für unsere Reaktionen auf Krankheiten, Umweltfaktoren sowie Medikamente darstellen. So kann zum Beispiel ein A statt eines G in einem bestimmten Gen die Veranlagung zu männlicher Glatzenbildung darstellen. Andere Varianten der Nukleotidsequenzen sind vielleicht Marker für Zöliakie, zystische Fibrose oder Asthma. Wichtig dabei ist, dass diese DNA-Varianten die Krankheit nicht verursachen, sondern nur ein Marker des relativen Risikos sind, an ihr zu erkranken. Seit der Beendigung des Humangenomprojekts sind Hunderte von Studien veröffentlicht worden, die Zusammenhänge zwischen den SNPs und Hunderten spezifischer Krankheiten, Eigenschaften und Leiden beschreiben. Wie Sie sich vorstellen können, haben diese Studien der Industrie, die persönliche Gentests anbietet, Tür und Tor geöffnet, indem sie die Basis für eine DNA-Analyse schufen, für die eine abgegebene Speichelprobe ausreichend ist, um die eigene, ganz persönliche genetische Landkarte zu enthüllen.
Als Mitbegründer einer Gentestfirma bin ich natürlich ein großer Befürworter dieser Technologie, die einen umfassenden Überblick über diese DNA-Varianten gibt und so auf die Risiken bestimmter Erkrankungen hinweist. Obwohl eine DNA-Sequenzierung Ihnen vielleicht nur eine allgemeine Liste Ihrer »Zutaten« gibt, ohne genaue Angaben, wie diese Zutaten in Ihrem Körper miteinander reagieren und wechselwirken, ist sie doch eine wichtige Grundlage – denn je mehr Sie über Ihre Zutatenliste wissen, desto bessere Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge können Sie treffen. Diese Art Gentest kann Ihnen Vorwarnungen geben, worauf Sie achten müssen, wenn die Evolution sich nicht mehr um Sie kümmert, während Sie altern. Es handelt sich nicht um einen diagnostischen Test; Sie erfahren dadurch nicht, ob Sie zum Beispiel Lupus oder Krebs haben. Ein Gentest zeigt die Tendenz einer genetischen Veranlagung für häufige Krankheiten an, sodass Sie Vorsorgemaßnahmen treffen oder eine spezifische Diagnose erstellen lassen können. Ihr ererbtes genetisches Risiko steht in Zusammenhang mit der Anzahl der Risikomarker, die an jedem SNP sitzen – keiner, einer oder zwei. Haben Sie einen oder zwei solcher Risikomarker, heißt das noch nicht, dass Sie die betreffende Krankheit bekommen, aber es kann Ihr Risiko in Wechselwirkung mit einer bestimmten Lebensweise oder bestimmten Umweltfaktoren erhöhen. In vieler Hinsicht ist es ähnlich wie bei anderen uns bekannten medizinischen Tests. Wenn jemand zum Beispiel einen erhöhten Cholesterinspiegel hat, dann sehen wir das als Zeichen eines höheren Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen an und empfehlen vorbeugende Maßnahmen.
Die Lokalisierung dieser SNPs folgt einer ziemlich einfachen Methode. Man nehme einige Tausend Patienten mit einer bestimmten Krankheit und einige Tausend vergleichbarer Menschen ohne diese Krankheit. Man vergleiche ihre DNA und identifiziere die Stellen, an denen eine Variante eines bestimmten Markers sehr viel häufiger bei den Kranken als bei den Gesunden auftritt. Dann vergleicht man Ihre persönlichen genetischen Marker mit den Daten, die die Forscher in der medizinischen Fachliteratur veröffentlicht haben, und setzt das Ergebnis in eine leichter verständliche Größe um: den Schätzwert für Ihr persönliches Risiko, diese Krankheit zu
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