Leben statt kleben
sich selbst als eigenständige Personen zurück. Aber Kinder sind keine Wegweiser. Sie sind Pfeile auf ureigener Fluglinie, unterwegs in ihre Welt hinaus. Wenn wir sie jahrzehntelang als alleinigen Lebensmittelpunkt einzementieren, bleibt für keine der Generationen Raum für Entwicklung. Warum sollte ein Zuhause nur noch aus Kinderzimmern bestehen? Alle Bewohner brauchen Bereiche, wo sie sich Interessen widmen und auftanken können – eine Lieblingsecke als Freiraum, als Sprungbrett ins ganz und gar Ich-selbst-sein.
Ein anderer Spiegel ist das Arbeitsumfeld, der Schreibtisch im Büro. Eine Klientin erzählte, dass Kollegen ihren Tisch als zusätzliche Ablage missbrauchten und damit nicht nur äußerliche Grenzen überschritten. Papier als interessante Herausforderung. Warum verhalten sich die anderen (nur) mir gegenüber so? Wie muss ich anders auftreten, um mich nicht mehr überfahren zu lassen? Niemand kann uns ein Gefühl der Unzulänglichkeit vermitteln, wenn wir ihnen nicht die Erlaubnis dazu geben. Es ist unser Schreibtisch, unser Leben, unsere Verantwortung.
Ein Mann um die 40 arbeitete in einer Versicherung. Erst nachdem seine Mutter verstorben war, gab er diese Laufbahn auf und ließ sich auf seinen Traumberuf Lehrer umschulen. – Je weniger wir auf die Zustimmung anderer angewiesen sind, desto freier sind wir, sie zu lieben. In der Hoffnung auf Beifall lassen wir uns prägen von Wünschen und Anliegen der Partner, Kinder, Freunde, Kollegen. Bleiben auf immer Kinder unserer Eltern und möchten auch als Erwachsene noch, dass sie mit wohlwollendem Stolz auf unseren Lebensweg herablächeln. Die Realität gestaltet sich glücklicherweise vielschichtiger als unser Scherenschnitt, wäre ja ein bisschen öde sonst.
Wir haben die Wahl, wie ereignisreich unser Weg verlaufen soll, wie viele der Angebote wir annehmen. Beschaulich dahinplätschern und versuchen, auf Halbmast Stürme zu umschiffen. Oder mittenreinhalten in die Wellen. Ein Leben ohne Clutter ist kein Leben, das für andere gelebt wird. Es ist ganz und gar unseres. Auf der Reise durch die Jahre bleiben wir verantwortlich, jeglicher Fernsteuerung aufmerksam entgegenzuwirken. Was klingt verheißungsvoller? „Ich war immer brav, habe allen Erwartungen entsprochen. Nur nicht meinen eigenen.“ – „Mein Weg war kein einfacher, kein geradliniger. Es gab Sackgassen. Streckenweise wusste ich nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Aber ich bin ihn freudig gegangen, denn es war meiner.“ – Wir können niemanden glücklich machen, wenn wir es selbst nicht sind!
Wagen wir Ent-Täuschung. Erkunden die verschlungenen Gassen jenseits der Trampelpfade und folgen dem Ruf der Berufung. Den Kopf schiefgelegt zum Lauschen, bis wir die in der „Zuvielisation“ untergegangenen Lockrufe wieder hören. Erinnern uns an all das, was wir ohnehin schon können.
Leben wir unser bestes Leben! Es gibt keine Generalprobe.
Bewusster leben
Klarheit und Vision
Unsere Energie folgt unseren Augen. Stapel von Ungeklärtem erschöpfen, wir bevorzugen klare Linien, die Zeitschriftenbilder derangeblichen und wirklichen Zuhause, wo alles seinen Platz hat. Das Unbehagen zu unterdrücken kostet Kräfte, die anderswo fehlen. Unbenutzer Ballast staucht den Alltag zum Hürdenlauf zusammen, gelacht wird seltener, geklagt wahlweise über Kälte, Hitze, zu viel Regen oder zu wenig Zeit. Die Freude hat keine Lust auf griesgrämige Kumpel und macht sich aus dem Staub. Unsere Stimmung bleibt Äußerlichkeiten ausgeliefert, anstatt die Sonne im Herzen zu tragen.
Oft kommen wir nicht zur Ruhe und Gegenstände nicht zur Geltung, weil soviel visuelle Konkurrenz herrscht. Keine Skulptur kann wirken, wenn sie um Aufmerksamkeit buhlen muss zwischen Clutter und sorgfältig Ausgewähltem. Das Essentielle an einer Ausstellung sind die weißen Wände, die mit Nichts gefüllten Zwischenräume. Erst dieser Freiraum erlaubt den Objekten, ihre Wirkung zu entfalten. Die folgende Übung verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Krempel und Energiereserven. Schließen Sie kurz die Augen und geben Sie sich ein Clutter Rating zwischen eins und zehn. Eins ist alles paletti, zehn steht für alles im Argen. Schreiben Sie die Zahl auf. Dann nochmal Augen zu und diesmal eine Energiebewertung. Von eins wie Superman/woman bis zehn, nach dem Aufstehen am liebsten sofort wieder ins Bett fallen. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Ergebnissen?
Eine Wandergruppe watet deprimiert durch endlos strömenden Regen,
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