Leben und Schicksal
Mensch, dem er sich mitteilte, und dabei erlebte Strum alles noch einmal ganz neu und ganz anders.
»Das wär’s«, sagte er schließlich mit bebender Stimme; er spürte Sokolows Erregung.
Sie schwiegen, und dieses Schweigen war wunderbar. Strum saß mit gesenktem Kopf und gerunzelter Stirn und schüttelte betrübt den Kopf. Schließlich warf er einen raschen, ängstlichen Blick auf Sokolow, und es schien ihm, als stünden Tränen in Pjotr Lawrentjewitschs Augen.
Da saßen sie nun, in diesem ärmlichen Zimmerchen, während ein verheerender Krieg die ganze Welt erschütterte – zwei Männer, die ein wunderbares Band mit all jenen auf der ganzen Welt und in allen Zeiten verband, deren aufrichtiges Streben dem Höchsten und Schönsten galt und gegolten hatte, was dem Menschen zu vollbringen vergönnt ist.
Strum genoss dieses Schweigen, diese Stille, die etwas Göttliches zu haben schien. Lange schwiegen sie so. Dann ging Sokolow zu Strum, legte ihm die Hand auf die Schulter, und Strum spürte, dass er gleich anfangen würde zu weinen.
Pjotr Lawrentjewitsch sagte: »Fantastisch, wundervoll – was für eine elegante und schöne Lösung. Ich gratuliere Ihnen von ganzem Herzen. Was für eine Kraft, welche Logik und Feinheit. Ihre Folgerungen sind auch ästhetisch vollkommen.«
Sofort wurde Strum ärgerlich. »Du lieber Gott«, dachte er, »das hat doch nichts mit Eleganz zu tun, Brot ist das, Brot!«
»Sehen Sie nun, Viktor Pawlowitsch«, fuhr Sokolow fort, »wie unrecht Sie hatten, als Sie damals aufgeben und alles bis zur Rückkehr nach Moskau aufschieben wollten?« Und im Ton eines Religionslehrers, den Strum einfach nicht ertragen konnte, fügte er hinzu: »Es fehlt Ihnen am Glauben, an Geduld. Das behindert Sie häufig.«
»Ja, ja«, sagte Strum hastig, »ich weiß. Ich war damals sehr deprimiert, es hing mir alles zum Hals heraus.«
Sokolow aber dozierte weiter, und alles, was er nun sagte, missfiel Strum, obwohl Sokolow ja sofort die Bedeutung seiner Arbeit erkannt und sich in Superlativen über sie geäußert hatte. doch Strum war jede Art von Bewertung zuwider, er empfand sie als platt, stümperhaft.
»Ihre Arbeit verheißt bedeutende Resultate.« – Was für ein blödes Wort das ist: »verheißt«. Strum wusste auch ohne Sokolow, dass sie etwas »verhieß«. Und warum überhaupt »verheißt Resultate«? War sie denn nicht selbst schon ein Resultat? Was gab es da noch zu verheißen. – »Sie haben eine originelle Methode angewandt« – Ja, darauf kam es doch nicht an … Brot war das, Brot, Schwarzbrot!
Strum lenkte das Gespräch absichtlich auf die laufende Arbeit im Labor.
»Übrigens, ich habe ganz vergessen, Ihnen zu sagen, Pjotr Lawrentjewitsch, dass ich einen Brief aus dem Ural bekommen habe – die Ausführung unseres Auftrags verzögert sich.«
»Soso«, sagte Sokolow, »wenn die Apparate dann endlich kommen, sind wir schon wieder in Moskau. Etwas Gutes hat das allerdings. Wir hätten sie in Kasan ohnehin nicht mehr montiert, und dann hätte man uns vorgeworfen, wir würden die Erfüllung unseres Themenplans verzögern.«
Er begann wortreich über die Laborbelange zu reden, über die Erfüllung des Themenplans, und obgleich Strum selbst das Gespräch darauf gebracht hatte, ärgerte er sich jetzt, dass Sokolow so ohne Weiteres das andere, große Thema hatte fallenlassen. Er fühlte sich plötzlich furchtbar einsam.
Verstand Sokolow denn nicht, dass es hier um etwas unendlich Größeres ging als um den Institutsalltag? Von allem, was Strum je gemacht hatte, war dies sicher die wichtigste wissenschaftliche Entdeckung. Sie würde das theoretische Denken der Physiker verändern! Sokolow erriet schließlich an Strums Gesicht, dass er allzu bereitwillig vom Thema abgewichen war, und sagte: »Interessant, Sie haben diese Sache mit den Neutronen und dem schweren Kern auf ganz neue Weise bestätigt«, und er machte mit der Hand eine Bewegung, wie wenn ein Schlitten schnell und glatt einen Steilhang hinabglitte. »Da werden uns die neuen Apparate sicher auch gute Dienste leisten.«
»Ja, vielleicht«, sagte Strum, »aber das finde ich, ehrlich gesagt, nicht so wichtig.«
»Sagen Sie das nicht«, erwiderte Sokolow. »In dieser Apparatur schlummert eine gigantische Energie, das müssen Sie doch zugeben.«
»Na ja, wennschon«, sagte Strum. »Das Interessante an dieser Sache ist aber doch, dass die Beschaffenheit der Mikrokräfte ganz neu erklärt wird. Das wird vielleicht so manchen freuen und
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