Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
damit sagen, daß derjenige, der nichts hat, nicht zu plündern sei? – Finden Sie in ganz Paris eine bessere Beute als mich? rief er hitzig, erhob sich und machte eine Pirouette. Bin ich nicht der eleganteste Industrieritter auf Erden, kann irgendeine Dame mir eine Summe, so hoch sie sei, verweigern? Leute Eures Schlages, fuhr er fort, machen einen Schwamm aus mir. Mitten in der großen Welt muß ich mich vollsaugen. damit Ihr mich ausdrückt. – Nur Geduld. Ihr seid auch Schwämme, die der Tod auspreßt.«
    »Das ist möglich.«
    »Was fingt Ihr Geizhälse wohl an, wenn es keine Verschwender gäbe? Wir sind notwendig bedingte Gegensätze.«
    ›Das ist wahr!‹
    ›Das ist möglich, das ist wahr! Ei was! Hier ist meine Hand. Vater Trockenschling, seid christlich!‹
    ›Sie kommen zu mir‹ entgegnete der Geizhals ruhig, ›weil Girard, Palma, Warbrust und Gigonnet die Möglichkeit von Ihren Wechseln auf dem Halse haben und sie zu 50% allerwegen ausbieten. Weil sie aber wahrscheinlich nur 50% gezahlt, so sind sie keine 25% wert.‹
    ›Der Mann kennt mich!‹ rief der Vicomte mit unglaublicher Dreistigkeit.
    ›Kann ich jemandem einen Heller borgen, der 30000 Franken schuldig ist, kein Vermögen hat und erst vorgestern bei Herrn Lafitte auf dem Balle 10000 Franken verspielte?‹
    ›Mein Herr!‹ rief der junge Mensch und ging keck auf den Wucherer zu. ›Was kümmern Sie meine Angelegenheiten, vor dem Termin bin ich nichts schuldig, wissen Sie das?‹
    ›Gewiß!‹
    ›Meine Wechsel werde ich bezahlen, wenn sie fällig sind.‹
    ›Möglich!‹
    ›Und gegenwärtig handelt sich's darum, ob ich für die begehrte Summe hinlänglich Sicherheit stellen kann?‹
    ›Getroffen!‹
    ›Jetzt hole ich, was Sie befriedigen wird.‹
    Während des Gesprächs hatte sich das Rollen eines Wagens vernehmen lassen, welcher vor dem Hause hielt. – Der Vicomte verließ das Zimmer.
    Trockenschling sprang auf und breitete mir die Arme entgegen. – ›Mein Sohn,‹ rief er, mit der Gier und Freude eines Raubtieres, das sein Futter sieht, – ›oh, welch einen Dienst hast du mir geleistet – das Leben hast du mir gerettet – denn es wäre mein Tod gewesen – Warbrust und Gigonnet wollten mich betrügen, aber jetzt lache ich auf ihre Kosten, hahahahaha! –‹ Er fing an zu lachen, daß mir ein Grausen ankam. – ›Bleib hier, mein Sohn! bleib bei mir, fügte er sodann ängstlich hinzu; denn so sicher ich meines Anschlags bin, ich fürchte mich vor dem jungen Menschen, er könnte bös werden und mir was zuleide tun.‹
    Nach diesem Paroxysmus der Geldgier wurde er wieder ruhig. – ›Ich höre Weibertritte,‹ fuhr er fort, ›gleich, mein Sohn, wirst du eine sehr schöne Dame sehen, von der ich dir schon erzählt habe.‹
    Wirklich führte der junge Mann eine hohe Frau von etwa vier- bis fünfundzwanzig Jahren ins Zimmer. Sie war ausnehmend schön. Ich erkannte die Gräfin in ihr, die Trockenschling an jenem Abende geschildert. Der Vicomte war jener junge Mensch mit dem Tilbury. Die schöne Frau mit edlen, stolzen Zügen machte mein ganzes Mitleid rege.
    ›Mein Herr!‹ hob sie mit schüchterner Stimme an, ›ist es möglich, daß ich den Wert dieser Diamanten in barem Gelde empfange, mir aber zugleich das Recht vorbehalte, sie nach Jahresfrist wieder anzukaufen?‹ – Sie reichte ein Schmuckkästchen hin.
    ›Allerdings, gnädige Frau!‹ sagte ich. ›Man überträgt den Besitz eines beweglichen oder unbeweglichen Gutes auf eine bestimmte Zeit einem andern und tritt nach Ablauf derselben durch die zurückgestattete Summe wieder in alle Eigentumsrechte.‹
    Der junge Mensch runzelte die Stirn. Er dachte vielleicht, auf solche Weise eine geringere Summe für die Diamanten zu erhalten.
    Trockenschling betrachtete die Steine durch die Lupe. Seine Wangen röteten sich, seine Augen leuchteten. Er trat ans Fenster, hob bald die Armbänder, bald die Nadeln, bald den Halsschmuck, bald das Diadem aus dem Kästchen, prüfte das Wasser, die Reinheit, das Feuer. ›Schöne Steine,‹ murmelte er. ›Vor der Revolution hätte ich 300000 Franken dafür gegeben. Schönes Wasser! Zur Kaiserzeit hätte ich noch 200000 Franken dafür gegeben. – Jetzt‹ – er zuckte die Achseln. ›Brasilien und Asien überschwemmen uns mit Edelsteinen. Man trägt sie nur bei Hofe. – Aber sie sind rein! – Hier ist ein Fleck, hier ein Splitter, hier ein Körnchen – schöne Steine!‹
    So gefiel er sich darin, dem schönen Paare, das erwartungsvoll

Weitere Kostenlose Bücher