Leben statt kleben

Organisieren gibt es kein objektives Maß, keine allgemeingültigen Richtlinien für richtig oder falsch. Wie im richtigen Leben. Einheitsgrößen sind nicht erhältlich, zum kollektiven Drüberziehen und Ende gut, alles gut. Sie sind der wahre Experte Ihres Lebens. Niemand außer Ihnen kann festlegen: „So viel fühlt sich zu viel an, so viel zu wenig und so viel ist ideal für mich“. Nur Sie selbst wissen, wie viele Bücher Sie konstruktiv und freudvoll in ihr Leben integrieren können. Das mögen fünf für Sie sein und 550 für jemand anderen. Wir selbst sind die ausschlaggebende Entscheidungsinstanz, nicht nur beim Decluttern.
    Sobald wir eigenverantwortlich Entschlüsse fassen, behalten wir Selbstbestimmung in der Hand. Mit dem Annehmen dieser Verantwortung kommt die Freiheit.
    Einladung in die Verantwortung
    Von Ausreden wegkommen
    „Keine Zeit“ ist schnell als Ausrede entlarvt. Wir hatten sehr wohl die Zeit, unseren Clutter aufzustöbern, zu bestellen, zu bezahlen, heimzutragen, Lieferungen entgegenzunehmen – wir haben unser Umfeld selbst so erschaffen. Sei’s auch nur durch konsequentes Nicht-Reagieren auf die Post und die Sonderangebote, die sich als ungebetene Gäste einnisten. Wir sind zu höflich, träge oder schlichtweg überfordert damit, sie wieder vor die Tür zu setzen.
    Wie Seneca schon vor 2000 Jahren feststellte, ist es nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern zu viel Zeit, die wir nicht nutzen. Eine halbe Stunde weniger Fernsehgucken, 20 Minuten früher aufstehen oder zahllose Gründe aufzählen, warum es uns jetzt gerade leider unmöglich ist, die Übersicht wieder zurückzubringen in unseren Papierkram, unsere Küchenschubladen und unser Leben.
    Nachteil: Schuld jemand anderem in die Schuhe zu schieben (und sei’s dem vielzitierten Zeitmangel) entmachtet uns. Wenn wir nicht handeln, wird einmal jemand anders über den Verbleib unserer Dinge entscheiden. Wenn die Nichte den Ring bekommen soll, der ihr immer schon so gefallen hat, müssen wir das jetzt in die Hand nehmen . Ein Testament aufsetzen. Sonst kommt am Ende der Container vorgefahren. Warum die Nachfahren mit unserem Clutter belasten, wenn sie schon mit Trauer zu kämpfen haben? Sobald wir Verantwortung übernehmen, lassen wir uns nicht länger fernsteuern von Umständen, Kollegen, Verpflichtungen, Kindern, Besorgungen, Chefs oder sonstigen Instanzen, denen wir zuviel Einfluss über unsere Zeit- und Energiereserven einräumen. Von den eigenen Ausreden wegzukommen, sprengt die Kramketten – mit dem Dynamit der Ehrlichkeit.
    Unseren einzigartigen Weg schätzen
    Sie haben gerade einen Stapel vernichtet. Nicht nur umgepflanzt, sondern richtig abgearbeitet. Wow. Die Freude währt volle zehn Sekunden, dann ist er da. „Das bisschen Papier? Ha. Nicht mal ein halber Tropfen auf dem heißen Stein. Keller, Speicher, Garage und Büro stehen noch an“, höhnt der innere Kritiker. – Hören Sie nicht hin!! Stellen Sie einen Blumenstrauß mitten in die neue Freifläche hinein und spüren Sie, wie gut der Anblick tut. Wie verheißungsvoll sich dieser neugewonnene Freiraum anfühlt! Etwas Ungeklärtes wurde erledigt. Etwas Schönes ist gelungen! Ein scharf angespitzter Bleistift. Sich in ein frisch überzogenes Bett kuscheln. Durchs geputzte Fenster strahlt die Sonne herein. Unsere E-Mail unterstützt eine Menschenrechtsorganisation bei ihrer guten Sache. Morgen liegt eine nette Karte bei jemandem im Briefkasten, einfach so. – Winzige, konkrete Schritte sind erfolgreiches Energiemanagement. Sie sind der Ausweg aus einem Leben auf Sparflamme. Sie sind der Schlüssel in die Unbeschwertheit und das kraftvollste Mittel positiver Veränderung. Das Leid der Welt in der Theorie zu schultern, hilft weder uns noch der Welt. Wir vergällen uns den Moment und nehmen uns den Wind aus den Segeln, wenn wir Fortschritte ignorieren – nur weil sie nicht vom Mond aus sichtbar sind. Uns nur auf das konzentrieren, was nicht so läuft, wie es unserer Meinung nach sollte. Was fehlt. Was wir noch nicht oder nicht mehr haben. Wir lenken uns vom eigenen Weg ab, indem wir andere beäugen und uns vergleichen. Vergleichen funktioniert aber nie!
    Im Clearing feiern wir unsere Errungenschaften. Es ist eine Zeit für Rückblicke. Welche Beziehungen haben wir erfolgreich aufgebaut, erneuert, beendet? Welche Traumata überstanden, durchwachsen? Wie oft hat es uns das Herz zerrissen, den Boden unter den Füßen weggezogen, wie oft sind wir untergegangen in