Lebensbilder II (German Edition)
Gewalt, zumal über Sie, und dürfte bei Ihren Lebenszeiten noch gar viel verschwenden. – Stürzen Sie sich zum Schein in den Strudel der großen Welt, besuchen Sie Spielhäuser, oder kommen Sie nur oft zu mir, so wird es von selbst schon heißen: ich habe Sie ruiniert. Ich mach' mir nichts daraus. – Alsdann verkaufen Sie mir zum Schein alle Ihre Güter, ich gebe Ihnen Gegenpapiere vom selben Wert in die Hände; machen Sie ruhig Ihr Testament und deponieren Sie dasselbe bei den Gerichten, dann hat Ihre Frau Gemahlin keinen Kredit mehr, die Notwendigkeit macht sie vielleicht anderen Sinnes, denn Not hat vielen Einfluß auf das menschliche Gemüt, wenigstens können Sie mit Bestimmtheit darauf rechnen, daß sie Ihnen die letzten Lebenslage nicht verkümmert, wie sicher geschehen würde, wenn Sie bei so gerechten und notwendigen Plänen offen zu Werke gingen.‹
Der Graf stand traurig nachdenkend.
Trockenschling fuhr mit aller Gutherzigkeit, die er in den Ton seiner Stimme irgend legen konnte, fort: ›Den Leichtsinnigen bin ich ein Feind, den Unterdrückten, Leidenden, Gerechten helfe ich gern, zumal wo es mich nichts kostet. – Die Leichtsinnigen betrachte ich als meine natürliche Beute: so stellen Tiger den Gazellen nach, Wölfe den Schafen, Falken den Tauben. Aber wie die Ägypter die Schlangen verehren, die ihnen das Ungeziefer wegfangen und verspeisen, so solltet Ihr wackeren Leute die Geizigen verehren, welche euch die Verschwender auffressen. Viele habe ich ruiniert, aber da (er deutete auf mich) steht ein gemachter Mann durch mich. Was ich an ihm getan, wiegt hundert Verschwender auf, die ich zugrunde richten half, weil sie selbst sich zugrunde richten wollten. Gewissermaßen habe ich ihren Weg zur Besserung nur beschleunigt, denn nicht eher bessert sich der Verschwender, als bis er sein Vermögen durchgebracht. – Mein Herr Graf, was ich Ihrer schuldigen Gemahlin geraubt, wende ich den unschuldigen Kindern zu. Hier steht ein Rechtsgelehrter, er mag urteilen, ob ich Ihnen einen guten Rat gebe oder nicht, – mir aber erlauben Sie, den ganzen Handel ohne den mindesten Profit zu betreiben, denn ich halte dies für Menschenpflicht.‹
Ich sah den Geizhals groß an, zum ersten Male in meinem Leben hörte ich ihn auf solche Weise reden, zugleich hatte er aber diese Worte mit einer Pretention auf seine Tugend und Menschenliebe gesprochen, daß ich ihm nicht trauen durfte.
›Edler Mann!‹ sprach der Graf matt und leise, ›wir reden weiter darüber.‹ Er faßte Trockenschling und mich bei der Hand. ›Welche guten, herrlichen Menschen habe ich bei dieser Gelegenheit kennen lernen!‹ rief er mit nassen Blicken, sodann empfahl er sich und ging.
»Er muß dir die Akte bezahlen, denn er hat den ganzen Handel übernommen,« rief Trockenschling, wie der Graf kaum das Zimmer verlassen hatte.
Kurze Zeit nach diesem Auftritt besuchte mich der Graf auf meinem Zimmer. – Er hatte sich sehr verändert, der Gram hatte sein Gesicht verzerrt, ihm alle Lebensfarbe geraubt, er glich einer wandelnden Leiche.
›Mein Herr!‹ redete er mich an, ›Sie haben mein volles Vertrauen gewonnen: ich komme sehr wichtiger und delikater Angelegenheiten halber.‹
›Ich steh' zu Diensten!‹ Wir setzten uns.
›Ich fühle mich sehr matt und bin darauf bedacht, meine Geschäfte für diese Welt in Ordnung zu bringen. – Mir bleibt kein anderer Weg, als den mir Herr Trockenschling vorgeschlagen, um meinem ältesten Sohne alle meine Güter zu vermachen.‹
›Sie wollten Ihre Frau und Ihre jüngeren Kinder enterben?‹
›Dem Arzt und Advokaten darf man nichts verschweigen,‹ begann der Graf schmerzlich. ›Ich habe Grund, sie nicht für meine Kinder zu halten. Sie sind jenes Wüstlings, den Sie kennen, der mein teures Weib verführt und verdorben hat.‹
›Mein Herr! die Gesetze verlangen, daß Sie Frau und Kinder auf ein Pflichtteil setzen, wenn Ihr Testament gültig sein soll.‹
›Das soll geschehen! Aber meine Gattin darf von dem Testament nichts wissen, sie muß glauben, daß ich mein Vermögen verspielt, verschwendet, durchgebracht. Ich habe ihr schon allen Anlaß gegeben, daß sie es glaublich findet, doch auf Kosten meines Lebens. Dies Schwärmen in der großen Welt, ohne Lust daran, hat mich krank und schwach gemacht, ich habe auch keinen Mut mehr, ihr geradezu entgegenzutreten, und muß zu dem segensreichen Betrug mich entschließen.‹
›Trauen Sie dem Wucherer nicht, mein Herr.‹
›Oh! Sie verkennen
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