Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
Doppelblindstudien sind sehr wertvoll; sie gelten als Goldstandard für klinische Studien, weil weder die Teilnehmer noch die Versuchsleiter vor Beendigung der Studie erfahren, wer das Medikament und wer das Placebo erhält, in diesem Fall eine wirkungslose Tablette, die genau wie das Vitamin aussah. So schützt man die Resultate vor unbewussten Verfälschungen.
Vitamin-D-Konzentration im Blutserum und Prostatakrebsrisiko. Das Journal of the National Cancer Institute veröffentlichte 2008 eine Analyse des Zusammenhangs zwischen Prostatakrebsrisiko und dem Spiegel von 25-Hydroxyvitamin D im Blutserum älterer Männer. Die Resultate dieser Studie brachten die Forscher zu dem Schluss, dass Vitamin D das Prostatakrebsrisiko nicht nur nicht senkt, sondern dass ein höherer Wert von 25-Hydroxyvitamin D im Blutkreislauf möglicherweise sogar mit einem erhöhten Risiko für aggressivere Formen des Prostatakrebses zusammenhängt.
Die andere Seite der Medaille steht zwischen den Zeilen
Wie kann das sein? Wie kommt es zu den Widersprüchen zwischen den einzelnen Berichten? Vitamin D soll doch für gesunde Knochen sorgen und damit vor Stürzen und Frakturen schützen. Wie erklärt sich diese Diskrepanz? Wie sich herausstellte, ist die Wirkung von Vitamin D, wie die meisten Dinge im Leben, längst nicht so eindeutig wie vermutet. Einer der Gründe ist, dass Vitamin D vielleicht im Labor, wo man die Zellkulturen viel besser unter Kontrolle hat, als Wundermittel gegen Krebs wirkt – dort stoppt es tatsächlich das Wachstum des Tumors –, aber nicht im lebenden Organismus. Angesichts einer Überschrift wie »Vitamin D stoppt Wachstum von Brustkrebstumoren« stellt sich die kritische Frage nach dem Beweis. Genau diese Schlagzeile wurde auf der Webseite NaturalNews.com veröffentlicht. Zu den angeführten Beweisen gehörte, dass »Vitamin-D-Creme direkt auf dem Tumor eingerieben werden kann, um ihn zum Verschwinden zu bringen«. Wenn Vitamin-D-Creme bestimmte Krebsarten heilen könnte, glauben Sie nicht, dass wir es längst alle wüssten? Das gilt für jede andere Darreichungsform von Vitamin D genauso; wenn es ein Krebsheilmittel wäre, dann hätte man diese Tatsache längst zur wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckung unserer Zeit erklärt. Der Körper und sein Vitamin-D-System sind allerdings sehr viel komplizierter gebaut. Denken Sie daran, dass Ergebnisse, die in einer Zellkultur oder einer Petrischale gewonnen werden, sich längst nicht immer auf den lebendigen Menschen übertragen lassen.
Zahlreiche Studien haben keinerlei Heilwirkung von Vitamin D bei Krebspatienten ergeben, und eine davon wurde 2007 hastig abgebrochen, als sich herausstellte, dass hohe Dosen von Calcitriol (einer hormonähnlichen Form von Vitamin D) bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs zu einem »Ungleichgewicht der Todesfälle« zwischen den Empfängern des Calcitriols und der Placebo-Kontrollgruppe führten. Die Vitamin-D-Empfänger starben merkwürdigerweise früher als die Placebo-Empfänger. Beschleunigte das Vitamin D möglicherweise sogar ihren Tod? Tumorzellen enthalten, wie die jedes anderen Organs, Vitamin-D-Rezeptoren, also Moleküle, an denen Vitamin D in den Zellen andockt. Einige Studien haben ergeben, dass diese Rezeptoren einem Tumor das Signal geben können, sein Wachstum zu verlangsamen, aber wie steht es mit einer Beschleunigung des Wachstums? Wenn Vitamin D einer gesunden Zelle bei ihrer Entwicklung helfen kann, ist es dann nicht vernünftig anzunehmen, dass es das auch bei einer Krebszelle könnte? Ob Studien nun auf die Nutzeffekte oder auf mögliche Nachteile von Vitamin D hinweisen, ich behaupte keineswegs, dass sie notwendigerweise falsch oder fehlerhaft sind, obwohl einige es sein könnten. Ich möchte vielmehr betonen, dass die Verwirrung und die widersprüchlichen Informationen Anlass zu kritischem Nachdenken und weiteren Untersuchungen sein sollten. Wir haben noch nicht genügend Anhaltspunkte, um diese Frage definitiv zu beantworten – wie bei vielen anderen Nährstoffen, die als Wundermittel angepriesen werden.
Echter, ausgeprägter Vitamin-D-Mangel manifestiert sich in Mangelkrankheiten des Skeletts, von denen die Rachitis am bekanntesten geworden ist. Ihr Ausbruch wurde zum Fanal für die Medizin, endlich herauszufinden, warum wir zum Überleben Sonnenlicht brauchen. Als während der Industriellen Revolution große Teile der Landbevölkerung in die Städte zogen, um in den neuen Fabriken
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