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Leben und Schicksal

Leben und Schicksal

Titel: Leben und Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Grossman
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Postojew, die setzen sich ungeniert ins Präsidium. Ich pfeife auf diesen Sessel, aber innerlich, innerlich möchte ich wenigstens die Gewissheit haben, dass er mir zusteht.«
    »Wie würde Tolja sich freuen.«
    »Ja, und Mutter, ihr kann ich es auch nicht mehr schreiben.«
    Ljudmila Nikolajewna sagte: »Vitja, es ist schon Mitternacht, und Nadja ist noch nicht zu Hause. Gestern ist sie auch erst um elf gekommen.«
    »Hast du denn irgendwelche Bedenken?«
    »Sie sagt, sie sei bei einer Freundin, aber irgendwie bin ich beunruhigt. Sie sagt, Maikas Vater habe eine Fahrerlaubnis für die Nacht und bringe sie immer bis zu unserer Straßenecke.«
    »Wozu dann die Aufregung?«, fragte Strum und dachte bei sich: »Mein Gott, da reden wir von meinem großen Erfolg, von dem staatlichen Stalin-Preis, und was macht sie? Sie kommt mir mit ihren kleinen häuslichen Sorgen!«
    Er schwieg eine Weile und seufzte wehmütig.
    Am dritten Tag nach der Sitzung des Wissenschaftsrates rief Strum Schischakow zu Hause an, weil er ihn bitten wollte, den jungen Physiker Landesman einzustellen. Direktion und Personalabteilung zögerten die Formalitäten immer wieder hinaus. Außerdem wollte er Alexej Alexejewitsch bitten, die Rückberufung von Anna Naumowna Weißpapier aus Kasan zu beschleunigen. Jetzt, da für das Institut neue Stellen ausgeschrieben wurden, durfte man doch die qualifizierten Mitarbeiter nicht in Kasan lassen.
    Er wollte schon lange über dies alles mit Schischakow sprechen, hatte jedoch befürchtet, Schischakow würde ihn abblitzen lassen und sagen: »Wenden Sie sich bitte an meinen Stellvertreter!« Daher hatte er das Gespräch immer wieder hinausgeschoben.
    Jetzt aber fühlte er sich stark durch seinen Erfolg. Zehn Tage zuvor hätte er es noch unpassend gefunden, bei Schischakow im Büro vorzusprechen, aber jetzt fand er es ganz in Ordnung und natürlich, ihn einfach zu Hause anzurufen.
    Eine Frauenstimme erkundigte sich: »Wer ist denn da?«
    Strum antwortete. Seine Stimme klang angenehm, fest und gelassen nannte er seinen Namen.
    Die Frau am Telefon zögerte und sagte dann freundlich: »Eine Sekunde, bitte«, und nach dieser Sekunde sagte sie ebenso freundlich: »Bitte rufen Sie morgen um zehn im Institut an.«
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Strum.
    Sein ganzer Körper, die ganze Haut brannte vor Peinlichkeit, und er ahnte schmerzlich, dass ihn dieses Gefühl auch nachts im Schlaf verfolgen würde, dass er sich beim Aufwachen fragen würde: »Warum ist mir bloß so übel«, und sich erinnern würde: »Ach ja, der blöde Anruf.«
    Er ging zu seiner Frau ins Zimmer und erzählte ihr von dem nicht zustande gekommenen Gespräch mit Schischakow.
    »Ja, ja, bei dem sticht dein Trumpf nicht, wie deine Mutter immer über mich gesagt hat.«
    Er begann, auf die Frau am Telefon zu schimpfen.
    »Zum Teufel mit der Kuh! Ich lass mir das nicht gefallen – erst fragt sie, wer dran ist, und dann sagt sie, der Herr ist beschäftigt.«
    Seine Frau pflegte sich in solchen Fällen stets mit ihm aufzuregen, und er hätte gern gehört, was sie nun dazu zu sagen hatte.
    »Erinnerst du dich noch?«, fragte er. »Ich hab doch gesagt, dass Schischakows Gleichgültigkeit meiner Ansicht nach daher kommt, dass er aus meiner Arbeit kein Kapital schlagen kann. Jetzt scheint mir, dass er doch Kapital draus schlagen kann, aber auf andere Weise, indem er mich diskreditiert. Er weiß, dass Sadko mich nicht mag.«
    »Mein Gott, bist du aber misstrauisch«, sagte Ljudmila Nikolajewna. »Wie spät ist es?«
    »Viertel nach neun.«
    »Siehst du, und Nadja ist wieder nicht zu Hause.«
    »Mein Gott, bist du aber misstrauisch«, gab Strum zurück.
    »Übrigens«, sagte Ljudmila Nikolajewna, »heute hab ich im Sonderladen gehört, dass sie Swetschin offenbar auch für den Stalin-Preis vorschlagen wollen.«
    »Was du nicht sagst, das hat er mir gar nicht erzählt. Wofür denn?«
    »Für seine Streuungstheorie, glaube ich.«
    »Das ist doch völlig verrückt. Die ist doch schon vor dem Krieg erschienen.«
    »Na und. Man kriegt den Preis eben auch für ältere Arbeiten. Du wirst schon sehn, der kriegt ihn und du nicht. Du tust ja alles, damit es so endet.«
    »Ach, lass das doch, Ljuda. Sadko mag mich eben nicht, das ist alles.«
    »Dir fehlt deine Mutter. Die hat dir ja immer die Stange gehalten.«
    »Ich verstehe nicht, wie du so reden kannst. Wenn du meiner Mutter seinerzeit nur ein Quäntchen der Wärme entgegengebracht hättest, die ich Alexandra

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