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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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einzubilden.
    Er erhob sich, schob den alten Esszimmer-Lehnstuhl quer über den hölzernen Boden und ging zur Hintertür. Dort hörte er noch mehr. Die Schreie kamen von draußen. Schwach, entfernt und leise.
    Auf der Veranda hob er den Kopf. Die Geräusche drangen aus dem Hof, vielleicht aus dem Wald dahinter. Vielleicht war es gar nicht das Mädchen. Dann fiel sein Blick auf das graue PVC-Rohr, das in der Mitte des Feldes aus dem Boden ragte. Daher kam es also. Das Entlüftungsrohr übertrug nicht nur die Ausdünstungen des Mädchens, sondern auch ihre Schreie.
    Sie hatte eine kräftige Lunge. Trotzdem hätte sie eigentlich längst aufgeben sollen.
    Er war froh, dass er sie so tief vergraben hatte.
    Als Dragomir die Idee gekommen war, sie einzugraben, war ihm das wie ein Geniestreich erschienen. Schließlich hatte der Spitzel des Kunden die Akte eines Psychiaters aufgetrieben, aus der hervorging, dass die Zielperson an einer lähmenden Klaustrophobie litt.
    Außerdem war die Angst, lebendig begraben zu sein, bei allen Menschen tief verwurzelt. Ein Zwangsmittel, das über eine normale Entführung weit hinausging,
    Doch das war nicht der wahre Grund gewesen.
    Drei Meter unter der Erde war sie vor ihm sicher.
    Wäre das Mädchen unter seiner direkten Kontrolle und so leicht verfügbar wie etwas Süßes im Kühlschrank gewesen, hätte er kaum widerstehen können, ihr etwas anzutun. Er hätte sie vergewaltigt und getötet, wie er es schon mit so vielen anderen hübschen jungen Frauen getan hatte. Er hätte es niemals geschafft, sich diesem Impuls zu widersetzen. Es hätte einfach nicht funktioniert.
    Er dachte an den Welpen, den er als kleiner Junge geschenkt bekommen hatte und wie sehr er seine Weichheit und seine Zerbrechlichkeit geliebt hatte. Aber wie konnte man so viel Zerbrechlichkeit wirklich schätzen, ohne die kleinen Knochen zu brechen? Es war schier unmöglich, dem zu widerstehen.
    Sie tief zu vergraben war, als würde man ein Schloss am Kühlschrank anbringen.
    Dragomir lauschte fasziniert dem Wimmern, das so schwach zu ihm drang wie der Sound eines nicht richtig eingestellten Radiosenders. Fast hätte er deshalb das viel lautere Knirschen von Autoreifen auf dem Feldweg vor dem Haus überhört. Wenn das jetzt wieder der Nachbar war, der noch immer nach seiner verdammten Promenadenmischung suchte, würde er wohl etwas Nachhaltigeres dagegen unternehmen müssen.
    Er ging ins Haus zurück, marschierte zur Vorderseite und warf einen Blick aus dem Fenster. Vor dem Haus stand ein dunkelblauer Streifenwagen mit weißer Aufschrift: PINE RIDGE POLICE.
    Er hatte gar nicht gewusst, dass diese Stadt eine eigene Polizeitruppe hatte.
    Ein schlaksiger junger Mann stieg aus dem Wagen und schaute besorgt zum Haus herüber.
    Er konnte nicht älter als fünfundzwanzig sein. Er war groß und dürr. Seine Segelohren standen wie die Griffe eines Kruges von seinem Kopf ab.
    Als der Polizist schließlich an der Tür klingelte, trug Dragomir bereits eine braune Perücke.
    Er vermutete, dass der Polizist wegen des Hundes gekommen war. Er stand vorn auf der Veranda und trat von einem Fuß auf den anderen.
    »Hallo«, sagte er, nachdem Dragomir die Tür geöffnet hatte. »Ich bin Officer Kent. Dürfte ich Ihnen wohl ein paar Fragen stellen?«

60. KAPITEL
    Als ich am Spätnachmittag ins Büro zurückkehrte, saß Jillian auf dem Boden und packte aus irgendeinem Grund Kartons. Ich wollte mich nicht einmischen. Sie sah auf, als ich das Zimmer betrat. Ihr Gesicht war gerötet und tränenüberströmt.
    »Auf Wiedersehen, Mr. Heller.«
    Ich reagierte nicht sofort. Ich war mit meinen Gedanken woanders. »Auf Wiedersehen?«, fragte ich.
    »Bevor ich gehe, wollte ich mich noch bei Ihnen entschuldigen.«
    »Wegen deiner Kleidung? Sei nicht albern.«
    »Wegen der E-Card.«
    »Was redest Du denn da?«
    »Jemand hat mir eine E-Card gemailt, und ich habe sie am Computer im Büro geöffnet.«
    »Und darum willst du uns verlassen?«
    »Hat Dorothy es Ihnen denn nicht erzählt?«
    »Hat
sie
dich gefeuert?«
    »Nein, ich gehe freiwillig.« Sie hob stolz ihr Kinn; vielleicht war es auch eine trotzige Geste. »Und dabei fing ich gerade an zu glauben, dieser Job wäre für ein Angestelltenverhältnis eigentlich gar nicht so übermäßig nervig.«
    »Freut mich, dass du das so siehst. Und würdest du jetzt bitte erzählen, was genau passiert ist?«
    »Offenbar war in dieser E-Card irgendein Virus, eine Spyware oder so was. Dorothy meint, die Leute hätten

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