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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Hungerleider! habe ich deshalb dich zu einem ordentlichen Menschen gemacht, damit du mir Moral predigst? Geld! ja, Geld soll Trockenschling einem jeden borgen, wenn er es nicht verdient; – du siehst ja, nicht einmal ein Mittagbrot kann man umsonst erhalten, obendrein von einem Menschen, den man glücklich gemacht.‹
    Mürrisch setzte er sich in einen Winkel, öffnete die Ofenröhre, wo sein Frühstück noch stand. Er goß die Milch zum Kaffee, den er ohne Zucker trank, und tauchte ein kleines Weißbrot hinein. – ›Willst du mit mir frühstücken, mein Sohn?‹ fragte er; ›ich bin nicht wie du, ich gebe dir gerne eine Tasse Kaffee ab.‹
    Hastige Schritte ließen sich auf dem Korridor vernehmen, und bald klopfte es heftig an die Tür.
    ›Herein!‹ rief Trockenschling.
    Ein feingekleideter Mann von etwa fünfunddreißig Jahren mit bleichem Gesicht und zornigen Mienen trat ein.
    ›Mein Herr!‹ wandte er sich zum Wechsler, ›war das nicht meine Frau, welche soeben von Ihnen ging?‹
    ›Kann sein!‹
    ›Nun, mein Herr?‹
    ›Nun?‹
    ›Haben Sie nicht gehört, ob meine Frau bei Ihnen war?‹
    ›Ich habe weder die Ehre, Sie noch Ihre Frau Gemahlin zu kennen. Es waren allerlei Menschen diesen Morgen schon bei mir, Damen ebenfalls, und es wäre viel gefordert, sie alle zu kennen.‹
    ›Ich rede von der Dame, welche Sie soeben verließ.‹
    ›Kann ich denn wissen, ob es Ihre Frau war, habe ich Sie oder Ihre Frau Gemahlin jemals im Leben gesehen?, ›Allerdings! mein Herr! Ich fand Sie bei meiner Frau im Zimmer. Sie brachten einen Wechsel, den meine Frau unterzeichnet und dessen Wert sie nicht erhalten hatte.‹
    ›Was kümmert's mich, wer den Wert erhalten, ich hatte jenen Wechsel von meinem achtbaren Freund, Herrn Gigonnet, gekauft, übrigens, mein Herr (er schlürfte behaglich seinen Kaffee), ist dies mein Zimmer, und ich kann hier sagen und nicht sagen, was ich will, denn ich bin mündig!‹
    ›Sie haben eben Diamanten gekauft, und zwar zu sehr niedrigen Preisen.‹
    ›Was gehen meine Geschäfte Sie an, Herr Graf?‹
    ›Die Diamanten sind Familiengut.‹
    ›So hätten Sie Zirkulare an alle Juweliere in Paris umhersenden sollen. Übrigens hätte Ihre Frau Gemahlin sie dann immer noch einzeln verkaufen können.‹
    ›Kennen Sie meine Frau?‹
    ›Gewiß.‹
    ›Die Frau steht unter der Gewalt des Mannes!‹
    ›Möglich.‹
    ›Folglich kann sie nicht über Diamanten verfügen.‹
    ›Wenn Ihre Frau Gemahlin Wechsel ausstellt, kann sie auch Diamanten verkaufen, und ich kenne Ihre Familienkleinode nicht.‹
    ›Gut, mein Herr, das wird sich vor Gericht finden.‹
    ›Glück zu!‹
    ›Dieser Herr ist Zeuge des Kaufs!‹
    ›Kann sein!‹
    Der Graf wollte zornig das Zimmer verlassen, ich rief ihn zurück und sagte: ›Mein Herr, ich bin es meinem Gewissen und meinem Stande schuldig, Ihnen zu erklären, daß Herr Trockenschling die Diamanten gekauft hat, und zwar zu einem sehr niedrigen Preise, wie er selbst als ein ehrlicher Mann eingestehen muß, zumal, wenn ich als Zeuge des Kaufes es behaupte. Aber der Wiederkauf steht Ihnen nach einer freundschaftlichen Übereinkunft zu. Herr Trockenschling kann nichts dawider haben. Zu einem Prozesse indessen rate ich nicht, er würde immer zweifelhaft bleiben, und die Ehre ihrer Frau Gemahlin leidet nicht allein darunter.‹
    Der Wechsler blickte mich an, als wolle er sagen: ›Du Undankbarer, habe ich dich deswegen zum Rechtsgelehrten gemacht?‹ Er tauchte hierauf ruhig das Brot in den Kaffee und fragte essend den Grafen: ›Wollen Sie die Diamanten für meine Auslage wiederhaben? Ich gab 80000 Franken dafür.‹
    ›Die erstatte ich Ihnen sogleich mit tausend Dank.‹
    ›Schreib es unter die Akte, mein Sohn,‹ wandte er sich mit sanfter Stimme zu mir, ›daß ich den ganzen Handel für meine Auslage dem Grafen übertrage. – Mein Herr Graf, die Ehre gilt mir mehr als das Geld, der Handel könnte mich in ein nachteiliges Licht stellen.‹
    Die Übertragung ward in Richtigkeit gebracht, der Graf dankte dem Wucherer und drückte mir die Hand.
    ›Mein Herr!‹ begann Trockenschling mit einem Male wieder, ›haben Sie Kinder?‹
    ›Wozu die Frage?‹
    ›Oh, meinem Scharfblicke entgeht nichts, ich errate Ihre ganze Lage. Ihre Frau Gemahlin ist, mit Permission, ein kleiner Teufel, indessen Sie lieben sie, und wer sollte die schöne Frau nicht lieben? – Aber Sie möchten gern Ihren Kindern das Vermögen sichern, nicht so? – Ihre Frau Gemahlin hat viele

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