Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)
hatte den ganzen langen Tag nichts zu tun und bevorzugte es dennoch, dann einkaufen zu gehen, wenn die Geschäfte gerade einmal ihre Türen aufschlossen.
Hastig öffnete ich die Fenster auf kipp und lief zur Wohnungstür. Mit einem Lächeln auf den Lippen öffnete ich diese, bereit dafür, ihr anzudeuten, dass ich gerade kochte und keine Zeit für ein weiteres Gespräch hatte.
Ich öffnete die Tür und erschrak. Ungläubig stolperte ich einige Schritte rückwärts und betrachtete den vor der Tür stehenden Fremden mit weit aufgerissenen Augen.
„Hi“, brachte dieser knapp hervor und wollte einen Schritt in meine Wohnung wagen.
Nicht wissend, was ich tun sollte, schlug ich ihm die Tür vor der Nase zu. Den Türgriff noch in der Hand haltend, verharrte ich minutenlang in dieser Position.
Ich hörte ein leises Auflachen durch die hölzerne Tür: „Hey, seh ich denn wirklich so schrecklich aus?“
Die Stimme klang dumpf durch die Tür hindurch. Hinter mir hörte ich das Wasser der Spaghettis überlaufen und sich mit lautem Zischen auf der Herdplatte verteilen.
Ich zögerte einen Moment und wusste nicht, ob ich mich erst um mein Abendessen oder um den vor der Tür stehenden Kevin, denn er musste es sein, kümmern sollte. Nervös entschied ich mich für das Letztere und öffnete die Tür so vorsichtig, als ob sie aus zerbrechlichem Glas bestände.
Ich blickte kurz an mir herab und begann mich für mein Aussehen zu schämen. Ich trug noch immer Jeans und T-Shirt. Das weiße T-Shirt war durch das Putzen jedoch übersät mit verschiedenen Flecken und Staub. Meine Haare mussten zerzaust sein, Schweiß lag mir auf der Stirn.
Der Unbekannte lächelte mir entgegen. Er war vielleicht zehn Zentimeter größer als ich, trug eine schwarze Jeans und ein dunkelblaues T-Shirt. Er hatte kurze, dunkelbraune Haare. Die Augenfarbe konnte ich allein deswegen nicht erkennen, weil ich Kevin immer nur für einen kurzen Augenblick ansehen mochte. Seine Hautfarbe war braun von der Sommersonne. Über die Wangen zog sich ein leicht rötlicher Schimmer. Er hatte eine völlig normale Figur, das Gesicht bestand aus schwachen markanten Zügen.
„Darf ich jedenfalls erstmal reinkommen?“, fragte er dann und deutete in meine Richtung.
Ich nickte, trat einen Schritt zur Seite und gewährte ihm Einlass.
Er blieb in der Mitte meiner Wohnung, direkt neben der Couch, stehen und schaute sich ruhig um.
„Schön hast du’s hier. Hast du extra für mich aufgeräumt? Ich habe den ganzen Müll vor der Tür gesehen.“
Ich spürte förmlich, wie mir Blut ins Gesicht schoss und zuckte verlegen mit den Schultern, bevor ich die vor der Tür stehenden Säcke mit dem Fuß weiter zur Seite drückte und dann die Tür schloss.
Mit einem Mal wurde mir klar, wer verantwortlich für das ungeplante Treffen sein musste. Ich erinnerte mich zurück an das Verhalten meiner Nachbarin, die es plötzlich ganz eilig gehabt hatte. Ich warf einen kurzen Blick auf die Oberseite des Laptops und schien mit meiner Vermutung richtig zu liegen. Der Notizzettel mit Kevins Telefonnummer war verschwunden.
Hastig ließ ich mich auf der Couch nieder, griff in die Ablage und kramte erneut den Schreibblock und einen Kugelschreiber hervor. Mein Aussehen war mir mit einem Mal gleichgültig geworden.
‚Ich habe nie zugesagt. Meine Nachbarin war vorhin hier. Ich hatte deine Nummer auf einen Zettel geschrieben. Sie muss ihn mitgenommen haben. Ich besitze überhaupt kein Handy.’
Kevin stellte sich unsicher neben die Couch. Ich nahm sein Parfüm wahr, welches teils süßlich und teils herb duftete. Er las meine krakelig geschriebenen Zeilen und blickte mich verdutzt an: „Okay, dann sollten wir jetzt wohl das Beste aus der Situation machen, oder? Jedenfalls ist mir deine Nachbarin schon jetzt sympathisch geworden“, er grinste verschmitzt.
‚Ich möchte nicht ins Kino’, schrieb ich.
Kevin las meine Aussage ohne Kommentar und stürmte plötzlich in meine Küche. In jenem Moment fielen auch mir die vergessenen Nudeln wieder ein.
„Du scheinst dein Essen vergessen zu haben!“, rief er und fluchte kurz auf. Womöglich war er mit heißem Wasser in Berührung gekommen.
Ich stand auf und folgte ihm in die Küche, um ihm beim Beheben des Malheurs behilflich zu sein.
„Jetzt musst du dir wohl doch eine Pizza bestellen“, er grinste frech und stieß mich in die Seite.
Ich hatte seit Ewigkeiten keinen Lieferservice mehr geordert und einzig bei dem Gedanken daran wurde mir
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